Ausgerechnet im Fahrradfahrparadies gibt es wohl nicht genügend Platz für Fahrräder im Bus. Dabei gilt der Bodensee als eines der schönsten und begehrtesten Reiseziele für Radfahrer. Zwei Brüder aus Münster wurden am selben Abend gleich zweimal an zwei verschiedenen Orten vom Busfahrer abgewiesen. Als pure Willkür betrachten die beiden jungen Männer das Verhalten des Busfahrers. Dass der Bus für ihre Fahrräder zu voll gewesen sei, können sie nicht feststellen.
Mit müden Beinen zusätzliche 20 Kilometer radeln
Schon 70 Kilometer hatten der 21-jährige Noah Börnhorst und sein 16-jähriger Bruder Linus Börnhorst auf dem Fahrrad zurückgelegt, als sie in Meersburg in den Bus einsteigen wollten. Die beiden waren schon fast am Ende ihrer zehntägigen Fahrradreise. In Bayern gestartet, fuhren sie über Österreich, Südtirol, und die Schweiz bis zum Bodensee. Hier hatten sie sogar extra einen Tag mehr eingeplant, weil die Region so schön sei. Noah Börnhorst studiert Jura, und ist seit sieben Jahren kommunalpolitisch in seiner Region beschäftigt, er weiß also, wie man Dinge bewegt.
Fahrradmitnahme werktags grundsätzlich erlaubt
Den 30. Juli verbrachten sie damit, von ihrem Campingplatz in Lindau nach Meersburg zu radeln. Nach einem Abendessen in Konstanz kamen sie dann gegen 20 Uhr wieder am Meersburger Fährhafen an. Geplant war es, mit dem Bus zurück nach Friedrichshafen zu fahren und von dort den Zug nach Lindau zu nehmen. Zuvor hatten sie auf der Internetseite vom Verkehrsbund Bodensee-Oberschwaben (Bodo) geprüft, ob die Fahrradmitnahme im Bus erlaubt ist. Dort steht, dass die Fahrradmitnahme werktags ab 19 Uhr und sonn- und feiertags ganztägig gestattet ist, mit der Voraussetzung, dass es genügend Platz gibt. Als sie den heranfahrenden Bus sahen, waren sie erleichtert. „Der Bus war ganz leer“, so Noah Börnhorst.
Als sie jedoch einsteigen wollten, wies der Busfahrer sie ab, mit der Begründung, es gebe nicht genügend Platz für ihre Fahrräder. Die Brüder waren fassungslos. „Zu der Zeit waren nur drei oder vier Fahrgäste im Bus“, meint Noah Börnhorst. Trotz Beschwerde fuhr der Bus ohne sie los. Als Folge mussten sie 20 Kilometer nach Friedrichshafenstadt radeln. Dort stiegen sie in den Zug nach Lindau. Hier habe das Mitnehmen der Räder wunderbar geklappt, lobt Noah Börnhorst.
Zum wiederholten Mal stehen gelassen
Als die Brüder dann endlich in Lindau ankamen, waren es noch vier Kilometer bis zu ihrem Campingplatz. Sie probierten es noch einmal. Diesmal sei der Bus vollkommen leer gewesen, so Noah Börnhorst. Jedoch wies der Busfahrer sie erneut ab, und diesmal ohne Begründung. So etwas habe er und sein Bruder bei ihren vielen Fahrradreisen noch nie erlebt. „Vor allem am Bodensee, wo viel Fahrrad gefahren wird, sollte so was funktionieren“, klagt Noah Börnhorst.
Unklar, wie Busfahrer die Auslastung bemessen
Zuständig für die jeweiligen Buslinien ist die Deutsche Bahn (DB). Auf eine Anfrage antwortete eine Sprecherin: „Die DB kann nicht immer garantieren, dass die Fahrradmitnahme bei jeder Fahrt umsetzbar ist.“ Tatsächlich hänge dies von der jeweiligen Auslastung ab. Eine Antwort auf die Frage, ob die Entscheidung der Busfahrer in diesem Fall gerechtfertigt war, gab es keine. Die Anfrage des SÜDKURIER, wie die Fahrer über die Auslastung des Busses entscheiden, wurde bis Redaktionsschluss nicht beantwortet.
Fahrradmitnahme im Bus läuft nicht immer schief
Im Gegensatz zu Linus und Noah Börnhorst hat Christa Bruder bis jetzt nur gute Erfahrungen bei der Mitnahme ihres Fahrrads im Bus gemacht. Sie ist noch am Start ihrer Radreise um den Bodensee, als wir ihr am ZOB in Überlingen begegnen. Wie sie sagte, sei sie bis jetzt sehr zufrieden mit dem Busservice gewesen.
Für Karin Schneider hat die Fahrradmitnahme im Bus auch geklappt. Sie ist aus Bingen angereist und plant die nächsten fünf Tage am Bodensee mit ihrem Fahrrad unterwegs zu sein. Unter anderem wolle sie die Halbinsel Mettnau besichtigen. In der Busfahrt nach Überlingen konnte sie ihr Fahrrad zwar mitnehmen. Jedoch wollte der Busfahrer ihr beim Heben des schweren Fahrrads nicht helfen, berichtete sie. Deshalb habe sie vor, den Heimweg zurück zu radeln. Von Überlingen aus seien es eh nur drei Stunden, so Schneider.
Börnhorst sieht ein grundsätzliches Problem
Nur ein unglücklicher Zufall sei der Vorfall nicht gewesen, findet Noah Börnhorst. „Dass es uns zweimal passiert ist und auch an zwei verschiedenen Orten zeigt, dass es da grundsätzlich irgendein Problem gibt.“ Jedoch habe diese Erfahrung ihre Lust auf den Bodensee nicht verdorben. „Die Region ist wunderschön und wir würden auch wieder kommen.“ Nur würden sie sich freuen, wenn das Verkehrsunternehmen, und wenn nötig die Politik, Maßnahmen treffe. „Das gehört zu einer guten Tourismuspolitik einfach dazu: Dafür zu sorgen, dass Angebote, die den Menschen gemacht werden, dann auch funktionieren.“