63 Kilometer lang, 14 Kilometer breit und bis zu 251 Meter tief ist der Bodensee. Doch wissen Sie auch, wie viele Uferkilometer ihn umgeben? Insgesamt sind es 273, davon 155 Kilometer in Baden-Württemberg. Und die sind heiß begehrt.
Während die Allgemeinheit jahrelang „über weite Strecken am Bodensee nur Zaungast war“, wie es etwa in einem ARD-Beitrag von 1977 heißt, das Ufer sich hinter Toren, Mauern und Hecken fest in privater Hand befand, sollte der Zugang – so der politische Wille – zusehends erweitert werden.
Seeuferweg in Konstanz seit den 1980er-Jahren
In Konstanz etwa hatte ein Mai-Ausflug im Jahr 1975 den Anstoß für eine Öffnung gegeben. Es dauerte allerdings noch einige Jahre, bis 1983 der Bau des Seeuferwegs beschlossen und daraufhin die gesamte Uferlinie von der Innenstadt bis zum Hörnle für die Menschen öffentlich zugänglich gemacht wurde.
In Überlingen wurde das Ufer einst zum Bau eines Abwasserkanalsystems aufgeschüttet, gleichzeitig erhielten die Überlinger damit eine Promenade und einen Uferweg. Und auch ganz im Osten des Bodenseekreises machte sich eine Gemeinde seit den 1980er-Jahren Gedanken dazu, wie das Ufer besser zugänglich und naturnäher gestaltet werden kann.
Beschlossen, aber nicht umgesetzt
Anders als in Konstanz oder Überlingen ist in Kressbronn auch mehr als 40 Jahre später aber nur ein Bruchteil der geplanten Maßnahme umgesetzt worden. Zwar sind die Renaturierung und der dazugehörige Uferweg beschlossen, der Planfeststellungsbeschluss wurde 2001 erlassen, doch Anwohner wehren sich seit Jahren gegen einen Weg an der Wasserlinie vor ihren Grundstücken. Sie waren immer wieder juristisch gegen die Maßnahmen vorgegangen, zuletzt Anfang Juni vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen.
Die Anwohner halten die Planung inzwischen für veraltet und forderten im jüngsten Verfahren, dass der rechtskräftige Beschluss aufgehoben wird. Wie sie vor Gericht deutlich machten, sei dieser in naturschutzfachlicher, geologischer und gewässerökologischer Hinsicht nicht mehr zeitgemäß, der Ursprungsansatz längst entfallen. Die Behörden auf der anderen Seite sprachen im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen von „geringfügigen Anpassungen“. Diese seien insbesondere vorgenommen worden, um eine Einigung mit den betroffenen Anwohnern zu erzielen.
Das Bodenseeufer
Für die Maßnahme sollte ursprünglich eine Aufschüttung mit Mineralboden und Kies vorgenommen werden. Inzwischen ist klar, dass statt des Mineralbodens eine reine Kiesschüttung ausreichend ist. Diese falle zudem geringer aus als zunächst geplant. Hier – so führten die Behörden aus – habe die Natur durch die Anlandung von Sediment inzwischen einen Beitrag geleistet. Eine gewisse Aufschüttung sei im betreffenden Bereich aber nach wie vor erforderlich.
Stege, Slipanlagen, Mauern und kleine Privathäfen am Ufer müssen für die Renaturierung des Ufers nach wie vor abgebaut werden. Der Leiter des Seenforschungsinstituts in Langenargen, Martin Wessels, wurde dazu vor dem Verwaltungsgericht gehört. „Mauern und Bauwerke am Ufer sind Fremdkörper, die einen Austausch zwischen See- und Landarealen verhindern“, betonte er.
Ein renaturiertes Seeufer würde den Wellenschlag verringern und sorge dafür, dass Wellen sanfter auslaufen können. Ziel seien „möglichst naturnahe Verhältnisse“, sagte Wessels. Auch in den Augen der planenden Behörden ist die Maßnahme nach wie vor ökologisch sinnvoll. Erklärtes Ziel sei zudem weiterhin die Zugänglichkeit des Bodensees für die Menschen. Daher müsse man immer die Gesamtmaßnahme betrachten.
Die Anwohner scheiterten erneut vor Gericht, ihre Klagen wurden einige Tage nach den mündlichen Verhandlungen abgewiesen. Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Die Bagger werden voraussichtlich trotzdem nicht so schnell rollen. Anwohner könnten weiterhin juristisch gegen das Projekt vorgehen.