„Das ist aber teuer.“ Die ältere Dame am Parkscheinautomat kann es kaum fassen. Sie käme aus Hohenfels und würde in Überlingen gerne einkaufen. „Aber bei diesen Preisen, fahre ich lieber nach Singen.“ Die Parkscheinautomaten sind zurzeit kommunikative Orte, denn wie der Dame geht es vielen. An der Zimmerwiese kostet seit Anfang Januar eine halbe Stunde Parkzeit ein Euro.
Früher 4 Euro, heute 8 Euro fällig
Noch heftiger trifft die Gebührenerhöhung die Berufspendler. Karen Maier arbeitet in der Buchhandlung Osiander. Manchmal fährt sie aus Salem mit dem Auto zur Arbeit und hat früher den Parkplatz an der Zahnstraße genutzt. Dort konnten sie und ihre Kolleginnen für 4 Euro am Tag parken, wenn sie früh genug kamen. Jetzt werden dafür 8 Euro fällig. „Das ist happig für jemanden wie mich mit einem Verkäuferinnen-Gehalt“, sagt die Buchhändlerin. Dabei nutzt sie meistens den Zug. Allerdings habe sich ihr Abo-Ticket gleichzeitig von 57 auf 60 Euro im Monat verteuert.
Die Zugfahrt sei auch nicht das Problem, so Karen Maier weiter, dafür die Wartezeiten. Jeden Morgen vor Arbeitsbeginn und abends nach Geschäftsschluss muss sie jeweils eine Dreiviertelstunde bei Kälte, Regen oder Dunkelheit warten. Der Zug fährt nur stündlich. Das kostet sie an jedem Arbeitstag eineinhalb Stunden. Von der Stadt fühlt sich Karen Maier allein gelassen. Sie hat Oberbürgermeister Jan Zeitler einen Brief geschrieben, in dem es unter anderem heißt „…über die extreme Erhöhung der Parkgebühren am Friedhof [bin ich] überrascht und verärgert“.
Erhöhung beruht auf Ratsbeschluss
Auf die Anfrage des SÜDKURIER schreibt die Pressestelle der Stadt, dass die Gebührenerhöhung einem Ratsbeschluss vom Oktober 2019 zugrunde liegt. Der sei im Mitteilungsblatt veröffentlicht worden. Wie die meisten Berufspendler wohnt Karen Maier nicht in Überlingen und erhält das hiesige Blatt nicht.
Weiter schreibt die Pressestelle: „Die Gebühren waren neun Jahre konstant und wurden nun gemäß Verbraucherpreisindex von 2011 bis 2019 angepasst. Ein weiterer Punkt, der in der Gebührensatzung bereits mit aufgenommen wurde, ist die Mehrwertsteuerpflicht ab 2021. Einen Teil (19 Prozent) der Gebührenerhöhung muss die Stadt Überlingen bei mehrwertsteuerpflichtigen Parkplätzen abführen.“
An diesem Punkt muss Uwe Zscherp tief Luft holen. Wenn er als Geschäftsmann so agieren würde, könne er seinen Laden dichtmachen. Der Sprecher des Wirtschaftsverbunds Überlingen rechnet nach: „Eine Erhöhung von 20 Prozent wegen der Mehrwertsteuer würde ich gelten lassen. Aber die Preise sind ja zum Teil um 100 Prozent gestiegen. Das ist ein Kracher!“
Bei Entscheidung Bedürfnisse aller im Blick?
Der Verbund sei vor der Ratssitzung im Oktober leider zu spät informiert worden, um zu reagieren. „Das ist keine gute Entwicklung“, sagt er mit Blick auf seine Kunden und die Menschen, die im Einzelhandel der Stadt arbeiten. Der ÖPNV biete zu wenige Verbindungen, um je nach Wohnort als Alternative zu funktionieren, und sei auch noch teuer. „Es ist fraglich, ob die Gemeinderäte bei der Entscheidung die Bedürfnisse aller im Blick hatten“, zweifelt Zscherpe. Gerade Minijobber mit einem 450 Euro Lohn würden sich jetzt überlegen, ob sich die Arbeit überhaupt noch lohne.
Die Stadt verweist in dem Zusammenhang auf den Park-and-Ride-Parkplatz am Krankenhaus, wo die Gebühren nicht erhöht wurden. Hier parkt man für 3,50 Euro am Tag und kann kostenlos den Shuttlebus in die Stadt und zurück nutzen. Allerdings enden die 15-minütigen Taktzeiten um 19 Uhr. Dann hat Karen Maier gerade Feierabend.