Wo andere nur ein verfallenes Gehöft sahen, erkannte Christina Hopstock schon vor Jahren ein schönes Stück Dorfgeschichte. „Diese alten Gebäude haben Charme, Seele, Geschichte“, urteilte die 35-Jährige über das Backhaus-Areal an der Haldenbühlstraße in Neufrach.
2017 erwarb sie mit ihrer Familie das vom Verfall bedrohte Ensemble, als der zugehörige Bauernhof verkauft und einem Mehrfamilienhaus weichen musste. Das Backhaus entging diesem Schicksal, da es als denkmalgeschütztes Gebäude nicht abgerissen werden durfte. „Als das abgeteilte Grundstück mit den drei Nebengebäuden zum Verkauf stand, haben wir zugegriffen“, berichtet Christina Hopstock.

Neue Nutzung alter Gebäude
Das Backhaus aus dem Jahr 1839 ist laut der jungen Frau als Ofenhaus mit Waschfunktion eingetragen: „Hier wurde auch geschlachtet und Schnaps gebrannt. Es war ein kleines Mehrzweckgebäude.“ Das sogenannte Ausgedinghaus hinter dem Holzschopf scheint offenbar nicht seinem eigentlichen Zweck entsprochen zu haben. „Das ist normalerweise ein Altersruhesitz für das Gesinde oder den alten Bauern, doch es wurden keine Feuerungsspuren gefunden“, erläutert Hopstock. Viel wahrscheinlicher sei, dass es als Lagerraum und der Keller als Schweinestall genutzt wurde.

Projekt für die Dorfgemeinschaft
Doch weshalb erwirbt jemand ein verfallenes Anwesen, dessen Sanierung nach eigenem Bekunden so viel wie ein Einfamilienhaus kostete? „Wir haben es in der Intention gekauft, es in der Substanz zu erhalten und zum Treffpunkt für die Gemeinschaft zu etablieren“, begründet die 35-Jährige, die selbst in einem sanierten historischen Gebäude wohnt. Aus dem Stuttgarter Raum stammend, lebt sie seit rund zehn Jahren in der Gemeinde und hat hier Wurzeln geschlagen. Als Nachhaltigkeitsberaterin steht sie Firmen und Kommunen zur Seite. Bei den Kommunalwahlen kandidierte sie für die Grüne offene Liste.

Mit dem Backhaus-Areal möchte Christina Hopstock auf drei Wegen etwas für die Bürgerschaft tun. „Das Backen ist der Grundpfeiler“, führt sie zunächst an. Jeder könne kommen, um gemeinsam Teig zu machen, den Ofen anzufeuern, zu backen und zu essen. Da der Ofen seine Zeit brauche, komme das Schnacken und Spielen sicherlich nicht zu kurz, freut sich die 35-Jährige.
Sechs Backtage im Jahr habe das Landratsamt genehmigt, um mögliche Belästigungen durch Rauch im Rahmen zu halten. „Es gab aber kaum eine Rauchentwicklung“, berichtet sie von den ersten Probefeuerungen. Dennoch warne sie die Nachbarschaft aber immer vor: „Wir laden dann immer ein, vorbeizukommen und ein Stück Brot mitzuessen.“
Altes Wissen neu entdecken
Als weitere Säule möchte Christina Hopstock einen Allmende-Garten aus Küchen- und Heilkräutern einrichten. Drei Hochbeete stehen bereits. „Es ist ein bisschen in Vergessenheit geraten, was die Natur uns schenkt“, verweist sie auf altes Wissen, das sie durch Informationstafeln weitergeben will. Teil des Konzepts ist die offene Zugänglichkeit, sodass sich jeder bedienen könne: „Wir gehen davon aus, dass die Menschen gut sind.“ Und so habe sie auch schon eine Reihe an Leuten, die bei der Bewirtschaftung helfen wollen.

Veranstaltungsplanung im Team
Das dritte Anliegen der Eigentümerin ist es, das Ausgedinghaus als Veranstaltungsheim zu etablieren. Bis zu zwölf Mal pro Jahr können hier Lesungen, Filmvorführungen, Spieleabende oder Weinverkostungen stattfinden. Um die anfallende Arbeit auf mehreren Schultern zu verteilen, soll ein gemeinnütziger Verein gegründet werden. „Und ich möchte nicht, dass es von mir als Einzelperson abhängt“, ergänzt Christina Hopstock. Zwar habe sie bereits genügend potenzielle Mitglieder, jedoch fehlen noch Freiwillige für die Vorstandsposten.

Sturm erweist sich als Glück im Unglück
Auf die Sanierungsphase von 2019 bis 2021 blickt Christina Hopstock gelassen zurück, auch wenn sich so einige Überraschungen boten. „Es war wie im Film“, erinnert sie sich an einen Termin mit der Denkmalpflege, nachdem es in der Nacht zuvor gestürmt hatte. „Es lagen Ziegel auf dem Boden, denn der Kamin ist zusammengebrochen.“ Doch dies gestaltete sich als Glücksfall, denn so konnte man beim Wiederaufbau aus Emissionsschutzgründen ein Dachsparrenfeld nach hinten rücken, während von innen alles so blieb, wie es war. „Wir haben immer alles in direkter Abstimmung mit dem Denkmalamt gemacht“, betont die 35-Jährige.

Sanierung ist preiswürdig
Wichtig war der Eigentümerin auch, vorhandene Materialien wiederzuverwenden. „Das Pflaster im Hof ist die ehemalige Überlinger Seepromenade“, verrät sie schmunzelnd. All diese Bemühungen verhalfen Christina Hopstock zum Denkmalschutzpreis 2024 des Schwäbischen Heimatbundes. Ein Handwerker habe sie darauf hingewiesen, worauf sich die junge Bauherrin kurzerhand bewarb.
„Von 53 Bewerbern sind wir unter die besten zehn gekommen“, erzählt sie. Ihre Führung für das Gremium habe dieses dann offenbar so überzeugt, dass sie als eine von fünf Denkmaleigentümern prämiert wurde. Die Verleihung des mit 5000 Euro dotierten Preises wird Mitte April stattfinden. Wie geht es dann weiter? „Aktuell habe ich keine weiteren Projekte“, meint sie lachend. Zunächst stehe die Vereinsgründung an, um dem sanierten Areal Leben einzuhauchen.