Zu Beginn gab es ein Lob für Salem: „Ich bin das erste Mal bei Ihnen im Rathaus und bin begeistert“, sagte Stefan Kesenheimer. Der Vertreter der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bodensee-Oberschwaben ist unter anderem für die Kommunalentwicklung zuständig. In der jüngsten Gemeinderatssitzung sprach er über die kommunalpolitischen Positionen der Organisation.

Kesenheimer betonte die Innovationskraft der Region mit einer steigenden Zahl Erwerbstätiger und mehr als 365.000 Vollbeschäftigten. „Wir leben in einer herrlichen Gegend und so nimmt man uns auch wahr“, spielte er auf den Tourismus an. „Aber 42,1 Prozent der Bruttowertschöpfung kommen aus dem produzierenden Gewerbe heraus.“ Im Bodenseekreis mache dieser Industrieanteil sogar über 50 Prozent aus: „Der Bodenseekreis ist in Europa unter den Top 20 und bei den Patentanmeldungen sind wir in Baden-Württemberg an zweiter Stelle.“

So urteilen Unternehmen über Salem

Eine repräsentative Umfrage aus dem Jahr 2022 unter den Gewerbetreibenden in der Gemeinde habe ergeben, dass in Salem die Zufriedenheit mit den Einkaufsmöglichkeiten, der Qualität bei der Stromversorgung, den Sport- und Freizeitmöglichkeiten, der allgemeinen Sicherheit und dem Parken besonders hoch sei. Unzufriedenheit herrsche bei der Verfügbarkeit qualifizierter Fachkräfte und geeigneter Auszubildender, bei Grundstücken, Immobilien und Mieten sowie bei der Mobilfunk-Netzabdeckung.

Da die Betriebe zunehmend expandieren wollten, riet Kesenheimer zur effektiven Flächennutzung und einer Vergabe anhand von Nachhaltigkeitskriterien. „Wir wissen, dass es nicht viele Gewerbeflächen gibt, in Baden-Württemberg liegen wir auf dem letzten Platz.“ Wichtig sei auch die Zielrichtung, sich autark versorgen zu können. „Sind Sie bei der Nahwärmeplanung auch mit dabei?“, fragte der IHK-Vertreter, der sich für den Ausbau der erneuerbaren Energien aussprach. „Windkraft ist bei Ihnen nicht so Thema, aber ich kann Sie nur darum bitten, Photovoltaik-Freiflächenanlagen zu genehmigen“, appellierte er an das Gremium. In der Zukunft drohe sonst ein Strom-Ungleichgewicht mit höheren Strompreisen für Süddeutschland.

Nachholbedarf bei Energie und Verkehr

Zwar sei die Nutzung von Wasserstoff in Salem noch nicht absehbar, doch würden große Erdgasleitungen mit der Zeit umgewidmet. „Die Wärmeplanungen in der Gemeinde sind wichtig. Bitte achten Sie darauf, dass auch Gewerbebetriebe mit hineinkommen.“ Was den öffentlichen Nahverkehr anging, bescheinigte Kesenheimer der Bodenseegürtelbahn einen sehr schlechten Qualitätsstandard. Petra Herter (CDU) merkte an, dass für das hiesige produzierende Gewerbe nur die Straße wichtig sei: „Das ist ein Riesenproblem für unsere Gegend.“ Kesenheimer bestätigte die schlechte Anbindung: „Wir haben leider in der Vergangenheit versäumt, das Schienennetz so zu bauen, dass der Güter- und der Personenverkehr voneinander getrennt sind.“

Auch IHK-Vertreter empfiehlt Ärztehaus in der Neuen Mitte

Mit Blick auf die neue Gemeindemitte stellte der IHK-Vertreter hingegen eine sehr gute Entwicklung fest. „Sie haben eine Quartiersentwicklung gemacht, es sind Wohnungen entstanden, Einkaufsmöglichkeiten und Cafés.“ Um mehr Frequenz in den Ortskern zu bringen, empfahl er ein Ärztehaus, wie es der Gemeinderat bereits beschlossen hatte. „Zwölf Ärzte ziehen etwa 1000 Personen pro Tag an, das ist Wahnsinn, das schaffen Sie nicht mal mit einem Lebensmittelhandel.“ Kebab-Imbisse würden dafür die Jugendlichen anziehen – „aber das muss nicht zu jeder Gemeinde passen“.

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Bürgermeister Manfred Härle meinte schmunzelnd: „Wir haben uns wiedergefunden, wo es um den Kebab-Laden ging.“ Manches habe man anders im Blick, doch die Themen spiegelten die Fülle an Aufgabenstellungen und Erwartungshaltungen an die Kommunen wider. Dennoch bilanzierte der Bürgermeister, für die Zukunft gut gerüstet zu sein. Stefan Kesenheimer bestätigte, dass die Kommunen sehr stark an ihrer Belastungsgrenze seien: „Ich weiß, was Sie leisten“, wandte er sich an Verwaltung und Gemeinderat.

Erinnerung an kommunale Wärmeplanung

Ulrike Lenski (GoL) griff den Appell für mehr Nachhaltigkeit auf: „Sie haben deutlich gemacht, dass wir mit der kommunalen Wärmeplanung auf einem guten Weg sind, was nicht in der Schublade verschwinden darf.“ Stefan Kesenheimer ergänzte, dass man die Stromverteilnetze ausbauen müsse und Umspannstationen und Großspeicher zur Netzstabilität benötige. Ursula Hefler (CDU) erkundigte sich daher: „Hat die IHK die Möglichkeit, direkt in den Kommunen zu helfen?“ Kesenheimer bedauerte, dass man nicht beraten dürfe: „Unsere Zielgruppe ist die Wirtschaft, aber Sie können mich jederzeit für Vorträge anfordern.“