Die Trommlergruppe des Gymnasiums macht Rabatz. Buh-Rufe schallen durch die Aula. Die SMV hat am Dienstag kurzfristig zu einer Demonstration aufgerufen, in der die Schülermitverantwortung einen möglichst raschen Baubeginn für das marode Schulgebäude fordert. Ein eigentlich geplanter Demonstrationszug bis vors Rathaus fand nicht statt, weshalb die SMV ihre Kundgebung in die Aula verlegte. Anschließend bildete sie eine Delegation, die mit Oberbürgermeister Jan Zeitler im Ratssaal über das Projekt diskutierte.
Kundgebung in der Aula
Bei ihrer Kundgebung in der Aula baute die SMV (Schülermitverwaltung) eine Mauer auf, auf der zu lesen war, dass ein Abwarten bis zum Jahr 2032 nur noch höhere Kosten produziere. Diese Mauer fiel in sich zusammen, als Schülersprecherin Franziska Berger den Satz sagte, dass „unser Vertrauen in demokratisch gewählte Organe ins Wanken gerät, wenn der Gemeinderat Beschlüsse fasst uns sie nicht einhält“.
Sie sprach damit erst im Juni getroffene Grundsatzbeschlüsse zum Bau eines neuen sechszügigen Gymnasiums an, was jetzt in einen Realisierungswettbewerb münden sollte. Doch stoppte die Stadtverwaltung diesen Prozess kurzfristig in diesem Sommer und macht weitere Schritte von den anstehenden Haushaltsberatungen abhängig.
Bei dem Neubau handle es „nicht um ein Wunschkonzert, sondern um die Pflichtaufgabe der Stadt Überlingen“, betonte Franziska Berger vor der versammelten Schülerschaft. Es gehe darum, eine ausreichende Anzahl an Klassenzimmern zu schaffen, wo moderne Bildung möglichst ist. „Wir fordern Generationengerechtigkeit jetzt.“
Vize-Schülersprecher Lenard Serano Freimuth sagte, dass der Gemeinderat Beschlüsse gefasst und damit „Versprechen in den Raum gestellt habe“, die nun auf die lange Bank geschoben würden.
Dritte Schülersprecherin Maya Scheurer verwies auf die marode Bausubstanz und undichte Fenster. „Wir heizen Überlingen.“ Clara Wolks sagte im Namen des Jugendgemeinderats, dass ihr Gremium die Forderungen der SMV unterstütze.
Demonstrationszug zu spät angemeldet
Ein eigentlich geplanter Demonstrationszug von der Schule bis vors Rathaus, zu dem die SMV per E-Mail am Montag auch Lehrerinnen und Lehrer sowie Eltern einlud, fand nicht statt. Wie Schülersprecherin Franziska Berger erläuterte, hätten sie zwar am Montag bei der Stadtverwaltung um Genehmigung gebeten, sie aber nicht erhalten. Sie hätten die Demonstration mindestens 48 Stunden vor Beginn anmelden müssen. Nun kündigte sie an, sie zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. Es sei ihnen wichtig, im Gespräch zu bleiben.
Gespräch mit dem OB im Rathaus
Nach der Absage ihres Demozuges bat die SMV den Rathaus-Chef kurzfristig um ein Gespräch, das Zeitler annahm, gemeinsam mit Raphael Wiedemer-Steidinger, dem für Schulen zuständigen Fachbereichsleiter im Rathaus. Hier formulierte Franziska Berger dem OB gegenüber ihre „Fassungslosigkeit“ darüber, dass die Zeichen auf einem vorläufigen Stopp des Planungsprozesses stünden. „Das wollen wir nicht akzeptieren.“ Sie appellierte an den OB, ihre Sicht dem Gemeinderat vorzutragen.
Schüler Emil Steidinger erinnerte an den Grundsatzbeschluss des Gemeinderats zum Neubau eines sechszügigen Gymnasiums und fragte: „Warum wird jetzt nochmal diskutiert?“ Die Situation mit Unterricht in Containern werde „immer schlimmer“. Maya Scheurer fragte, welchen Stellenwert Bildung in Überlingen im Vergleich zu Tourismus genieße.
Zeitler wirbt um Verständnis
Jan Zeitler warb um Verständnis für seine Rolle als Oberbürgermeister, in der er eine gesamtstädtische Verantwortung trage. Es sei für ihn „eine neue Erkenntnis“, dass die prognostizierten Kosten bei 63 Millionen Euro liegen. Jetzt sei der Punkt erreicht, wo über das Projekt „nochmal nachgedacht werden muss“. Im Vergleich zu anderen Städten sei Überlingen zwar noch in der glücklichen Lage, neue Schulden machen zu können. Folgenden Generationen dürfe der eigene Gestaltungsspielraum aber nicht verbaut werden.
Raphael Wiedemer-Steidinger verwies auf steigende Schülerzahlen, die um die Jahrtausendwende nicht vorhergesagt worden seien. Im Gegenteil. Damals habe die Stadt aufgehört, in Kindergärten zu investieren, sei aber mit neuen Prognosen ab dem Jahr 2005 eines Besseren belehrt worden. „Diese Welle geht nun weiter“ – sprich, fordere Investitionen im Schulbereich. Allerdings hätten steigende Baukosten „unsere langfristige Planung verhagelt“.

Zeitler erkannte an, dass das Schulgebäude „bauliche Schwächen“ habe. Ein Schulbetrieb sei aber noch möglich. Er sende an die SMV das Signal aus: „Wir wollen – und jetzt geht es um die Frage: Wie kriegen wir es hin?“ Er befinde sich mit dem Gemeinderat in einem laufenden Prozess, in dem den Räten abverlangt werde, Prioritäten zu setzen. „Warten Sie doch mal ab“, forderte Zeitler die Schüler zu Geduld, gleichsam aber zu einer weiteren Begleitung des Prozesses auf. Er bot im Anschluss an, das Gespräch zu wiederholen. „Es hat Spaß gemacht.“