Nun ist amtlich, was schon im Januar als Vorwurf im Raum stand: Die Gemeinde Sipplingen hat bei der Vergabe von Aufträgen für die Sanierung der Turn- und Festhalle gegen geltendes Recht verstoßen. Die Kommunalaufsicht beim Bodenseekreis hat im Auftrag des Regierungspräsidiums in Tübingen überprüft, ob die Gemeinde die Vergaberichtlinien eingehalten hat. Das hat sie demnach nicht.

Was war geschehen? Sipplingen hatte zuvor das Architektenbüro Fiedler aus Stockach auf Empfehlung des damaligen Gemeinderates und Stadtbaumeisters von Stockach, Willi Schirmeister, freihändig mit der Sanierung der Turn- und Festhalle beauftragt. Das zuvor beauftragte Büro Zermatt war wegen Krankheit vom Auftrag zurückgetreten. Dieser wurde allerdings seinerzeit von der Gemeinde noch ausgeschrieben.

Die Folge sind niedrigere Fördersummen

Wegen der von der Kommunalaufsicht beanstandeten Mängel muss die Gemeinde die Architektenleistungen in Höhe von 338.555 Euro von den Gesamtkosten von 3,38 Millionen Euro für die Sanierung abziehen, sodass sich die förderfähige Summe der Kosten auf 3.043.425 Euro verringert. Diese reduziert sich noch einmal um 141.015 Euro für die PV-Anlage auf dem Dach der Turn- und Festhalle sowie den zugehörigen Speicher, die ebenfalls nicht gefördert werden.

Die Vermutung, dass die Gemeinde Sipplingen gegen Vergaberichtlinien bei der Beauftragung des Büros Fiedler verstoßen hatte, war erstmals im Januar 2025 in einem anonymen Schreiben an den SÜDKURIER geäußert worden. Nachdem diese Zeitung darüber berichtete, beantragten vier Gemeinderäte der Demokratischen Bürger Sipplingen (DBS) eine Sondersitzung des Rates. Sie befürchteten, dass die Gemeinde angesichts der hohen Eigenmittel für die Sanierung der Halle durch den möglichen Vergabefehler in finanzielle Turbulenzen geraten könnte, denn der mögliche Schaden sei nicht zu übersehen.

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Gemeinderat Martin Kitt (DBS) hatte deshalb vorgeschlagen, einen Sachverständigen der Architektenkammer zu der beantragten Sondersitzung hinzuzuziehen und zu prüfen, ob der mögliche Schaden eventuell durch eine nachträgliche Ausschreibung noch abzuwenden sei. Eine Sondersitzung muss laut Gemeindeordnung unmittelbar nach einem Antrag von vier Gemeinderäten anberaumt werden.

Bürgermeister Oliver Gortat hatte eine unmittelbare Einberufung der Sondersitzung mit der Begründung abgelehnt, erst müsse verwaltungsintern die Sachlage geprüft werden. Eine nachträgliche Ausschreibung war damit vom Tisch.

Fast 150.000 Euro Zuschuss verloren

Nun, fünf Monate später, wurde das Ergebnis präsentiert. Der Anfangsverdacht hat sich bestätigt. Die Gemeinde beziffert den durch die fehlerhafte Vergabe „herauszurechnenden Zuschuss auf rund 146.255 Euro“. Wie die Kommunalaufsicht im Detail zu ihrem Ergebnis kommt, wird der Öffentlichkeit allerdings von Bürgermeister Oliver Gortat vorenthalten. Er klassifizierte ohne Begründung das Schreiben des Landratsamtes, die Darstellung des Verlaufs und das Schreiben der Landesbank Baden-Württemberg sowie das Schreiben des von der Gemeinde beauftragten Anwalts als „nicht öffentlich“.

Schlagabtausch im Gemeinderat

Das seinerzeit von den DBS-Gemeinderäten benannte Ziel der Sitzung, einen eventuell entstandenen Schaden abzuwenden, ist Geschichte. In der am Donnerstag, 26. Juni, dennoch angesetzten Sondersitzung, kam es dadurch nur noch zu einem symbolischen Schlagabtausch zwischen Bürgermeister Oliver Gortat und dem DBS-Gemeinderat Martin Kitt.

„Die Gemeinde wollte die Sanierung nur durchziehen.“Martin Kitt, DBS
„Die Gemeinde wollte die Sanierung nur durchziehen.“Martin Kitt, DBS | Bild: b.lateral

Den Vorwurf von Kitt, die Sondersitzung sei nur deshalb nicht angesetzt worden, weil „die Gemeinde die Sanierung durchziehen wollte“, konterte der Bürgermeister mit der Bemerkung, dass Kitt prüfen solle, ob er möglicherweise ein „Persönlichkeitsproblem“ habe, das ihn dazu veranlasse, einen solchen Vorwurf zu äußern.

„Herr Kitt, haben Sie ein Persönlichkeitsproblem?“Oliver Gortat, Bürgermeister
„Herr Kitt, haben Sie ein Persönlichkeitsproblem?“Oliver Gortat, Bürgermeister | Bild: Rasmus Peters

CDU-Gemeinderat Lars Heinzl, jetziger Stadtbaumeister von Stockach, erklärte, die Gemeinde Sipplingen sei „noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen“ und „solche Fehler passieren leider immer wieder.“

„Sipplingen ist mit einem blauen Auge davongekommen.“Lars Heinzl, CDU
„Sipplingen ist mit einem blauen Auge davongekommen.“Lars Heinzl, CDU | Bild: CDU

Caroline Fruchtzweig, ehemaliges DBS-Mitglied und jetzt UL, dankte der Gemeinde „für ihren großartigen Einsatz“. „Der Gemeinde ist nun mal ein Kuckucksei ins Nest gelegt worden“, erklärte sie die Gemeinde für unschuldig. Die Antwort darauf, wer dieser so beschuldigte Kuckuck sei, der das Ei ins Nest gelegt hat, blieb sie schuldig.

„Der Gemeinde wurde ein Kuckucksei ins Nest gelegt.“Caroline Fruchtzweig, UL
„Der Gemeinde wurde ein Kuckucksei ins Nest gelegt.“Caroline Fruchtzweig, UL | Bild: b.lateral