Weit mehr Besucher als an gewöhnlichen Werktagen waren am Sonntag im Rathaus. Das hatte einen außergewöhnlichen Anlass. Denn an diesem Adventsnachmittag waren die Bürger von der Verwaltung zum Tag der offenen Tür eingeladen worden. Zuvor hatte es für geladene Gäste einen Festakt gegeben.
„Völlig überrascht“, zeigte sich Monika Gehweiler von dem Andrang im Rathaus, „mit so vielen Leuten haben wir dann doch nicht gerechnet.“ Die Leiterin des Bauamts hatte die in den vergangenen Wochen abgeschlossenen Sanierungsarbeiten in dem 60er-Jahre-Bau am Rathausplatz koordiniert – ebenso wie den Umzug der Büros aus den Räumlichkeiten in der Schlossscheuer zurück ins Rathaus.
Heller, offener, schöner
„Sehr schön, sehr modern und alles sehr zeitgemäß“, findet Wolfgang Bucher das neue Gesicht der Stadtverwaltung. Bucher ist der für die städtischen Liegenschaften zuständige Hausmeister. Und auch ihn überrascht, „wie viele Markdorfer sich heute das Rathaus anschauen kommen.“ Tatsächlich drängen sich die Neugierigen auf den Stufen der Treppe. Sie gehörte schon vor der Sanierung zu den raumprägenden Elementen im Rathausinneren.

„Alles wirkt viel offener, irgendwie heller“, fasst Heinz Briemle seine ersten Eindrücke zusammen, „ganz anders als vor der Sanierung.“ Vor dem Umbau habe sich das Rathaus noch ganz im Stil der 1960er-Jahre gezeigt. „So waren damals alle Verwaltungsgebäude“, erklärt Briemle. Der 69-Jährige kann sich sogar noch an das 1964 abgebrannte alte Rathaus erinnern. Auch der Bau aus dem 16. Jahrhundert habe einen Balkon besessen, so wie der Neubau von 1967. Und beide Balkone seien von den Markdorfer Narren stets in ihr Treiben zur Fasnet einbezogen worden, berichtet Wolfgang Briemle.
Erstaunlich großzügige Arbeitsplätze
Lothar Groß staunt über die Großzügigkeit der Arbeitsplätze in der Stadtverwaltung. „Aus der Industrie kenne ich das so nicht“, erklärt er. Dort wo er arbeite, sitze man deutlich gedrängter. Ihn freut die frische Atmosphäre für die Angestellten. „Die Büros wirken funktional und die vergrößerten Fenster lassen viel mehr Licht herein.“ Was Lothar Groß indes vermisst: „So etwas wie eine zentrale Anlaufstelle für die Bürger“, einen Bereich in dem sie ihre Standardanliegen vortragen können.“ Er kennt das aus anderen Rathäusern, in denen man nur mit komplizierteren Vorgängen in die Büros komme.
Und was machen die Narren?
Ja, ein wenig bedrückend sei es schon im Rathaus vor seiner Renovierung gewesen, räumen Gabi und Paul Maier ein. Grundsätzlich aber fanden beide „unser Rathaus immer ganz in Ordnung,“ erklärt Gabi Maier, während ihr Mann bestätigend nickt. „Auch von außen ist es schöner geworden“, so Paul Maier. „Das habe ich mir auch jedes Mal gedacht, wenn ich dran vorbei gegangen bin“, berichtet Gabi Maier. Doch auch das Ehepaar Maier vermisst den Balkon, der mit der Sanierung fortfiel. Wenn sich die Narren darauf gezeigt haben, sei das fürs Publikum immer seine schöne Sache gewesen.
Klarer Gestaltungswille
„Der Balkon fehlt“ erklärt Günther Nitsche. Der pensionierte Kunstlehrer bezeichnet das Rathaus als „auch außen zeitlos nüchternen Zweckbau“ – ganz so wie er im Inneren wirke. Nun zeige das Rathaus klaren Gestaltungswillen, arbeite mit den Materialien, setzt deutliche Kontraste. Fenster, Möbel, einfach alles sei aufeinander abgestimmt – und atme „eine gewisse Offenheit“. Sogar im Bürgersaal, dessen Glaswand hin zum Treppenhaus Transparenz signalisiere. „Ein bisschen mehr Pfiff für die Fassade“, hätte sich Nitsche dennoch gewünscht. So habe man eine Chance vertan, das „sanierte Rathaus zum wirklichen Hingucker zu machen“, findet Nitsche.

Was für ein Ausblick!
Hinreichend Hingucker gibt es auf der Rathausterrasse mit ihrer neuen Pergola. „Dieser Ausblick würde mir schon gefallen – in meinem Wohnzimmer“, erfreut sich Holger Sinzenich am Blick aufs Bergpanorama jenseits des Sees. Durchaus angetan von der Aussicht geben sich auch Heinz Schwenninger und Werner Weiss. Schwenninger freut sich über die Pergola: „Da kann man nach dem Zunftmeisterempfang doch schon nach draußen gehen – und steht im Trockenen.“
Dass für die Sanierung tief in die Stadtkasse gegriffen werden musste, stört Schwenniger insofern weniger, als „was Gescheites, das auch die nächsten 50 Jahre hält, auch was kostet“. Werner Weiss erinnert sich dagegen noch lebhaft an die schwierige Akustik drinnen – im Bürgersaal, wo so mancher Redebeitrag einfach verschluckt worden sei.

Martin Seeberger und Clemens Rid stehen gleichfalls auf der Rathaus-Hochterrasse. „Phantastische Aussicht“, schwärmt Seeberger. Rid merkt an: „Hier könnten wir jetzt in der Skybar des neuen Hotels stehen, wenn die Bürger anders entschieden hätten“ – und die Stadtverwaltung dauerhaft ins Bischofschloss gezogen wäre.