Zwei Jahre nach den letzten Bürgerversammlungen und ein Jahr nach der Gemeinderatswahl nahm Bürgermeister Manfred Härle wieder seinen „guten Brauch“ auf, wie er es nannte, die Bewohner aller Teilorte über die Entwicklungen in der Gemeinde zu informieren und sich deren Fragen zu stellen. In einem 70-minütigen Referat behandelte er in Neufrach vor rund 80 Zuhörern Themen wie Bildung und Betreuung, Bau- und Gewerbeentwicklung, Infrastruktur und Klimaschutz, Sport und Freizeit sowie Finanzen.
Markdorfer Straße in „desolatem Zustand“
Neben der Parksituation im Gewerbegebiet und beim katholischen Kindergarten sowie dem Breitbandausbau trieb die Neufracher die Markdorfer Straße um: „Sie ist in einem desolaten Zustand dafür, dass sie erst vor fünf Jahren saniert wurde“, berichtete ein Anwohner von Rissen und abgesunkenen Schächten. Härle konnte zu einer möglichen Gewährleistungspflicht keine Auskunft geben, beauftragte jedoch den neu gewählten Ortsreferenten, mit dem Anwohner die Schachtdeckel zu kontrollieren – „das ist unser Thema, da gehen wir an den Start.“ Für eine erneute Sanierung sah der Bürgermeister in den kommenden 15 Jahren jedoch keine Chance.

Verkehrsbelastung akzeptieren oder wegziehen
Eine weitere Anwohnerin kritisierte den vielen, zu schnellen und zu lauten Verkehr an der Durchgangsstraße und erkundigte sich nach der Möglichkeit, ein Tempolimit einzurichten. Ein selbst ernannter „Ureinwohner“ sah darin keine Option: „Ich bin froh, wenn der Verkehr rausfließt und nicht ein Stau hier in der Straße herrscht.“ Eine Umgehungsstraße werde es wohl nicht geben, daher müsse man entweder wegziehen oder die Situation in Kauf nehmen.
Härle verwies auf die Lärmaktionsplanung, die gewisse Verpflichtungen nach sich ziehe und die Zielrichtung verfolge, flächendeckend innerorts die Geschwindigkeit zu reduzieren. „Die rechtlichen Voraussetzungen liegen vor, um ganztägig Tempo 30 einzurichten“, schätzte er, doch die Frage sei, ob man das umsetze. „Der Kompromiss mit nachts 30 und tagsüber 50 ist gerade der Status quo“, berichtete der Bürgermeister. „Aber wir würden hier heute Abend keinen Konsens finden.“

Investor für Bahnhofsareal gesucht
Was das Bahnhofsareal betraf, kündigte Härle an, dass ein Nutzungskonzept in Vorbereitung sei: „Im Frühjahr wollen wir da mit unserem Gemeinderat an den Start gehen.“ Eine Zuhörerin erkundigte sich, weshalb es dort keine Toilette gebe. „Weil ich mich bisher dagegen gewehrt habe“, parierte der Bürgermeister. Statt viel Geld für separate Sanitäranlagen zu investieren, die dann von Vandalismus betroffen seien, wolle man das lieber im Gesamtentwurf berücksichtigen. „Wir werden uns das Gebäude aber nicht ans Bein binden“, kündigte er die Suche nach einem Investor an. Mit dem Erwerb vor 15 Jahren habe man lediglich kontrollieren wollen, was aus dem Gebäude werde.

Anschlussunterbringung im alten Rathaus?
Auf Härles Ankündigung, die Gemeinschaftsunterkunft im alten Rathaus zur Anschlussunterbringung umzuwandeln, fragte eine Anwohnerin nach Details. Der Bürgermeister erklärte, der Vertrag mit dem Bodenseekreis laufe bis 2026 und man habe „gut vermietet“. Doch wenn die Gemeinde nicht genügend Plätze in der Anschlussunterbringung habe, müsse man dem Kreis kündigen. Aktuell lebten 68 Geflüchtete im Rathaus, die Notunterkunft in der Schlossseeallee sei hingegen nicht belegt. „Parallel läuft eine Gemeinschaftsunterkunft in Beuren an, die im Mai in Betrieb gehen soll.“

Ein weiterer Einwohner wollte wissen, wie es daher um die Zukunftspläne für das Rathaus-Areal stehe, doch Härle meinte: „Solange wir das Rathaus brauchen, brauchen wir nicht über Entwicklungskonzepte zu reden.“ Zwar gebe es Entwürfe, weil er das im Zuge der Planung der Neuen Mitte habe liefern müssen, doch koste alles weitere Zeit und Geld. „Erst wenn wir da auf Sicht fahren können, gehen wir an den Start“, schloss der Bürgermeister.