Die einen mit Plakat und Trommel, die anderen mit Kindern und Hunden: Etwa 1600 Menschen nutzen den Neujahrstag, um zwischen 14 und 16 Uhr in Überlingen gegen eine Corona-Impfpflicht auf die Straße zu gehen. Organisiert wurde die zweite Demonstration dieser Art von Fionn Barnes sowie Alfons und Ruth Meishammer. Letztere leitete bereits die erste Kundgebung gegen eine Impfpflicht, die Mitte Dezember stattgefunden hatte.


Das Motto der Demonstration am 1. Januar lautete: „Wir sind die Rote Linie“. Genauer wollten die Veranstalter für eine freie Impfentscheidung in der Corona-Pandemie eintreten und riefen dazu auf, Kinder und Jugendliche zu schützen. Auch der Ruf nach einer lebendigen Demokratie gehörte zum Anliegen der Organisatoren.
„Ich wünsche mir, dass alles friedlich abläuft. Und damit meine ich nicht nur, dass keine Straftaten begangen werden. Auch die Stimmung soll friedlich sein“, sagte Ruth Meishammer wenige Minuten vor Beginn der Veranstaltung. Weiter betonte sie den Wunsch, die Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen. „Gerade von Lokalpolitikern und auch vom Oberbürgermeister erwarte ich, dass sie die Meinung der Bürger anhören. Dass ein Dialog stattfinden kann.“

Doch Oberbürgermeister Jan Zeitler hatte bereits am Donnerstag gegenüber dem SÜDKURIER gesagt, dass er bei der Demonstration an Neujahr nicht anwesend sein werde. Auch sei er am Wochenende zu keiner anschließenden Stellungnahme zur Kundgebung erreichbar.
Ebenso hatte Zeitler nicht auf einen städtischen Stellvertreter verwiesen, der eine Einschätzung hätte abgeben können. Stattdessen hieß es aus dem Rathaus: Die Pressestelle sei ab Montag, 3. Januar wieder besetzt. Für Ruth Meishammer war diese Erkenntnis enttäuschend. „Ich hätte es mir gewünscht, wenn der Bürgermeister hier wäre und uns zugehört hätte“, sagte sie.
Appell zum Start: Ohne laute Töne durch die Stadt ziehen
Zum Start der Veranstaltung gegen 14 Uhr auf dem Seesportplatz appellierte Meishammer an die Teilnehmer, keine lauten Töne durch die Stadt zu brüllen. „Es wäre schön, wenn wir Rufe wie ‚Friede – Freiheit – Demokratie‘ nicht hören. Lasst uns friedlich laufen und lieber singen oder tanzen“, so die Organisatorin der Demo.


Auch verwies Meishammer auf die Maskenpflicht während der gesamten Kundgebung – für diesen Hinweis wurde sie von einigen Teilnehmern ausgebuht. Als sich der Menschenzug dann gegen 14.30 Uhr in Bewegung setzte, trugen aber auffallend viele Demonstranten eine Mund-Nasen-Bedeckung. Nur wenige waren ohne Maske unterwegs. Sie wurden von Polizisten oder Ordnern auf die geltende Maßnahme hingewiesen.

Bunte Mischung aus Familien, Jugendlichen und Rentnern
Insgesamt gaben die Teilnehmer eine bunte Mischung ab. So waren unter ihnen beispielsweise zahlreiche Familien mit ihren Kindern. Aber auch viele Menschen, die ihre Hunde mitgebracht hatten, Grüppchen aus Jugendlichen und einzelne Rentner gehörten zum Demo-Zug. Sie alle bewegten sich vom Seesportplatz in Richtung Münsterstraße und schließlich über die Marktstraße zum Landungsplatz. Von dort ging es durch die Hafenstraße zum Parkhaus Post und wieder an den Ausgangspunkt, den Seesportplatz.

Die Stimmung unter den Demonstranten war friedlich. Ohne Gebrüll – so wie es sich Ruth Meishammer vorab gewünscht hatte – zogen sie durch die Straßen. Einige hatten Plakate gebastelt, auf denen Parolen standen wie „Meine Gesundheit, meine Verantwortung“ oder „Freie Impfentscheidung“. Andere hatten Trillerpfeifen und Trommeln dabei.
Viele aber liefen ohne große Töne durch die Stadt. Damit unterschied sich diese Kundgebung von der ersten Demonstration, die im Dezember stattgefunden hatte und bei der zeitweise Parolen von Pegida zu hören waren (“Wir sind das Volk“, „Lügenpresse“).


Auch die anschließende Bilanz der Polizei unterstrich den Eindruck der friedlichen Stimmung. „Wir sind aus unserer Sicht sehr zufrieden, es gab nur wenige Verstöße gegen die Auflagen, zum Beispiel gegen die Maskenpflicht“, so Stephan Stitzenberger, Chef des Polizeireviers Überlingen und Einsatzleiter am Tag der Demo. Die Anzahl der Verstöße konnte Stitzenberger noch nicht konkret benennen. Nur so viel: Sie befänden sich im einstelligen Bereich.

Vorerst keine weitere Demonstration geplant
Für Ruth Meishammer und ihre beiden Mitorganisatoren sei die Veranstaltung am Nachmittag des 1. Januars ein Erfolg gewesen. „Ich freue mich, dass so viele Menschen gekommen sind“, sagte Meishammer nach der Demo. Ob in den kommenden Wochen und Monaten weitere Kundgebungen dieser Art in Überlingen stattfinden, sei seitens der Organisatorin derzeit noch nicht absehbar.