Meersburg – Anlässlich des Winzerfests gab es für Interessierte die letzten Möglichkeiten zur Besichtigung des alten Kellereigebäudes des Winzervereins in der Unterstadt. Aus Platzgründen zieht der zweitälteste Winzerverein aus der Unterstadt aus und in einen Neubau am Stadtrand beim Siechenweiher ein. Geschäftsführer Martin Frank leitete die erste der letzten Führungen gut gelaunt und fast ohne Wehmut.
Erstaunlich viele Gerätschaften befinden sich derzeit noch in dem historischen Gebäude an der Unterstadtstraße, obwohl doch der neue Jahrgang im September schon im Neubau verarbeitet werden soll. Einige der alten Tanks werden auseinander geschweißt und landen dann im Altmetall, erklärte Frank auf Nachfrage aus der Besuchergruppe. „Aber wenigstens ist der Schrottpreis derzeit hoch“, sah er es positiv. Auch die Flaschenabfüllanlage steht noch komplett, was auch notwendig ist, denn in den Tanks befinden sich noch Restbestände des Jahrgangs 2023.
Doch bevor es in die verwinkelten Räume ging, die sich unterirdisch bis unter das Unterstadttor oder die Unterstadtkappelle ziehen, lud Frank die Gäste zum ersten Probeglas ein. „Wein zu genießen, ist eigentlich simpel“, meinte er. „Seien Sie einfach selbstbewusst, denn auch der beste Sommelier kann Ihren persönlichen Geschmack nicht beurteilen.“ Und auch der persönliche Geschmack sei abhängig von verschiedenen Faktoren, wie Stress, Urlaub oder Umgebungstemperaturen, meinte er und führte den bekannten „Urlaubswein“ an, der im südlichen Ausland schmecke, zuhause aber nur noch Verwunderung hervorrufe.
In der ebenfalls noch komplett vorhandenen Traubenannahme – im neuen Gebäude gibt es ein modernes Trauben-schonendes System – erklärte Frank die Verfahrenstechniken zur Farbgewinnung beim keltern. Durch die Art der Kelterei könnten aus einer Spätburgundertraube weiße, roséfarbene oder rote Weine gewonnen werden. „Das ist dann die Handschrift des Kellermeisters.“ Im schon recht geleerten Holzfasslager klärte der Geschäftsführer über den Unterschied von echten Barrique- und anderen Eichenfässern auf. Der Unterschied liege in der Größe und der Dauer der Verwendung. Zudem berichtete er, dass ein echtes Barriquefass rund 1000¦Euro in der Anschaffung koste, was auch den höheren Preis für derart gelagerte Weine begründe.
In der Abfüllanlage hatten die Besucher dann die Gelegenheit, einen zweiten Wein zu verkosten und gaben inzwischen mutiger ihre Kommentare ab. Frank klärte hier über die Besonderheiten der Flaschenetiketten auf. „Das deutsche Weingesetz ist eins der kompliziertesten“, sagte er. So sei zum Beispiel die Schriftgröße für die Angabe der Literzahl ebenso genormt, wie die Angabe des Alkoholgehalts, aber der Jahrgang des Weines müsse rechtlich nicht zwingend angegeben sein. Dabei sei der Jahrgang doch interessant für den Konsumenten, wunderte er sich.
Der Fachmann ermutigte die Besucher, auf die Kennzeichnung „Erzeugerabfüllung“ zu achten. Diese weise darauf hin, dass alle verwendeten Trauben im selben Betrieb angebaut, gekeltert und zu Wein ausgebaut sowie von diesem Betrieb auch selbst abgefüllt wurden. Der Gegensatz seien Massenprodukte, bei denen Trauben von verschiedenen Winzern vermischt würden. Doch er verteufelt solche, oft billigen Weine nicht, wenn es einem schmecke. Die Nachfrage aus der Gruppe, ob es auch zukünftig Kellereiführungen geben werde, bejahte Frank. Auch am neuen Standort werde es Führungen geben, dort seien zudem wegen „gläserner Produktion“ bessere Einblicke in die Weinherstellung möglich.