Als Christa Hasenbrink kürzlich einen an sie gerichteten Brief vom Bundespräsidenten Walter Steinmeier in den Händen hielt, war sie mehr als überrascht. „Ich habe doch niemals damit gerechnet, dass mir das Bundesverdienstkreuz verliehen wird“, erzählt die langjährige Landesvorsitzende Frauenselbsthilfe Krebs (FSH) bei einem Besuch in ihrer Stefansfelder Wohnung. Es sei vielmehr so, dass sie sich geniere. Denn eigentlich gebühre die Auszeichnung dem gesamten Landesvorstand, findet die Netzwerkerin.

Dass sie am Freitag, 6. Dezember die besondere Ehrung erhält, findet sie dennoch gut und wertvoll. „Durch die Auszeichnung rückt unsere Arbeit in der Frauenselbsthilfe in den Mittelpunkt“, freut sich die Ausgezeichnete. Betroffene Frauen sollten nach dem Schock der Krebsdiagnose unbedingt wissen, wohin sie sich wenden sollen. Getreu dem Motto „Auffangen, informieren und begleiten“ wolle die FSH den Erkrankten mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Nicht allein sein mit der Krankheit

Wie wichtig das ist, nicht allein zu sein mit der Krankheit, weiß Hasenbrink nicht nur aus ihrer 15-jährigen Tätigkeit in verschiedenen Ämtern und Funktionen der FSH. Vor 17 Jahren erhielt sie selbst die Diagnose Brustkrebs genau wie ihre beiden Schwestern nach ihr. „Durch die eigene Betroffenheit kann ich Kranke und deren Angehörige verstehen“, erklärt Christa Hasenbrink. Gleichzeitig legt sie damit das Prinzip der Selbsthilfe in der FSH dar: Nach der akuten Krankheitsphase stehen Betroffene anderen unterstützend zur Seite und setzen sich ehrenamtlich für deren Belange ein.

Während der Pandemie ruft Hasenbrink (ganz links) die Gruppe „Reden und Bewegen“ ins Leben.
Während der Pandemie ruft Hasenbrink (ganz links) die Gruppe „Reden und Bewegen“ ins Leben. | Bild: Frauenselbsthilfe Krebs

Das hat die zu Ehrende in vielen Gruppenstunden und Einzelgesprächen getan. Die Telefonnummer des kostenlosen Krebsinformationsdienstes kann sie auswendig. Mehr als 200 Ärzte beantworteten dort Ratsuchenden Fragen rund um die Krebsthematik. Sich eine Zweitmeinung zur Diagnose holen zu können, sei ein wichtiges Instrument für die betroffenen Menschen. Auch Angehörigen kann das Einholen von Rat und einer Zweitmeinung helfen, weiß Hasenbrink. Gerade, wenn junge Menschen sterben müssen, geht es ihr zufolge „nicht immer ums Überleben, sondern auch ums Sterben lassen“.

Das könnte Sie auch interessieren

Dass das Auseinandersetzen mit dem kranken Gegenüber nicht immer einfach ist, hat Hasenbrink selbst oft genug erlebt. Danach gefragt, wie sie mit der Konfrontation mit Krankheit, Tod und den eigenen Gefühlen umgeht, muss die 70-Jährige nicht lange überlegen. „Mich stärkt die Religion – da hole ich mir Kraft“, sagt Hasenbrink. Außerdem habe sie als gelernte Physiotherapeutin beruflich viel mit Schwerstkranken zu tun. Schon in jungen Jahren habe sie sich mit Sterben auseinandergesetzt. Wichtig sei, nicht sprachlos zu werden, Menschen zu haben, mit denen man sich austauschen könne. Natürlich sei es ein Verlust, wenn jemand aus den betreuten Gruppen sterbe. „Ich bin dann traurig um die Person, aber ich kann wieder in mein Leben zurück“, verweist Hasenbrink auf ihren professionellen Umgang mit dem Tod.

Die Kraft für ihre ehrenamtliche Arbeit schöpft Christa Hasenbrink (Mitte) unter anderem aus der Gemeinschaft. Rituale gehörten bei den ...
Die Kraft für ihre ehrenamtliche Arbeit schöpft Christa Hasenbrink (Mitte) unter anderem aus der Gemeinschaft. Rituale gehörten bei den Pilgerreisen mit Krebskranken immer dazu. | Bild: Frauenselbsthilfe Krebs

Viele schöne Momente im Ehrenamt

Trotz der Sterbethematik erinnert Hasenbrink viele schöne Momente im Laufe ihres Ehrenamts. Zum Beispiel das Gespräch mit einem Witwer bei der Beerdigung seiner Ehefrau. „Ihr habt meiner Frau noch Leben gegeben“, habe er sich bei ihr für die Begleitung durch die FSH-Gruppe bedankt. Hasenbrink fallen ebenso die vielen Pilgertouren mit Krebskranken auf dem Jakobsweg ein. Auch die Eröffnung der FSH-Geschäftsstelle in Salem und deren kontinuierliche Betreuung durch Leiterin Bettina Baum nennt Hasenbrink als Meilenstein. Ebenso die Anerkennung über den Krebsinnovationspreis, den sie im vergangenen Jahr aus den Händen von Landesmutter Gerlinde Kretschmann erhielt, sowie ihre diesjährige Verabschiedung aus dem Landesvorstand.

Christa Hasenbrink (Zweite von links) nimmt im November 2023 den Krebsinnovationspreis aus den Händen von Landesmutter Gerlinde ...
Christa Hasenbrink (Zweite von links) nimmt im November 2023 den Krebsinnovationspreis aus den Händen von Landesmutter Gerlinde Kretschmann (ganz rechts) entgegen. Von links: Ulrike Gebhard, Christa Hasenbrink, Hubert Seiter und Walter-Erich Aulitzky. | Bild: Frauenselbsthilfe Krebs

Zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes, das ihr Landesvater Winfried Kretschmann übergeben wird, reist Hasenbrink mit Ehemann Johannes, den Töchtern Steffi und Susanne, Schwiegersohn Daniel Klein und der Salemer Geschäftsstellenleiterin Bettina Baum. Ob sie ihr Ehrenamt anschließend abgibt, verneint Hasenbrink. Auch, wenn sie künftig deutlich kürzertreten will, um mehr Zeit für ihre an Long-Covid erkrankte Tochter Steffi zu haben.

Ferner setzt Hasenbrink auf frischen Wind durch junge Gesichter. Bis Nachfolgerinnen gefunden werden, will sie der Meersburger FSH-Gruppe und dem Onko-Café in Friedrichshafen treu bleiben. Auch die Organisation für die von ihr ins Leben gerufene Markdorfer Meta-Gruppe für Kranke mit Metastasen will sie weiter im Auge behalten. Trotz der heutzutage fortschrittlichen Medizin seien schwer chronisch Erkrankte psychosozial noch nicht hinreichend betreut, sagt Hasenbrink.