Muttertag! Das ist entweder an 365 Tagen im Jahr oder gar nicht. Darin sind sich Ute Schröder und Stefan Mayer einig. Wir trafen uns mit den beiden Vereinsvorsitzenden zu einem Gespräch über ihr Amtsverständnis, über die Bürde, die ihnen ihre Rolle auferlegt. Und über die Würde, die ihnen die auf dem Kopf getragene Radhaube gibt.

Ute Schröder ist frisch gewählte Vorsitzende des Trachtenbunds. Dieses Amt trägt den Namen Trachtenmutter. Stefan Mayer ist Vorsitzender der Narrenzunft, er darf sich in der Fastnacht als Narrenmutter bezeichnen. Wir arrangierten ein Treffen der beiden vor der Figur der Trachtenfrau, einer Bronzefigur, die zum 100-jährigen Bestehen des Trachtenbunds 2024 vor dem Rathaus aufgestellt wurde.

Stefan Mayer kommt, jahreszeitlich bedingt, nicht in der Tracht der Narrenmutter. Das dürfte er auch gar nicht, denn die Satzung der Narrenzunft Überlingen würde es ihm verbieten. Er und Trachtenmutter Ute Schröder bringen zum Fototermin allerdings beide ihre jeweiligen Radhauben mit – wohlverstanden mit den Händen getragen. Die Radhaube, ein Überlinger Unikat, ist für sie beide Insignie ihres Amtes und auch ihrer Würde. Es sei eine Würde mit ihrem jeweiligen Amt verbunden, aber eben auch eine gewisse Bürde, wie beide betonen.

Tugenden und Eigenschaften von Müttern

Nicht umsonst würden die Galionsfiguren im Überlinger Brauchtum von „Müttern“ verkörpert, weil gerade viele der Eigenschaften und Tugenden, die man Müttern zuschreibt, zum gesunden Erhalt des Brauchtums unerlässlich seien. „Umsicht, Geduld, Zuwendung und Aufmunterung“, zählt Stefan Mayer auf, auch Toleranz gehöre dazu, „ebenso eine zurückhaltende, aber immer erkennbare Sozialkompetenz“, ergänzt Ute Schröder.

Sie ist als Nachfolgerin der langjährigen Trachtenmutter Renate Lohr erst wenige Monate im Amt und freut sich sehr auf ihren ersten großen öffentlichen Auftritt bei der Schwedenprozession. Die erste Prozession falle ja immer auf den zweiten Maisonntag, also immer mit dem Muttertag zusammen, stellt Stefan Mayer fest und für Ute Schröder, seit zwölf Jahren beim Trachtenbund und im „normalen Leben“ Mutter eines Sohnes, „willkommener Anlass, dem übertriebenen Muttertags-Gewese aus dem Weg gehen zu können“.

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Schnörkellose Traditionspflege und keine Historien-Tümelei

Apropos Muttertag: Wie halten es die beiden Symbol-Mütter mit diesem Tag? Und wie war das in den jeweils elterlichen Familien? Die Antwort kommt – von beiden nahezu deckungsgleich – spontan: „Muttertag ist entweder 365 Mal im Jahr oder gar nicht!“

Es mag diese Grundhaltung sein, die beide eben auch darin bestärkt, sich engagiert in die Brauchtums-Pflege einzubringen „mit mütterlicher Fürsorge eben“, sagt Stefan Mayer. Hierin mag dann wohl auch liegen, dass Trachtenbund und Narrenzunft keinerlei Nachwuchssorgen haben. „Mädels und Jungs wachsen in einer schnörkellosen Traditionspflege auf und erkennen schon früh auch den gesellschaftlichen Wert von Brauchtum“, stellt die Trachtenmutter fest. Und in der Tat ist bei beiden Müttern keinerlei betuliche Historien-Tümelei auch nur im Ansatz erkennbar. „Sichtbar machen, was warum und wie entstanden ist, dies zu bewahren und weiterzugeben und zu sichern“ lautet denn auch die „mütterliche Direktive“ von Stefan Mayer.

Ihre Ämter sind keine Bürde für sie

Das bedeutet neben der „Würde“ aber eben auch „Bürde“, die jedoch beide offenbar gerne auf sich nehmen. Festzuhalten ist an dieser Stelle auch, „dass es eine Ehre für uns ist, diese Ämter ausfüllen zu dürfen.“

Beide „Mütter“ begreifen sich offenkundig und sehr respektvoll als Interpretatoren und „Transporteure“ mütterlicher Eigenschaften – was der Brauchtums-Pflege und Vereinsarbeit nur zugutekommen kann. Oder anders ausgedrückt: „Die Mutter, das ist doch das Allumfassende“, formuliert Matthias Wigger, Überlinger Brauchtums-Urgestein und Weinstein-Wirt, der kurzfristig bei der Vor-Muttertagsrunde vorbeischaut.
„Da geht einem doch das Mutterherz auf“, können Ute Schröder und Stefan Mayer da nur noch kommentieren.

Kindernarrenmutter Marlon und sein großes Vorbild, Narrenmutter Stefan Mayer.
Kindernarrenmutter Marlon und sein großes Vorbild, Narrenmutter Stefan Mayer. | Bild: Stefan Hilser

Geschenke für die neue Trachtenmutter

Eigentlich bekannt und geschätzt für Eloquenz und Schlagfertigkeit, ist Narrenmutter Mayer dann doch einen Moment sprachlos – auf die Frage nämlich, ob die Narrenmutter zum Muttertag denn auch immer Geschenke bekommt. „Bislang nicht“, bedauert er, „aber das mag sich ja jetzt ändern“, sagt er schmunzelnd und kommt noch mit einer erstaunlichen Nachricht um die Ecke: „Selbstverständlich wird die Narrenmutter in diesem Jahr erstmalig die Trachtenmutter mit einem Muttertagsgeschenk beehren!“ Und daraus sollte nach seinen Vorstellungen eine schöne Tradition werden.

Um was es sich bei diesem Geschenk handelt und wo und wann es übergeben wird, will Mutter Stefan trotz beharrlicher Nachfrage nicht beantworten. Aber der SÜDKURIER bleibt dran!