Seit knapp zwei Wochen schwimmt sie im Überlinger See: Die Bohrplattform der Bodensee-Wasserversorgung (BWV). Sie ist das „erste sichtbare Zeichen unseres Projektes ‚Zukunftsquelle. Wasser für Generationen‘“, erklärt Teresa Brehme, Pressesprecherin der BWV. Seit Juli 2020, als die BWV das erste Mal mit ihrem Millionen-Projekt an die Öffentlichkeit ging, hatte der Verbund nur Zahlen und Zeichnungen präsentieren können. „Wir sind jetzt in die Phase der Vorbereitungen eingetreten, wo es nicht mehr nur um Planungen am Reißbrett geht“, sagt Teresa Brehme weiter.

Mitte März war die Plattform von Bodman-Ludwigshafen an ihren ersten Bestimmungsort vor dem Pfaffental an der Grenze zwischen Bodenseekreis und Landkreis Konstanz geschleppt worden. Hier soll ab Ende 2023 eine neue Wasserentnahmestelle der BWV entstehen, die Bestandteil des neuen, auf Sipplinger Gemeindegebiet liegenden Seewasserwerks sein wird.

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100 Bohrpunkte zu Land und zu Wasser

Bis zum Sommer sollen an 100 Bohrpunkten zu Land und zu Wasser geotechnische Bodenproben entnommen werden. Die Proben geben den Fachleuten beispielsweise Aufschluss darüber, in welcher Form die Entnahmetürme unter Wasser verankert werden müssen, auf in den Seegrund getriebenen Pfählen, oder reicht eine Plattform, die am Seegrund fixiert wird.

Die Bohrmaschine auf der Bohrplattform.
Die Bohrmaschine auf der Bohrplattform. | Bild: Schnurr, Michael

Vier Männer arbeiten in zehn Tage eingeteilten Schichten auf der aus mehreren Pontons zusammengesetzten Plattform. Je nach Bodenbeschaffenheit treiben sie den Bohrhammer mit der gut sieben Meter in die Höhe ragenden Bohrvorrichtung in die Tiefe. „Im Schnitt schaffen wir acht bis neun Meter pro Tag“, sagt Gunter Kühne, Gründer der von der BWV beauftragten Bohrfirma. Dazu benötigt sein Team eine große Zahl von zylinderförmigen Röhren. Mit unterschiedlichen Durchmessern versehen, lagern sie an Deck der Bohrinsel. Aus ihnen setzt sich der Mantel zusammen, durch den der Bohrhammer in rund 70 Meter Tiefe in den Seegrund getrieben wird; an einigen Stellen bis zu einer Tiefe von 60 Metern, an anderer Stelle lediglich nur von 25 Metern.

Jonathan Schmidt von der Bodensee-Wasserversorgung sowie Mako Butz, Gunter Kühne und Axel Howerka von der Bohrfirma Roßla erläutern die ...
Jonathan Schmidt von der Bodensee-Wasserversorgung sowie Mako Butz, Gunter Kühne und Axel Howerka von der Bohrfirma Roßla erläutern die Beschaffenheit des Bohrkerns. | Bild: Schnurr, Michael

Proben geben Aufschluss über Bodenbeschaffenheit

Der auf der Bohrinsel zutage geförderte rund einen Meter lange Bohrkern wird vor Ort mit einem Längsschnitt aufgetrennt. Die Auswertung der Proben nimmt das Geologische Büro Bauer in München vor. Diplom-Ingenieurin Judith Festl erläutert, dass die Proben Aufschluss über die Beschaffenheit des Bodens, seine Schichtungen, Festigkeit und Zusammensetzung lieferten.

Diplom-Ingenieurin Judith Fessel vom Baugeologischen Büro Bauer ist aus München angereist, um den Bohrkernbefund zu erläutern.
Diplom-Ingenieurin Judith Fessel vom Baugeologischen Büro Bauer ist aus München angereist, um den Bohrkernbefund zu erläutern. | Bild: Schnurr, Michael

Die Bohrarbeiten sind im Plan. „Den ersten Bohrpunkt von 25 Meter Tiefe haben wir abgeschlossen, den zweiten von 40 Metern Tiefe schaffen wir bis zum Wochenende“, sagt Gunter Kühne. Insgesamt sind 18 Bohrungen im Bodensee geplant, ein Teil vor dem Pfaffental und der andere Teil vor Süßenmühle, wo zukünftig neben der schon existierenden eine zusätzliche Wasserentnahmestelle entstehen soll. Therese Brehme: „Wir hoffen, bis Ende Mai die Bohrungen vor dem Pfaffental abschließen zu können.“

Sperrzonen für Segler und Bootsbesitzer

Das ist für die Segler und Bootsbesitzer bedeutsam, die solange vor dem Pfaffental mit Einschränkungen leben müssen. In einem Flyer der BWV heißt es dazu, dass für die tiefen Bohrungen für rund vier Wochen eine durch Warnbojen markierte Schutzzone von 300 mal 400 Metern um die Bohrinsel vorgesehen ist. Bei den Bohrungen in flacheren Gewässern werde für jeweils rund eine Woche eine Sperrzone von 150 mal 200 Metern ausreichend sein.

Mako Butz steuert den Bohrhammer.
Mako Butz steuert den Bohrhammer. | Bild: Schnurr, Michael

Die rund 100 Bohrungen zu Land und zu Wasser will die BWV bis zum Spätsommer 2022 abgeschlossen haben. Die Wassersportler werden sich allerdings auch zukünftig und dann auf Dauer darauf einrichten müssen, in diesem Gebiet mit einer Sperrzone leben zu müssen. Spätestens wenn die Arbeiten am Seewasserwerk im Pfaffental Ende 2024 beginnen. Gunter Kühne ist dennoch zuversichtlich: „Die Zeiten haben sich gewandelt. Die Menschen begreifen heute angesichts des Klimawandels, dass es sinnvoll und notwendig ist, für genügend gutes Wasser zu sorgen.“ Seine Mitarbeiter und er stießen heute am Bodensee deshalb auf großes Verständnis für ihre Arbeit.

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