Den Aachtobel kennen viele als Wanderziel. Allerdings ist der Rundweg seit März gesperrt, zu viele Bäume sind mittlerweile umgeknickt. Das Gebiet hat aber noch eine ganz andere Funktion: Die sonst beschauliche Waldlandschaft ist eines der größeren Wasserrückhaltebecken in Deutschland mit einem Fassungsvermögen von einer Million Kubikmeter – das sind eine Milliarde Liter. Zum Vergleich: die Steinbachtalsperre in Nordrhein-Westfalen, die jetzt zu brechen drohte, kann bis zu 1,2 Millionen Kubikmeter Wasser zurückhalten.
Ende Januar ist das Becken nahe des Owinger Ortsteils Hohenbodman bei Starkregen schon einmal vollgelaufen. Nun ist der Dauerregen dafür verantwortlich, dass sich der Aachtobel erneut in einen riesigen See verwandelt hat, was so nicht oft passiert. Dadurch wurden unter anderem das Salemertal und Uhldingen-Mühlhofen vor schlimmerem Hochwasser geschützt, denn der Ablauf des Wasserrückhaltebeckens kann gedrosselt werden und damit eine Sturzflut, wie es sie in der Eifel gegeben hat, verhindert werden.

Noch nie so voll seit der Sanierung 2009
Die Pegelanzeige war am Freitagvormittag auf 12,92 Meter. „Ich kann mich nicht erinnern, dass das Becken nach der Sanierung 2009 einmal so voll war“, erzählt Peter Godau, Leiter der Kläranlage Salem und Stauwärter im Aachtobel. Davor liefen maximal 4000 Liter pro Sekunde durch das Wehr. 2009 wurde ein neue Technik eingebaut, die den Abfluss automatisch an den Zufluss ausrichten kann. Deshalb flossen am Freitag kurzzeitig sogar bis zu 8500 Liter pro Sekunde ab. „Wenn wir den Ausfluss nicht dermaßen hätten erhöhen können, wäre das Becken dieses Mal sicher übergelaufen“, sagt Peter Godau.

Vor allem aus der Luft wird das Ausmaß des Wasserrückhaltebeckens Hohenbodman erst so richtig deutlich. Die sonst so beschauliche Linzer Aach, die den Aachtobel gebildet hat, schlängelt sich teilweise kaum sichtbar durch den Wald. Am Wochenende staute sich das Wasser über mehrere hundert Meter nach hinten ins Tal. Der Wanderweg um das Becken herum war im westlichen Teil bereits überflutet. Zum Überlauf, ein Kanal am Rand der Staumauer, durch den das Wasser ablaufen kann, wenn zu viel gestaut wird, fehlten noch etwa eineinhalb Meter.
Die Linzer Aach, die auch als Lebensader des Linzgaus bezeichnet wird und zu den zehn größten Bodenseezuflüssen zählt, verursachte vor 1969 immer wieder Überschwemmungen, vor allem im Salemertal und Frickingen. Noch heute zeugen unter anderem der „Schwarze Graben“ in Frickingen sowie der Stefansfelder Kanal, der bereits im Mittelalter gebaut wurde, davon, dass seit jeher etwas gegen die Hochwasser unternommen wurde. Eine effektive Lösung für die gesamte Region war aber erst mit dem Bau des Hochwasserrückhaltebeckens Hohenbodman 1969 und 1970 gefunden.
Anlage wird derzeit täglich kontrolliert
Wenn das Becken Wasser staut, heißt das vor allem für die Stauwärter mehr Arbeit. Peter Godau und seine zwei Kollegen müssen dann jeden Tag nach dem Rechten sehen, auch wenn das Wehr von Salem aus gesteuert werden kann. „Wir müssen den Damm kontrollieren, ob dort Wasser austritt, und ob alles andere in Ordnung ist“, erklärt er. „Wenn er dann tatsächlich überlaufen sollte, müssen wir die ganze Zeit vor Ort sein.“

Sensoren würden Durchsickern melden
Bei den Kontrollfahrten werden das Auslaufen des Wassers sowie der Damm kontrolliert. Dann geht es auch in das Wehrhäuschen, unter dem das Wasser mit einem riesigen Getöse durch die Staumauer schießt. Außerdem werden die Pegel im Becken sowie die Werte der Sensoren im Damm angeschaut. „Falls Wasser durch den Damm sickern würde, können wir das rechtzeitig sehen“, erklärt Peter Godau. „So sind wir auf fast alle Eventualitäten vorbereitet und können reagieren.“