Die Uhr tickt. Noch genau 441 Tage sind es heute bis zur Eröffnung der Landesgartenschau. Teilweise sind die Arbeiten in vollem Gange, teilweise steht der Startschuss noch aus – so etwa in Goldbach. Dort soll das Grundstück westlich der Silvesterkapelle als Ausstellungsfläche hergerichtet und über einen neuen Fußweg südlich der Kapelle mit dem Uferpark verbunden werden. Mit den Arbeiten am Weg wird die LGS GmbH laut eigenen Angaben "im zeitigen Frühjahr" beginnen, mit der Fertigstellung sei etwa im Juni zu rechnen. „Auch wenn es für uns mit einem Aufwand verbunden ist, werden wir, sobald die Arbeiten abgeschlossen sind, den entsprechenden Uferbereich in Goldbach für den Sommer 2019 zur Verfügung stellen“, teilt LGS-Geschäftsführer Roland Leitner auf SÜDKURIER-Anfrage mit.

Der westliche Teil des Landesgartenschaugeländes ist schon so gut wie fertig. Auch wenn die Silvesterkapelle im eingezäunten Bereich ...
Der westliche Teil des Landesgartenschaugeländes ist schon so gut wie fertig. Auch wenn die Silvesterkapelle im eingezäunten Bereich liegt, sei sie kein Bestandteil der Gartenschau-Konzeption, wie die LGS GmbH schreibt. | Bild: Hilser, Stefan

Doch die Goldbacher Nachbarschaft bewegt eine andere Frage: Was ist eigentlich konkret geplant? "Der Öffentlichkeit unbekannt ist, welcher Planungsstand realisiert werden soll, denn es liegen inzwischen für diesen Bereich über fünf Varianten vor", schreibt die Nachbarschaft an das Stadtplanungsamt. Zwar habe die LGS GmbH den Goldbachern im Juni ein Plan präsentiert, dieser weiche jedoch "in wesentlichen Punkten von der Variante aus der offiziellen Presseankündigung ab, diese wiederum von der im Internetauftritt der LGS 2020, und aktuell werden Absteckungen auf dem Gelände vorgenommen, die mit keinem der bekannten Pläne übereinstimmen". Auf besorgte Anfragen habe es über Absichtserklärungen hinaus wenig Konkretes gegeben. "Diverse Andeutungen und inzwischen über fünf sich teilweise widersprechende Planvarianten lassen jedoch befürchten, dass in die seit 1200 Jahren unveränderte Topografie in irreversibler Weise eingegriffen werden soll und damit historische Bezüge zerstört werden." Zumal die LGS GmbH aus Sicht der Goldbacher Nachbarschaft beabsichtige, die Silvesterkapelle "als eine der Hauptattraktionen der Landesgartenschau für ein Massenpublikum touristisch zu erschließen".

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Datiert ist der Brief auf den 7. Dezember 2018. Bis heute habe es von der Verwaltung keine Antwort gegeben, teilt Gassenpfleger Hubert Regenscheidt mit. Auch auf Anfrage des SÜDKURIER blieb die Stadt gestern eine Antwort schuldig. Die LGS GmbH, die mit der Planung beauftragt ist, bezieht jedoch Stellung und weist den Vorwurf der Anwohner klar zurück: "Wir gehen mit größtem Respekt mit der Silvesterkapelle um", sagt Roland Leitner. Jede bauliche Veränderung sei zu jeder Zeit mit dem Stiftungsrat der katholischen Kirche abgestimmt worden und auch die Zustimmung von Pfarrgemeinderat und Landesdenkmalamt läge vor. „Dass es verschiedene Planungsvarianten gibt, versteht sich von selbst. Es ist üblich, dass es von der ersten Skizze über den Vorentwurf bis zur genehmigungsfähigen Planung Änderungen gibt. In unserem Fall waren sie marginal“, teilt Roland Leitner mit. Die erfolgten Absteckungungen dienten zur Abstimmung und Sichtbarmachung des Wegeverlaufs – "ein normaler Vorgang innerhalb einer Bauphase", so der LGS-Geschäftsführer.

Drei Bereiche stehen im Fokus

  • Goldbacher Strändle: Der Seezugang Goldbachs wurde in 1990er-Jahren mit einer Tür abgeriegelt, da die hygienischen Verhältnisse auf dem im Sommer überfüllten Gelände inakzeptabel geworden seien, schreibt die Nachbarschaft. Seitdem wird das "Strändle" nur von Goldbachern und Hödingern genutzt, die einen Schlüssel besitzen. Dafür leistet die Nachbarschaft auch den Unterhalt der Fläche, unterstützt durch die Stadtgärtnerei. Doch wie wird die Pflege des Geländes organisiert, wenn dieses nach der LGS frei zugänglich ist? Auf diese Frage der Goldbacher gab die Stadt bislang keine Antwort. Bei der Bürgerinformation im Juni sagte Baubürgermeister Längin zu Verschmutzung und Vandalismus: „Es wird diese Ausschweifungen geben, das können wir nicht verhindern. Aber Sie können für individuelle Fehlverhalten nicht die Stadtverwaltung verantwortlich machen.“
Die Fresken in der Silvesterkapelle zeugen von deren Alter: Sie trugen dazu bei die Entstehungsgeschichte der Kapelle zu erhellen, die ...
Die Fresken in der Silvesterkapelle zeugen von deren Alter: Sie trugen dazu bei die Entstehungsgeschichte der Kapelle zu erhellen, die schon in den 840er Jahren erbaut wurde. | Bild: Hanspeter Walter
  • Silvesterkapelle: Die Goldbacher verweisen auf die historische Bedeutung des Gotteshauses, dessen Ursprung bis ins 9. Jahrhundert zurückreicht. Zwar habe es in der Vergangenheit immer wieder Eingriffe ins Gelände gegeben, "doch die Grundstückskontur westlich zum Goldbach, östlich zum Goldbacher Seezugang, aber vor allem südlich zum See hin ist seit 1200 Jahren unverändert. Dort lag in alten Zeiten der Friedhof." Durch das Anlegen eines Wegs im südlichen Bereich werde die heutige Wiese deutlich verkleinert, schreiben die Anwohner, die das als nicht gerechtfertigt ansehen. Zudem stellen sie die Frage, ob es Überlegungen gebe, die Goldbacher Kapelle dem Unesco-Welterbe Kloster Reichenau anzugliedern. Eine Antwort darauf gibt es bislang nicht. Die LGS GmbH betont jedoch, dass die Kapelle während der Gartenschau zwar im eingezäunten Bereich liege, jedoch nicht Bestandteil des LGS-Konzepts sei. „In keiner der LGS-Publikationen wird die Silvesterkapelle als besonders sehenswert erwähnt, allein das zeigt doch, dass wir überhaupt kein Interesse daran haben, die Kapelle als Hauptattraktion zu vermarkten", sagt Roland Leitner. "Wir haben nicht einmal einen Schlüssel und wollen auch keinen haben." Wie die Kirchen die Kapelle 2020 nutzen wollen, sei diesen überlassen. Zum Eingriff in die Wiese heißt es: "Die Kapellenwiese wird zwar um die Wegefläche verkleinert, bleibt in ihrer Funktion aber erhalten."
  • Ehemaliger Spitalhof: Auf dem Gelände westlich der Kapelle stand einst der Konstanzer Spitalhof, von dem aus landwirtschaftliche Erzeugnisse nach Konstanz verschifft wurden. Die Stadt erwarb die Fläche 2016 von der Deutschen Bahn mit dem Ziel, sie in die LGS zu integrieren und nach 2020 der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. "Wie sieht das Nutzungskonzept aus?", fragt die Nachbarschaft. Laut Auskunft der LGS GmbH wird das Gelände als Ausstellungsfläche für Nabu, BUND, Imker und das Waldrapp-Team genutzt. "Nicht geplant ist ein dauerhaftes Waldrapp-Biotop." Vorgesehen sei lediglich ein zwei- bis dreimonatiges Ausstellungsprojekt. "Die Waldrappe werden das Gelände für ihre Flugübungen vermutlich im Juni wieder verlassen." Auf die Frage nach der Führung des Radwegs haben die Anwohner noch keine Antwort erhalten.
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