Die Markdorfer fahren gerne Rad in ihrer Stadt. Das ergab der jüngste Fahrradklima-Test des ADFC. Die im Herbst bundesweit durchgeführte Umfrage des Verbandes zeigt, dass das Radfahren in der Gehrenbergstadt dem Gros der heimischen Radler großen Spaß macht. Nur 27 Prozent der Fahrradklimatest-Teilnehmer empfinden das Sitzen im Sattel als zu stressig. Sie urteilten mit „mangelhaft“ und „ungenügend“. Auf der anderen Seite der Skala aber vergaben 31 Prozent der Radfahrer gute und sehr gute Noten.

Markdorf bekommt die Note 3,8: Es gibt zu viele Konfliktpunkte
Insgesamt galt es beim ADFC-Fahrradklimatest, der alle zwei Jahre durchgeführt wird, auf 27 Fragen zu antworten. Das Spektrum reicht von der Akzeptanz über die Werbung fürs Radeln, über die Sicherheit, die Darstellung in den Medien, über den Zustand der Radwege im Sommer wie im Winter oder die Konflikt-Trächtigkeit des örtlichen Verkehrs bis hin zum Leihfahrräder-Angebot.
Alles in allem schneidet Markdorf mit der Note 3,8 ab – und kommt damit im kreisweiten Vergleich auf den vierten Platz – hinter Immenstaad (3,3) und Meckenbeuren (3,5), aber vor Kressbronn, Tettnang und Überlingen. Im Landesvergleich der Städte unter 20 000 Einwohnern rangiert Markdorf lediglich im Mittelfeld. Trotzdem findet Bernhard Glatthaar, Vorsitzender des ADFC-Kreisverbands, dass Markdorf sich durchaus auf einem „guten Weg“ befinde. Trotz zu schmaler Radwege, trotz der häufigen kritischen Begegnungen von Radfahrern und Autofahrern. Denn beidem stehe auch Positives gegenüber. So wurden Einbahnstraßen für Velos geöffnet. Lob gibt es im Fahrradklimatest überdies für die Sauberkeit der Radwege ebenso wie für die Fahrradweg-Weisung.
Arbeitskreis Radverkehr: Sicherheit und Attraktivität an erster Stelle
„Wir sind im Gespräch“, erklärt Willy Schuster, Markdorfer ADFC-Mitglied und Mitglied des Arbeitskreises Radverkehr, der das im vergangenen Dezember vom Gemeinderat beschlossene Radverkehrskonzept begleitet. „Sicherheit und Attraktivität stehen an erster Stelle“, betont Schuster. Von daher habe man vor allem die neuralgischen Punkte im Auge. Für deren Entschärfung mache sich der ADFC stark. Als Beispiel führt Willy Schuster etwa die nach Bermatingen führenden Strecke aus der Hauptstraße an, für die es dringend eine Überquerungshilfe bräuchte.
Dass auch weiterhin Gesprächsbedarf besteht, zeigen die im Fahrradklima-Test genannten Kritikpunkte. ADFC-Kreisvorsitzender Bernhard Glatthaar nennt den nur einseitig geführten Radweg an der Zeppelinstraße. Er nennt die für alle Verkehrsteilnehmer unübersichtliche Situation am Bahnübergang, den Tag für Tag zahlreiche Schüler queren müssen. Und Glatthaar erwähnt auch die Bundesstraße im Innenstadtbereich.

Finanzielle Mittel für Verkehrskonzept schlagen zu Buche
Die Sachlage sei komplex, erklärt Willy Schuster. Und am Ende sei vieles auch eine Frage der Finanzen. Er verweist auf den Ratsbeschluss vom vergangenen Dezember, demzufolge die im vorhandenen Verkehrskonzept aufgelisteten Verbesserungsvorschläge für den städtischen Radverkehr priorisiert abgearbeitet werden – sofern der Haushalt die dafür notwendigen Mittel hergibt. Laut den von einem Kölner Verkehrsplanungsbüro vorgelegten Planungsvorschlägen schlagen die 196 Einzelmaßnahmen mit 5,4 Millionen Euro zu Buche. Dank der Zuschüsse von Land und Bund hätte Markdorf davon immer noch 3, 8 Millionen zu schultern. Geplant sind zunächst 380 000 Euro im Jahr.
Zu wenig, findet Frieder Staerke, gleichfalls Mitglied des Arbeitskreises Radverkehr, außerdem Sprecher des ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland (VCD) im Bodenseekreis. Er erinnert daran, dass großer Nachholbedarf bestehe, da in den vergangenen 20 Jahren kaum investiert worden sei in die Verbesserung des Radverkehrs.
„Fließen die Mittel weiterhin so spärlich, wird sich die Umsetzung des Markdorfer Verkehrskonzept auf drei Jahrzehnte strecken.“Frieder Staerke, Mitglied Arbeitskreis Radverkehr
Anzahl der Fahrradfahrer wird weiter ansteigen
Mit Blick auf die Markdorfer Verhältnisse fordert Bernhard Glatthaar, „dass eine komfortable und sichere Infrastruktur geschaffen werden muss.“ Mit „Mindestmaßnahmen und Mindeststandards“ dürfe man sich insofern nicht mehr länger zufriedengeben, da die Anzahl der Fahrradfahrer stark steige. Verkehrsexperten halten den Zeitpunkt für günstig, die Verkehrswende zu beschleunigen. Erfreue sich das Rad doch derzeit wachsender Beliebtheit.

2020 konnten die Fahrradhändler ihre Umsätze um 61 Prozent steigern. Dass die Corona-Pandemie die Bedeutung des Fahrrads gefördert hat, sieht übrigens eine Mehrheit der Markdorfer Testteilnehmer. Das Velo gilt neben dem E-Bike als wichtiges Element, damit die Verkehrswende gelingen kann.