Es begann mit einem Anruf des Markgrafen von Baden. „Vor etwa zwei Jahren hat er mir am Telefon von einem Projekt aus Südengland erzählt“, erinnert sich Hildegard Sasse, die Vorsitzende des Vereins Mitbürgerhilfe Salem. Da Einsamkeit nachgewiesenermaßen krank mache, gehe man dort gezielt auf Menschen zu. Bei der 70-Jährigen, die sich in der Gemeinde bereits eine große Vertrauensbasis erarbeitet hat, sah der Markgraf das Thema offenbar gut aufgehoben: „Er fragte: Frau Sasse, wie wär‘s?“, erzählt sie schmunzelnd.
Die Idee fiel bei Hildegard Sasse auf fruchtbaren Boden: „Viele, die sich an mich wenden, haben das Bedürfnis zu reden“, weiß sie durch ihre Vereinsarbeit. Bis die Idee umsetzungsreif war, dauerte es jedoch etwas. Neben Geld und der Anbindung an einen Verein brauchte es Mitstreiter.
Bitte einer fremden Frau gibt den Anstoß
Renate Geiger ist bereits im Helferkreis für Geflüchtete aktiv und sagt, für sie sei die Idee mit den Besuchen auch schon lange im Kopf gewesen. „Sie kam mir, als mich eine fremde Frau auf der Straße angesprochen hat, ob ich sie mal besuchen kann, weil sie so allein ist.“ Die 73-Jährige vermutet, dass es vielen so geht, doch nur wenige so mutig sind wie diese Frau. Gemeinsam mit Antje Möller als Dritter im Bunde initiieren Hildegard Sasse und Renate Geiger nun einen Besuchsdienst gegen Einsamkeit. „Drei Herzen, ein Gedanke“, freut sich Sasse darüber.
Haustür öffnen statt Einsamkeit stabilisieren
Unter dem Namen „Gemeinsam etwas bewegen“ und mit der Mitbürgerhilfe als Trägerverein soll ein Pool an Helfern entstehen, die sich „SalemBesucher“ nennen und bereit sind, Zeit zu verschenken. „Das Wichtigste ist das respektvolle Zuhören“, erklärt Sasse. Die Gespräche unterlägen der Schweigepflicht. Man könne mit den besuchten Menschen Tee trinken, ein Spiel spielen, spazieren gehen und diese auch in bestehende Angebote in der Gemeinde integrieren. „Ziel ist es nicht, die Einsamkeit zu stabilisieren – die Haustür soll geöffnet werden“, betont die 70-Jährige.
Dabei werde jedoch respektiert, wenn das Angebot nicht angenommen wird. Das könne verschiedene Gründe haben und von Umbrüchen im Privaten und in der Gesellschaft abhängen. Renate Geiger merkt an: „Manche haben auch Angst, wenn sie hören, was gerade an Lug und Betrug unterwegs ist.“ Daher ist den Organisatorinnen wichtig, dass das Angebot bekannt wird und eine Vernetzung mit anderen sozialen Diensten in der Gemeinde besteht. „Unsere Verzahnung ist sehr gut und wir wollen gemeinsam etwas bewegen“, versichert Hildegard Sasse, die viele Jahre als Familientreff-Leiterin gearbeitet hat. „Daher versuchen wir, nichts Unabhängiges zu entwickeln, sondern in das zu integrieren, was schon in Salem läuft.“
Was kann jemand gebe, was braucht das Gegenüber?
Bei der Zuordnung der Besuchenden und der Kontaktsuchenden achten die Ansprechpartnerinnen darauf, dass es menschlich stimmig ist: Was kann jemand geben, was braucht das Gegenüber? Geiger ist sich sicher, dass das Angebot Anklang finden wird. Und Sasse meint: „Der Mensch braucht den Menschen und wenn nur einer es schafft, jemanden anzubinden, ist das schon toll.“
Die Initiatorinnen präsentieren das neue Projekt am Freitag, 16. Mai, gemeinsam mit der Stiftung Liebenau beim Bauernmarkt in der Neuen Mitte.