Ungewöhnlich weit sei man in der Planung, kommentierte Stefanie Burg vom Freiburger Planungsbüro FSP, als sie mit zwei Kollegen den Bebauungsplanentwurf für den neuen Abschnitt des Gewerbegebiets Neufrach im Gemeinderat präsentierte. „Ich hoffe, dass das eigentliche Verfahren relativ schlank wird“, sagte sie mit Blick auf die frühzeitige Bürger- und Behördenbeteiligung und die folgende Offenlage. Parallel dazu werde der Flächennutzungsplan geändert, laufe die Umweltprüfung sowie die artenschutzrechtliche Untersuchung und es werde die Erschließung sowie die Entwässerung des Gebiets geplant.
Drei Hektar Ackerboden gehen verloren
Bernadette Siemensmeyer vom Überlinger Büro 365 Grad lenkte den Blick auf die Umweltbelange: „Salem nimmt 5,78 Hektar neu in Anspruch. Durch die Neuversiegelung von drei Hektar geht besonders landbauwürdiger Ackerboden unwiederbringlich verloren.“ Da man vor allem im Überflutungsbereich im Osten viel Grün schaffe, müsse man mit 150.000 Ökopunkten verhältnismäßig wenig ausgleichen. Raimund Claus vom Ingenieurbüro Langenbach erläuterte die Entwässerungsplanung, die auch auf eine eventuelle weitere Stichstraße nach Westen vorbereitet sei. Zu den bisherigen sieben Sickermulden kämen zwei dazu, die über eine Drainage in die Deggenhauser Aach abgeleitet würden. Die Ableitung des Schmutzwassers erfolge über Druckleitungen.
CDU kritisiert Menge an Vorschriften
Bürgermeister Manfred Härle hielt fest: „Wir haben einen schon detailliert ausgearbeiteten Bebauungsplan auf den Weg gebracht.“ Zielsetzung sei der Beschluss, um in das Verfahren einzusteigen.
Petra Herter (CDU) konnte sich mit den zahlreichen Bauvorschriften zur Grüngestaltung nicht anfreunden: „Wer macht das, wer kontrolliert das und was sind das für Kosten?“ Die Baumreihen entlang der Kreisstraße und des südlichen Bereichs finde sie gut, doch auf jeden zweiten Baum im Baugebiet könne man verzichten. „Wir sind an der ein oder anderen Stelle übers Ziel hinausgeschossen.“ Ihr Fraktionskollege Stephan Ziegler pflichtete ihr bei: „Ich habe mir alle Vorgaben durchgelesen und wusste irgendwann nicht mehr: Geht es um den Uferpark in Überlingen oder unser Gewerbegebiet?“
Grüne: Kein Luxus, sondern Schutz vor Wetterextremen
Ulrike Lenski (GoL) brach eine Lanze für die bisher erarbeiteten Ergebnisse: „Das ist kein Luxus, den wir uns leisten, sondern es hat seine Funktionalität.“ Es sei essenziell, gegen Hitze und Starkregen gewappnet zu sein, und die Durchlüftung von Neufrach und Mimmenhausen sei stark von der Gestaltung dieses Areals beeinflusst. „Außerdem spielt es auf unser Ökopunkte-Konto ein, die müssten wir sonst extern einkaufen.“
Ulrich Stegmann (FDP) gab zu bedenken, dass man durch zu viele Vorschriften Gewerbetreibende eher abschrecke: „Die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt bleiben.“
Freie Wähler wollen Flächen einsparen
Härle lehnte eine erneute Grundsatzdiskussion ab, gestand jedoch zu, dass den neuen Mehrheiten im Gemeinderat Rechnung zu tragen sei: „Die Frage ist, ob wir die Schärfe brauchen oder das eine oder andere reduzieren oder einfacher machen können.“
Stephanie Straßer (FWV) beantragte jedoch weitere Festsetzungen im Bebauungsplan, um ein nachhaltiges, flächensparendes und zukunftsgerichtetes Gewerbegebiet zu entwickeln: In einem Teilbereich sollten Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet werden, dazu sollte Zweigeschossigkeit oder eine Mindestwandhöhe von sieben Metern vorgeschrieben werden – Betriebsleiterwohnungen seien nur darüber zulässig. Ihre Fraktionskollegin Henriette Fiedler unterstrich: „Wichtig ist uns doch, dass so viel wie möglich auf der knapp vorhandenen Fläche gebaut wird.“
Nein zu Straßers Antrag, ja zum Aufstellungsbeschluss
Der Bürgermeister entgegnete auf die von Straßer herangezogenen Studien: „Wir sollten am Ende nicht vergessen, für wen wir das Gewerbegebiet bauen – das hat aus meiner Sicht genauso viel Wertigkeit.“ Man werde sich nun den Bebauungsplan ansehen und überlegen, wo man was reduzieren könne, ohne das Gesamtergebnis infrage zu stellen. Seiner Empfehlung, den Antrag abzulehnen, folgten die Ratsmitglieder mehrheitlich. Den Aufstellungsbeschluss billigte der Gemeinderat mehrheitlich, der Änderung des Flächennutzungsplans wurde einhellig zugestimmt.
Straßer enttäuscht über die Ablehnung
Im Nachgang zur Sitzung zeigte sich Stephanie Straßer enttäuscht: „Der sorglose Umgang mit einer der kostbarsten, nicht vermehrbaren Ressourcen einer Kommune – nämlich Fläche – steht im krassen Widerspruch zu den Herausforderungen unserer Zeit.“ Klimawandel, Ressourcenknappheit und wachsender Nutzungsdruck erforderten vorausschauendes, verantwortungsvolles Handeln. Daher sei wichtig, dass fachlich fundierte Impulse in die Entscheidungsfindung einflössen. „Der Dialog über einen verantwortungsvollen Umgang mit Fläche muss weitergeführt werden und ist notwendiger denn je.“