Von Immenstaad, Langenargen, Ailingen oder der Kitzenwiese aus sind sie am Montagmorgen teils in größeren Gruppen gestartet: etliche Schüler, begleitet von Eltern und Lehrern auf ihrem Schulweg – und zwar mit dem Fahrrad. Als die Schulen in Reichweite sind, löst sich die Traube schnell auf. Ab zum Unterricht heißt es für die Kinder jetzt. Doch die Erwachsenen, die bei der Aktion dabei waren, haben etwas mehr Zeit – wie ist ihr Fazit zum ersten Fahrradbus in Friedrichshafen?
Schwierig wird es einer Begleiterin zufolge erst im Stadtverkehr
Die Nachfrage fiel auf den einzelnen Strecken sehr unterschiedlich aus. Während bei Axel Bolta, der die Route von der Kitzenwiese aus begleitet hat, nur ein Kind mitfuhr, waren es bei Helen Beck aus Langenargen immerhin 20 Schüler. „Es hat sich ein bisschen auseinandergezogen“, schildert sie, „man merkt schon deutlich, wer öfter mit dem Rad fährt.“ Sie selbst fahre dieselbe Route sowieso zur Arbeit und nehme dafür auch immer das Fahrrad. „Die Strecke von Langenargen ist wunderbar“, sagt sie. Schwierig werde es erst im Stadtverkehr.
Unter den Begleitern war auch Stefan Haufs, Radverkehrsbeauftragter des Bodenseekreises. „Ich habe die Aktion auch mit unterstützt und finde sie vor dem Hintergrund des Stadtradelns super“, sagt er. „Die Kilometer kann man sofort eintragen.“ Auch Helen Beck glaubt, dass vor allem der Wettbewerbscharakter dem Radfahren zuträglich ist. Sie erinnert sich an das letzte Stadtradeln: „Die haben echt alles versucht, um ein paar Kilometer zu sammeln, sind alles mit dem Rad gefahren und auf dem Schulweg noch eine Extraschleife.“ Vielleicht könne man über eine Art Wettbewerb auch mehr Schüler zum Mitfahren bewegen.
Organisatoren sind zufrieden mit dem Fahrradbus
Doch auch wenn auf einzelnen Linien noch mehr Schüler hätten mitfahren können, sind die Organisatoren zufrieden mit der Aktion. Bernhard Glatthaar vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) freut sich über den gelungenen Auftakt. „Der Grundstein ist gelegt, die Vorarbeit geleistet“, resümiert er. Nun könne mit weniger Aufwand eine weitere Aktion für Fünftklässler ins Leben gerufen werden.
Ziel sei es, den Kindern die Route mit dem Fahrrad nahezubringen und die sichersten Wege aufzuzeigen. Dabei müsse gar nicht so groß gedacht werden wie beim Fahrradbus mit Strecken aus umliegenden Gemeinden. findet Glatthaar: „Es wäre schon toll, wenn wir die Schüler erreichen würden, die drei oder fünf Kilometer entfernt, also an der Stadtgrenze losfahren.“
Unter anderem das Autochaos vor Schulen motiviert zum Fahrradbus
Die Idee zur Aktion stammt von Neele Onnen. Sie wohnt in der Nähe einer Schule und kann beobachten, wie viele Eltern ihre Kinder mit dem Auto dorthin bringen – ein Chaos. Onnen hofft, dass durch das Fahren im Verbund auch Schüler mitfahren, die den Weg allein auf zwei Rädern nicht wagen würden. Und auch Glatthaar weiß: „Die Angst ist größer als die Gefahr, dass wirklich etwas passiert.“ Trotzdem komme es auf dem Rad regelmäßig zu Situationen mit Autofahrern, die ihm den Puls hochtrieben.
Von der Polizei wurde der Fahrradbus nicht begleitet. Der Grund: „Verkehrsregeln sind allgemeingültig. Sie gelten auch für diese Aktion und die daran Teilnehmenden“, erklärt Oliver Weißflog, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Ravensburg. „Eine zusätzliche polizeiliche Begleitung war aus unserer Sicht daher weder notwendig noch angezeigt.“ Zudem hätte das die Situation verfälscht und möglicherweise eine Sicherheit suggeriert, die im Alltag eben gerade so nicht vorhanden ist.
Unterwegs fallen auch Schwachstellen im Radnetz auf
Axel Bolta erhofft sich vom Fahrradbus auch mehr Sichtbarkeit von Problemstellen – gerade, wenn irgendwo gebaut werde oder der Radverkehr umgeleitet. „Bei einer Umleitung fehlte die Beschilderung und bei den Baumaßnahmen hier um die Ecke wurde eine Schwelle geschaffen, bei der man mit dem Rad leicht abrutschen kann“, berichtet er.

Doch warum gibt es den Fahrradbus erst jetzt? „Neu ist die Idee an sich nicht“, betont Glatthaar. In Baden-Württemberg heiße sie allerdings normalerweise nicht Bici- oder Fahrradbus, sondern schlichtweg Schulradeln. Ihm fehle dafür allerdings ein Ansprechpartner bei der Stadt, der gezielt auf Schulen zugehe, um Routen abzuklären.
Andrea Kreuzer, Pressesprecherin der Stadt, sagt dazu: „Für den Radverkehr im Allgemeinen gibt es einen zuständigen Ansprechpartner beim Stadtbauamt, wenngleich es den offiziellen Titel Radverkehrsbeauftragter nicht gibt.“ Gerne könnten sich Schulen, die solche Aktionen starten, an das Stadtbauamt der Stadt im Technischen Rathaus wenden.
Außerdem sei die Stadtverwaltung bereits 2011 bemüht gewesen, einen Radbus auf die Beine zu stellen, allerdings unter dem Begriff Schulradler. Mit den Schulen habe es mehrmals Kontakt gegeben, unter anderem auf der Schulleiterkonferenz 2011. In diesem Zusammenhang sei vom Land ein Schulwegplaner erstellt und immer weiter verbessert worden, mit dem die Schulen die Wege der Kinder erfassen und Schwachstellen finden könnten. „Mit den Ergebnissen könnte dann jeweils ein entsprechender Radschulwegplan erstellt werden“, führt Kreuzer aus. Ein verwendbares Kartenwerk, aus dem städtische Radrouten entnommen werden könnten, sei die Fahrradkarte Friedrichshafen. Diese sei im Rathaus erhältlich.