Schon wieder Bagger am Abig-Kreisel. Aber dieses Mal gibt es keine Sperrungen, sondern eine frohe Botschaft. „Schon gewusst“, schrieb Oberbürgermeister Jan Zeitler zuletzt auf Facebook. „Am Abig-Kreisel entstehen direkt an der B31 zwölf Schnellladesäulen für E-Autos, mit bis zu 350 kW im Endausbau“. Darunter die Hashtags „Elektromobilität“ und „Klimawandel“. 43 Nutzer gaben ein Like, doch zwei Personen kritisierten die Wahl des Anbieters. „Danke! Leider nicht der Anbieter meiner Wahl“, schreibt ein Nutzer. Ein anderer erklärt: „Ionity gehört zu den teuersten Anbietern in Deutschland.“

Ab September fließt der Strom

Bislang standen E-Fahrern in Überlingen vier öffentliche Schnellladepunkte zur Verfügung (bei dm und McDonald‘s). Mit den neuen Ultraschnell-Ladesäulen bekommt Überlingen die schnellste Ladetechnik, die es gibt. Ab spätestens Ende September sollen sie in Betrieb gehen. Die Nutzer auf Facebook liegen aber richtig. Der Anbieter Ionity verlangt für Kunden ohne ein Abonnement 0,69 Euro pro Kilowattstunden (kWh) und gehört damit zu den teuersten in der Branche. Wer ein E-Auto von Mercedes, BMW, Ford, Hyundai oder Volkswagen fährt, hat zwar Preisvorteile. Wer aber keines davon fährt und kein Ionity-Abonnement hat, kommt bei den anderen Schnellladesäulen in der Stadt besser weg. Warum also dieser Anbieter?

Keine Auskunft zu Einnahmen durch Verpachtung

Die Pressestelle der Stadt Überlingen sagt auf Anfrage, dass bei der Auswahl des Anbieters unterschiedliche Faktoren berücksichtigt worden seien: die Verfügbarkeit, die technische Zuverlässigkeit und die Möglichkeit, ein flächendeckendes Ladenetz mit Schnellladesäulen an überregional relevanten Verkehrswegen bereitzustellen. Die Entscheidung für dieses Unternehmen habe letztlich am Investor gelegen, der das städtische Grundstück pachtet. Dieser habe als mögliche Kooperationspartner im Pachtvertrag einige Anbieter von Schnellladesäulen genannt. „Einer davon ist die Firma Ionity, auf die letzten Endes nun die Wahl des Investors fiel“, sagt Sprecherin Miriam Lara Robertus.

Bild 1: An der B31 entstehen zwölf neue E-Ladesäulen – aber warum wird das Tanken hier so teuer?
Bild: Cian Hartung

Wer dieser Investor sei und wie viel die Stadt durch die auf 30 Jahre festgelegte Verpachtung einnehme, möchte sie nicht mitteilen, die Kosten der Baumaßnahme gingen aber zulasten des Pächters. Und grundsätzlich verstehe man die Bedenken hinsichtlich der Preisgestaltung, die jedoch auch mit sehr hohen Investitionskosten verbunden seien. Dennoch heißt es: „Wir sind davon überzeugt, dass die Entscheidung im besten Interesse der möglichen Nutzer getroffen wurde und dazu beiträgt, die Elektromobilität in der Bodenseeregion voranzubringen.“

Warum kostet der Strom so viel?

Die Ladepreise ergeben sich aus den Strom-, Bau- und den Pachtkosten, heißt es vom Anbieter. „Vor allem die eingebaute Technik ist für die Ultraschnell-Ladesäulen entsprechend teuer“, sagt Michael Garding, Energie-Manager bei Ionity. „Das müssen Sie über die Laufzeit erstmal amortisieren.“ Das Angebot beziehe sich auf Kunden, die lange Strecken fahren und in kurzer Zeit viel Strom tanken wollten. Je nach Auto und Batteriezustand dauert ein Tankvorgang zehn bis 25 Minuten.

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Welche Chancen bietet das für Geschäfte?

Zehn bis 25 Minuten Wartezeit während des Ladens – vielleicht genug Zeit, um den lokalen Handel zu fördern? Manfred Heck, Betreiber des benachbarten McDonald‘s, und Marcus Gross, Geschäftsführer vom La Piazza, sehen auf Anfrage keinen Nachteil durch die Ladesäulen – aber erwarten auch keine nennenswerten Umsatzsteigerungen. „Vielleicht holt sich der eine oder andere in der Zeit einen Espresso“, sagt Manfred Heck, „große Veränderungen wird das aber kaum bringen.“

Bild 2: An der B31 entstehen zwölf neue E-Ladesäulen – aber warum wird das Tanken hier so teuer?
Bild: Cian Hartung

Und was sagen E-Auto-Fahrer dazu?

Der Überlinger Georg Amm fährt beruflich und privat viele Kilometer mit seinem E-Auto und lädt diesen immer an öffentlichen Schnellladesäulen auf. Er freut sich auf die künftige E-Tankstelle und will die Ladesäulen am Abig-Kreisel mit einer Tankkarte nutzen.

Der Überlinger Georg Amm fährt seit mehreren Jahren gern elektrisch, obwohl er manchmal auf eine freie Schnellladesäule warten muss.
Der Überlinger Georg Amm fährt seit mehreren Jahren gern elektrisch, obwohl er manchmal auf eine freie Schnellladesäule warten muss. | Bild: Cian Hartung

Damit kann man die Ladegebühr deutlich drücken, sagt er, „das habe ich jetzt gemacht“. Er versteht die Kritik, dennoch begrüßt er den Ausbau rund um die Elektromobilität.