Bund, Länder, Kommunen – sämtliche staatlichen Ebenen seien mit dem Thema Wohnungsbau befasst. So holte Ernst Arnegger aus zu Beginn seiner jüngsten Bürgerrunde. Doch wolle er sich auf den Wohnungsbau in Markdorf beschränken, erklärte der I-mein‘-halt-Moderator. Und der Abend im Zunfthaus Obertor sollte zeigen, wie überaus komplex die Situation für Bauherren, Hausbesitzer und Mieter inzwischen ist. Bei hohen Grundstückspreisen, hohen Baukosten und steigenden Zinssätzen „stellt sich doch die Frage, ob bezahlbarer Wohnungsbau heute überhaupt noch möglich ist hier bei uns in Markdorf“, warf Arnegger als Ausgangsfrage in den Raum.

Manuel Kienast, Ernst Arnegger, Monika Gehweiler, Jochen Schäfer, Dietmar Kathan und Bernhard Strasser (von links) haben im Markdorfer ...
Manuel Kienast, Ernst Arnegger, Monika Gehweiler, Jochen Schäfer, Dietmar Kathan und Bernhard Strasser (von links) haben im Markdorfer Obertor mit den Bürgern über den Wohnungsbau in Markdorf diskutiert. | Bild: Jörg Büsche

Die Schwierigkeiten vieler junger Familien skizzierte Jochen Schäfer von der Volksbank Überlingen. „Die Nachfrage ist groß“, erklärte der Bankkaufmann. Nachgefragt würden Eigentumswohnungen, so berichtete Manuel Kienast, Schäfers Kollege aus der Sparkasse Bodensee. Jedoch achteten die Anleger nun vermehrt auf die Lage. Starkes Interesse zeigten vor allem junge Familien. Wollen die ein Haus bauen, kommen große Kosten auf sie zu, erklärte Schäfer. Er ging von rund 500.000 Euro aus. Dies bedeute eine monatliche Belastung von rund 2000 Euro. Doch das sei nur die „Kaltmiete“. Die Energiekosten seien da noch nicht miteinberechnet.

Auf 3,5 Quadratkilometern soll im Süden von Bergheim, an der Kreisstraße Richtung Raderach, mit dem Klosteröschle ein neues Baugebiet ...
Auf 3,5 Quadratkilometern soll im Süden von Bergheim, an der Kreisstraße Richtung Raderach, mit dem Klosteröschle ein neues Baugebiet entstehen. | Bild: Jörg Büsche

Wo gibt es noch Bauplätze in Markdorf?

Wo in Markdorf gebaut werden kann, berichtete Bauamtsleiterin Monika Gehweiler. Neue Wohngebäude entstehen derzeit im Bereich Torkelhalden im Teilort Riedheim. Und eine kleine Neubausiedlung werde im Bereich Klosteröschle bei Bergheim entstehen, auf 3,5 Hektar. Außerdem werde im Bauamt an Plänen zur Verdichtung des Innenstadtgebietes Döllen 2 gearbeitet.

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Architekt Dietmar Kathan, Vorsitzender der Architektenkammergruppe Bodenseekreis, schlug Beschränkung vor. Wirtschaftliches Bauen bedeute, Abstand nehmen von teuren Wünschen. Sparen lasse sich sogar durch den Verzicht auf Fördermittel. Das Beantragen solcher Gelder sei eine weitverbreitete Unsitte. „Da werden 8000 Euro zusätzlich investiert, um am Ende 3000 Euro an Fördermitteln einzustreichen.“

Und noch eine „Widersinnigkeit“ beobachtet Kathan: Wenn junge Paare sich bei der Gemeinde um ein Grundstück bewerben, treffen sie vielfach aufs „Einheimischenmodell“. Das verlange Ortsbezug und knüpft die Bauplatzvergabe an Brutto-Familieneinkommen-Obergrenzen, etwa von 116.000 Euro. „Diese Rechnung geht nicht auf“, so Kathan. Häuser, die 600.000 oder 700.000 Euro kosten, ließen sich nicht mit solchem Verdienst finanzieren. „Da braucht man schon einen solventen Sponsor.“

Verdichteter Wohnungsbau findet seit Jahren auch im Süden der Stadt statt, wie hier in der Gutenbergstraße.
Verdichteter Wohnungsbau findet seit Jahren auch im Süden der Stadt statt, wie hier in der Gutenbergstraße. | Bild: Jörg Büsche

Es gehe auch anders, versicherte Bernhard Strasser. „Wir könnten sehr viel kostengünstiger bauen“, erklärte der Bauunternehmer aus Salem. Wenn da nicht die vielen Fesseln wären, die Rathäuser und Gemeinderäte der Branche anlegen würden. Strasser sprach von Satzungen, vom Flächennutzungsplan sowie den Bebauungsplänen mit ihren detaillierteren Vorgaben. „Mehr Mut zum Ändern“, schlug er vor und erntete damit Beifall seitens des Publikums.

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Forderung: Bausatzungen „entstauben“

Strassers Vorschlag, die Bausatzungen zu entstauben und von unnötigem Ballast zu befreien traf auf den Vorschlag von Architekt Kathan: „Es ist Zeit, alte Zöpfe abzuschneiden.“ Architekten und Handwerk seien längst im Gespräch über neue, wirtschaftliche Bau- und Wohnformen. Um die umzusetzen, bräuchte es aber eines: dass Räte und Bauverwaltungen nicht „doktrinär an den Festlegungen hängen, sondern ihren Interpretationsspielraum ausschöpfen“.

Eines der letzten Baugebiete der Stadt: In den Torkelhalden im Ortsteil Riedheim wird noch der Traum vom eigenen Einfamilienhaus wahr.
Eines der letzten Baugebiete der Stadt: In den Torkelhalden im Ortsteil Riedheim wird noch der Traum vom eigenen Einfamilienhaus wahr. | Bild: Jörg Büsche

So viel Spielraum lasse der Bebauungsplan gar nicht, erklärte Bauamtsleiterin Gehweiler. Sie erläuterte das am Beispiel der im Möggenweiler Bebauungsplan festgelegten Grünzonen. Darauf ließen sich keineswegs ohne Weiteres Häuser errichten. Erst müsste der Bebauungsplan geändert werden und Nachbarn seien anzuhören, die wiederum Einspruchsrechte hätten.

UWG-Rat Joachim Mutschler (hinten) bricht eine Lanze für die Arbeit von Gemeinderat und Verwaltung.
UWG-Rat Joachim Mutschler (hinten) bricht eine Lanze für die Arbeit von Gemeinderat und Verwaltung. | Bild: Jörg Büsche

Und leicht zu ändern seien Bebauungspläne auch nicht, warf Joachim Mutschler ein. Der Umweltgruppe-Fraktionschef, der im Publikum war, nannte die anfallenden Kosten in oft sechsstelliger Höhe. Außerdem verwahrte er sich gegen den Eindruck, der Rat gehe engstirnig mit Bauanfragen um. „Eigentlich räumen wir immer Befreiungen ein“, betonte er. Und ohne Fördermittel könnten in Markdorf weder Kindergärten noch Schulen entstehen.