Salem – "Kunden regeln ihre Bankgeschäfte bis zu 90 Prozent online und besuchen immer seltener die Geschäftsstellen insbesondere die kleinen Filialen", sagt Ralf Bäuerle, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Salem-Heiligenberg, bei einem Pressetermin. Deshalb ändert das Bankhaus seine geänderte Strategie. In Beuren, Neufrach und Stefansfeld werden die Filialen Anfang 2019, in Mühlhofen voraussichtlich 2020 geschlossen. Geld abheben oder Kontoauszüge holen bleibe außer in Beuren weiter möglich.
Weder betriebswirtschaftliche Gründe noch die Zinsflaute seien verantwortlich für die Schließungen. Es werde vorrangig auf das veränderte Kundenverhalten reagiert und das Konzept entsprechend modernisiert, um zukunftsfähig zu bleiben, sag Ralf Bäuerle. Für den Sparkassenkunden in den betroffenen Teilorten ändert sich nach Ansicht Bäuerles nicht viel. Der zuständige Mitarbeiter sitze sowieso schon seit eineinhalb Jahren in der Hauptstelle in der Schlossseeallee, die Geschäftszeiten dort seien bereits gedrosselt. "Die Selbstbedienungsbereiche mit Geldautomaten und Kontoauszugdruckern bleiben an diesen Standorten, mit der Ausnahme von Beuren, erhalten", versichert Bäuerle. Der Beurener kaufe in Stefansfeld und könne sich dort künftig mit den nötigen Auszügen oder Bargeld versorgen.
Ortsreferentin Koester "sehr überrascht"
Die Beurener Ortsreferentin Luzia Koester reagierte am Freitagmorgen "sehr überrascht und sehr betroffen", als sie erst im Telefonat mit dem SÜDKURIER von der Filialschließung erfährt. Wenn es wirklich 2019 so komme, finde sie es für Beuren und insbesondere für die älteren Bürger "sehr ungut". "Es wird uns ein Stück Infrastruktur genommen", sagt die langjährige Gemeinderätin.
Bürgermeister Manfred Härle antwortet auf Nachfrage: "Die Digitalisierung und das Online-Banking gehen auch an der Sparkasse Salem-Heiligenberg nicht spurlos vorüber. Während andere regionale Bankinstitute ihr Filialnetz bereits vor Jahren reduziert und zurückgefahren haben, müssen auch wir vor Ort in Salem diesen schmerzlichen Weg bestreiten und auf das geänderte Kundenverhalten reagieren." Härle ist Vorsitzender des Verwaltungsrats der Sparkasse Salem-Heiligenberg. In Anbetracht der sinkenden Zinsüberschüsse sei diese Entscheidung zudem dringend geboten, um die Eigenständigkeit der Sparkasse Salem-Heiligenberg nicht zu gefährden, sagt der Bürgermeister weiter. "Im Ergebnis werden die 12 Geschäftsstellen im Verbreitungsgebiet der Sparkasse Salem-Heiligenberg auf neun zurückgefahren. In Salem verbleiben die Hauptgeschäftsstelle und das Beratungscenter." An den Standorten in Stefansfeld, Neufrach und in Mimmenhausen werde es weiterhin einen Geldausgabeautomaten geben.

Edgar Lamm begrüßt Modernisierungspläne
Edgar Lamm, Bürgermeister von Uhldingen-Mühlhofen, begrüßt die Modernisierungspläne weitgehend. Er hält es für "gut und zukunftsweisend", dass die Sparkasse ihre Beratungskompetenzen in Oberuhldingen bündle. In seinem Statement bedauert Lamm den Wegfall der "gewohnten Anlaufstelle für die Bürgerschaft" in zwei Jahren. Da jedoch die bekannten Mitarbeiter von Mühlhofen nach Oberuhldingen wechselten, kein Mitarbeiterabbau stattfinde und eine Verbesserung der Beratungsqualität im Vordergrund stehe, finde er den Weg nachvollziehbar und trage ihn mit. Letztlich wollten die Kunden heutzutage neben der persönlichen Beratung vermehrt über mediale Wege und von Zuhause aus ihre Geschäfte tätigen. Dem müsse die Bank Rechnung tragen, wenn sie zukunftsgerichtet sein wolle.
Mehr Service Online
Der Vorstandsvorsitzende Ralf Bäuerle und sein Stellvertreter Wolfgang Müller erläutern im Pressegespräch das geänderte Angebot. Den Kundenwünschen entsprechend sei die bereits im Oktober 2016 neu gestaltete Homepageversion stetig weiter entwickelt worden. Neben den bekannten Funktionen wie Kontostandsabfrage, Umbuchung oder Dauerauftrag könne der Onlinekunde auch Services nutzen, die bislang nur am Sparkassenschalter abgewickelt werden konnten. Zum Beispiel kann er laut Bäuerle nun selbstständig sein Online-Banking-Limit erhöhen, Auslandswährungen bestellen, den Freistellungsauftrag anpassen oder die Sparkassen-App sperren. Per Sparkassen-App (Anwendungssoftware) werde es sogar "noch komfortabler". Als Beispiel nennt der Vorstand die sogenannte Fotoüberweisung. Dabei reiche es, die zu zahlende Rechnung via Smartphone zu fotografieren. Alle für den Überweisungsvorgang notwendigen Daten wie Empfänger, Betrag, IBAN oder Verwendungszweck würden dann in Sekundenschnelle automatisch in die Überweisungsmaske übertragen und per TAN (Transaktionsnummer) freigegeben.
Nicht für alle Beratungswünsche digitale Lösungen
Ferner soll bis zum Herbst 2019 ein neues Kundenservicecenter in Art einer virtuellen Filiale in der Salemer Hauptgeschäftsstelle entstehen. Ein speziell geschultes Team biete dort telefonisch einfache Serviceleistungen wie auch komplexere Beratungen an. Da es nicht für alle Beratungswünsche digitale Lösungen gibt, bleiben persönliche Gesprächsangebote bestehen, sagen die Sparkassen-Chefs. Spezialisten für Finanzthemen stünden dann in der Hauptstelle zur Verfügung. Zusätzlich zum klassischen Schalterservice seien hier auch Privatkunden-, Anlagen- und Vermögensberatung möglich. 200 Meter weiter im bestehenden Beratungscenter finde der Kunde Ansprechpartner für Finanzberatung sowie Immobilienfinanzierung- und Vermittlung.
Darüber hinaus sollen "starke Standorte" wie die Hauptstellen in Heiligenberg, Oberuhldingen oder Immenstaad zu Kompetenzcentern für individuelle Beratung wie Bau- oder Altersfinanzierung werden.
"Deutlich nachgelassene Frequenz"
Die drei Salemer Kleinfilialen werden laut Vorstand in die Hauptstelle integriert. Die Außenstelle in Mühlhofen wird voraussichtlich 2020 mit der großen Geschäftsstelle in Oberuhldingen zusammengelegt. Die Sparkasse Salem-Heiligenberg habe doppelt so viele Geschäftsstellen wie in Baden- Württemberg üblich, unterstreicht Bäuerle. Ökonomisch vertretbar müsse sie dennoch bleiben, sagt er und verweist auf die "deutlich nachgelassene Frequenz in den demnächst schließenden Außenstellen".
Sparkasse Salem- Heiligenberg auf einen Blick
- Das Geschäftsgebiet umfasst 40 000 Einwohner.
- Die neun Geschäftsstellen mit gesamt 134 Mitarbeitern sind ab 1. Januar 2019 in Bermatingen, Wittenhofen, Frickingen, Heiligenberg, Immenstaad, Hauptstelle Salem, Mühlhofen und Oberuhldingen.
- Betreut werden rund 80 000 Kundenkonten.
- Geldausgabeautomaten werden dann 13 vorgehalten.