Rechtsanwalt Christian Sellerbeck soll Spitzenkandidat von FWV-ÜfA für die Gemeinderatswahl in Überlingen sein, gefolgt vom langjährigen Gemeinderat Lothar Thum auf Platz zwei. Mit Vanessa Schnell hätte die Fraktion eine erst 20-jährige und in der Stadt bekannte Mitstreiterin auf ihrer Liste. Allerdings muss im Konjunktiv gesprochen werden, denn die Nominierung ist geplatzt. Grund ist ein Formfehler, für den der stellvertretende Vorsitzende des Vereins FWV-ÜfA in einem Schreiben an die Mitglieder „die volle Verantwortung übernahm“. Er hatte übersehen, dass die Abstimmung geheim hätte erfolgen müssen.
Anmerkung der Redaktion: Dieses Versäumnis wurde mittlerweile geheilt, siehe dazu den Infokasten „Reihenfolge der Nominierung“.
Spitzenplätze für Vereins-Chefs
Der Name FWV-ÜfA steht für den Zusammenschluss der ehemaligen Fraktionen Freie Wählervereinigung und Überlingen für Alle. Sie sind mittlerweile als ein Verein organisiert. Ihr neuer Vorsitzender ist der Rechtsanwalt Christian Sellerbeck, Fachanwalt für Insolvenz- und Erbrecht, der im Februar den Posten von Robert Dreher übernommen hat. Sellerbeck wurde nun zum Spitzenkandidaten der Fraktion für die Wahl zum nächsten Gemeinderat nominiert. Er ist verheiratet und Vater von zwei Söhnen. Kommunalpolitische Erfahrung sammelte Sellerbeck im Ortschaftsrat von Nußdorf.
Laut Robert Dreher sind die Kandidatinnen und Kandidaten von FWV-ÜfA im Durchschnitt „knapp über 50“. Er ist 77 Jahre alt und kandidiert erneut, diesmal allerdings auf einem der hinteren Plätze, was auch dem Umstand geschuldet ist, dass die Fraktion bei der nun nichtigen Nominierungsversammlung bewusst Frauen auf vorderen Plätzen nominierte. Von den 26 Personen auf der Liste sind fünf Frauen. Sie sollten die Plätze drei, fünf, sieben, neun und elf einnehmen.
Lothar Thum steht als stellvertretender Vereinsvorsitzender auf Platz zwei der nun noch nicht gültigen Liste. Er sitzt seit 30 Jahren im Gemeinderat. „Und das wird sicher meine letzte Legislaturperiode, vielleicht überlebe ich sie ja gar nicht“, sagte er. Neben Lothar Thum und Robert Dreher wollen sich auch Ralf Mittelmeier und Hubert Büchele als amtierende Gemeinderäte wieder zur Wahl stellen.
Dreher gegen Frauenquote
Die Spitzenplatzierung der beiden Vereins-Chefs war in der Versammlung unumstritten. Eine Diskussion hob aber zu der Frage an, ob ab Platz drei nach dem Alphabet oder im Wechsel der Geschlechter nominiert werden solle. Ulrike Beurer, Kandidatin für den Kreistag, sagte, dass Frauen in den politischen Gremien weit unterrepräsentiert seien und beantragte für den Gemeinderat eine Besetzung im Wechsel von Frauen und Männern.
Robert Dreher plädierte für eine alphabetische Sortierung, ungeachtet des Geschlechts. So habe man das schon immer gemacht. „Ich bin gegen Quoten. Das haben unsere Frauen gar nicht nötig.“ Doch, widersprach ihm Gemeinderatskandidatin Celia Jakob: „Solange Frauen unterrepräsentiert sind, ist es nötig.“
Quote bringt Frauen vordere Plätze
In geheimer Wahl stimmten die Mitglieder mit 31 zu fünf Stimmen für das Wahlprozedere mit Quote ab. Und im Anschluss an die Vorstellung der Kandidatinnen und Kandidaten wurde die Liste lediglich en bloc zur Kenntnis genommen und nicht erneut abgestimmt. Das war offenbar ein Formfehler, wie Lothar Thum einräumt. In einem Wiederholungstermin am 20. März wird deshalb geheim über jede einzelne Bewerberin und Bewerber abgestimmt.
Zurück zur Diskussion um die Quote: Sie verschafft vier Frauen, die im Alphabet hinter D wie Dreher stünden, vordere Listenplätze. Darunter der Krankenschwester Nada Kosanovic. Oder Celia Jakob auf Platz fünf. Sie ist 33 Jahre alt, Mutter, ihr Beruf ist Flugbegleiterin in Privatjets. Seit zwölf Jahren lebt sie am Bodensee, „und Überlingen habe ich sehr lieb gewonnen“, sagte sie. „Ich möchte in die Kommunalpolitik, weil ich an die direkte Demokratie glaube.“
Alina Buser auf Platz drei
Auf dem begehrten dritten Platz steht Alina Buser, die bei einer rein alphabetischen Sortierung erst auf Platz sieben gestanden hätte. Sie ist 33 Jahre alt, Mutter eines dreijährigen Mädchens. Sie führt mit ihrem Mann einen Holzbaubetrieb, stammt aus Konstanz, ist staatlich anerkannte Nageldesignerin, führte „zur Finanzierung des Studiums“, wie sie berichtete, nebenher zwei Nagelstudios, und spezialisierte sich nach ihrem BWL-Studium auf die Entwicklung von Immobilienprojekten. Im Nagelstudio habe sie das Netzwerken gelernt, und in ihrem zweiten Beruf die Baubehörden kennengelernt und Erfahrungen in Bereichen gesammelt, mit denen sich Gemeinderäte regelmäßig beschäftigen: „Von der Quartier- bis zur Stadtentwicklung.“
Jüngste Kandidatin Vanessa Schnell
Als Jüngste im Kandidatenfeld stellt sich Vanessa Schnell zur Wahl. Sie bringt Erfahrung als Mitglied im Jugendgemeinderat mit, wo sie als 15-jährige Realschülerin erstmals kandidierte. Jetzt ist sie 20 Jahre alt, arbeitet als Chemisch-Technische-Assistentin ist und sagt: „Ich freue mich tierisch auf die Arbeit im Gemeinderat.“ Ihr hoher Bekanntheitsgrad liegt an ihren Ehrenämtern. Neben dem Jugendgemeinderat ist sie aktiv in der Landjugend, bei den Narren und von Kindesbeinen an bei der Feuerwehr.
Zweitjüngster ist der 22-jährige Simon Hack, Jungbauer aus Andelshofen, aktiv in der Schwerttanzkompanie. Er sagt: „Ich habe richtig Bock darauf, für den Gemeinderat zu kandidieren.“
Viele bekannte Gesichter
Die Liste repräsentiere alle Altersgruppen, Berufe und gesellschaftliche Schichten, freute sich Spitzenkandidat Sellerbeck. Hohen Bekanntheitsgrad bringen Ulrich Bäumler (Vorsitzender Stadtkapelle), Klaus Pillebeit (Vorsitzender Fußballclub) und Clemens Vogler (Hofcafé in Hödingen) mit.

Außerdem Andreas Keller (Musikverein Harmonie) und Nils Badewien (Kommandant in der Abteilungsfeuerwehr), Susanne Held (Schifffahrtsbetrieb) oder Marc Morath (Busunternehmer), sowie die Ortsvorsteher von Hödingen (Martin Kessler), Nesselwangen (Wolfgang Käppeler) und Lippertsreute (Siegfried Hanßler).
Wegen seines Berufs als Feuerwehrtechnischer Angestellter bei der Feuerwehr verfügt auch Thomas Schnell über einen hohen Bekanntheitsgrad. Der 49-Jährige ist der Vater von Vanessa Schnell, es wäre also denkbar, dass künftig Vater und Tochter im Gemeinderat sitzen. Er brachte sie damals zur Feuerwehr, sagte Thomas Schnell. „Jetzt hat mich Vanessa zur Politik gebracht.“
FWV-Üfa haben für Mittwoch, 20. März, 19 Uhr, eine neue Nominierungsversammlung angesetzt. Tagesordnungspunkt 1 lautet: „Aufhebung der Nominierungsversammlung vom 6. März“.