Ein außergewöhnliches Baustellenschild schmückt jetzt das Gerüst der katholischen Stadtpfarrkirche Mariä Heimsuchung in Meersburg, deren Dach und Fassade derzeit restauriert werden: Ein 10,5 auf 6,2 Meter großes Wimmelbild, das die Arbeiten und die daran Beteiligten augenzwinkernd illustriert. Der Karikaturist Stefan Roth, der auch für den SÜDKURIER arbeitet, schuf es im Auftrag von Sebastian Schmäh, Chef der Meersburger Traditionsfirma Holzbau Schmäh, die das Dach und den Dachstuhl instand setzt. Die Inspiration dazu bekam Schmäh durch ein Wimmelbild, das Roth zu Ostern für die Überlinger Titelseite des SÜDKURIER geschaffen hatte.
Sebastian Schmäh will Freude an Zusammenarbeit dokumentieren
Schmäh sagt: „Meine Grundidee war, dass man trotz Corona den Mut behält und die Freude an der Zusammenarbeit, gemäß unseres Wahlspruchs.“ Denn der Slogan seiner Firma lautet: „Wenn Zusammenarbeit Freude macht, entstehen erfreuliche Dinge.“ Der Spruch schwebt, gezogen von einem grinsenden Zeppelin, auch über der Szenerie, die nicht nur Schmäh und seine Zimmermänner in Aktion zeigt, sondern auch andere Handwerker, wie den Stuckateur Klaus-Peter Pfau oder den Flaschner Ralf Obser, außerdem Stadtpfarrer Matthias Schneider, Bürgermeister Robert Scherer oder Architektin Sabine Jordan vom Erzbischöflichen Bauamt. Wie stets in Roths Karikaturen, mit denen er die SÜDKURIER-Leser regelmäßig erfreut, stecken viele Details, Hintergründe und Geschichten in dem Bild, das er gemeinsam mit Schmäh entwickelte.
Stefan Roth gibt dem Pfarrer eine Kanzel
Als Roth etwa hörte, dass die 1833 wiedererbaute Stadtkirche über keine Kanzel verfügt, meinte er: „Gut, dann kriegt der Pfarrer jetzt eine.“ Er setzte Hochwürden in eine Hebebühne und lässt ihn ausnahmsweise über seinen Schäfchen stehen. Vorbild Matthias Schneider schmunzelt vergnügt über diese außerordentliche Abgehobenheit. Da für die Instandhaltung von Kirchenuhren die weltliche Kommune zuständig ist, war für Schmäh klar: „Der Bürgermeister dreht an der Uhr.“ Dass Robert Scherer die Zeit lieber deutlich vor- als zurückdrehen würde, verstehe sich angesichts des von Scherer initiierten Stadtentwicklungskonzepts 2030 von selbst. Scherer bestätigt das lächelnd. Für die nähere Zukunft wünschte er sich natürlich, man hätte Corona bereits überstanden.

Corona soll im Wimmelbild keine Rolle spielen
Im Wimmelbild sollte das Virus aber keine Rolle spielen, da waren sich alle Beteiligten einig. Man wollte „ein Kunstwerk mit Optimismus im Zentrum“, so Roth. Doch ganz bewusst integrierte er ein Symbol der Hoffnung, dass das Leben auch nach Katastrophen weitergeht: Eine Taube mit einem Ölzweig im Schnabel flattert auf die Kirche zu.
Auch der Himmel ist bevölkert
Sie bevölkert den Himmel nicht allein: Dort fliegen auch verschiedene Möwenarten herum, der Zeppelin und sogar eine Drohne, die für Hightech im Handwerk steht. Denn mittels dieser Fluggeräte führe man mittlerweile auch Vermessungen durch, erklärt Schmäh. Sogar der Überlinger Uhu ist auf Besuch da und hat sich auf einem Schild mit Infos zur Kirche und zur Dachsanierung niedergelassen.
Wimmelbild ist indirekt Fledermäusen zu verdanken
Andere Flügeltiere hat Roth hingegen absichtlich weggelassen, obwohl sie für die Baustelle eine wichtige Rolle spielen: die grauen Langohrfledermäuse, die im Dachstuhl ihr Sommerquartier haben. Denn Fledermäuse bringe man derzeit vor allem mit Corona in Verbindung, so Roth. Dabei ist den Fledermäusen indirekt das Wimmelbild mit zu verdanken. Normalerweise, erklärt Jordan, warte man mit Bauarbeiten, bis die Jungen flügge sind und die Tiere ins Winterquartier wechselten. Doch nachdem Sturmtief „Sabine“ das Dach beschädigt hatte, musste man früher als geplant mit der Sanierung starten. Aus Rücksicht auf die geschützten Tiere zieht sie sich nun bis in den Oktober. Und wegen der langen Baustellenphase, so Schmäh, rentiere sich der Aufwand für das Wimmelbild.

Stefan Roth schafft erstmals ein Werk in diesem Riesenformat
Ein Kunstwerk in diesem Riesenformat ist auch für Roth eine Premiere. Denn seine Bilder, die er digital direkt auf sein Tablet zeichnet, kann man nicht einfach beliebig vergrößern, ohne dass sie verpixeln. Deshalb habe er sie alle „von Hand vektorisiert“, also quasi am Computer nochmals nachgemalt.
Wer ist wer im Wimmelbild?
Die auf dem Bild dargestellten Figuren haben alle reale Vorbilder. Hier einige Auflösungen. Viel Spaß beim „Identifzieren“ weiterer Akteure!
- Sebastian Schmäh, Auftraggeber und Chef von Holzbau Schmäh, steht auf dem Brett, das über der Baustelle hängt, neben ihm Katze Shira, Haustier und Firmenmaskottchen.
- Stadtpfarrer Matthias Schneider, der in seiner Kirche keine Kanzel hat, steht hier links auf der Hebebühne und somit ausnahmsweise über seinen Schäfchen.
- Bürgermeister Robert Scherer dreht an der Kirchturmuhr, für deren Instandhaltung die Stadt zuständig ist. Uhren zeigen auf Stefan Roths Karikaturen als Zeit übrigens immer „fünf vor zwölf“ an.
- Sabine Jordan, Architektin beim Erzbischöflichen Bauamt Konstanz, steuert links die Kirchensanierung und die Hebebühne mit dem Pfarrer.
- Benjamin Wurster, Zimmer- und Feuerwehrmann, lenkt rechts die Drehleiter, auf der der Bürgermeister steht und an der Sebastian Schmähs Tochter Katharina schaukelt. Im Februar war der Minutenzeiger an einer Kirchturmuhr abgebrochen. Die Reparatur erfolgte mit Hilfe der Drehleiter.
- Karikaturist Stefan Roth hat sich, wie‘s Künstlerbrauch ist, ebenfalls auf dem Bild verewigt und liegt rechts, entspannt im orangefarbenen T-Shirt, auf dem Pritschenwagen. Stefan Roth („stero“), Jahrgang 1978, studierte Kommunikationsdesign in Konstanz und arbeitet seit 2003 als selbstständiger Grafik-Designer und Illustrator. Seit 2007 zeichnet er unter anderem für den SÜDKURIER. Roth wohnt mit seiner Frau, drei Kindern und vielen Tieren auf einem ehemaligen Bauernhof bei Biberach. Mit Sebastian Schmäh, der durch die SÜDKURIER-Karikaturen auf ihn aufmerksam wurde, arbeitet Roth seit Jahren immer wieder zusammen. So zeichnete er für Holzbau Schmäh bereits einen Firmenkalender mit Monatsszenen.