Leuchtend rote Luftballons in Herzform wehen vor der Überlinger Auferstehungskirche und verraten es von weitem: Hier geht es um die Liebe. Es ist der „Einfach heiraten!“ – Tag am 25. Mai. An diesem besonderen Datum stehen die Kirche und das Gemeindehaus in der Grabenstraße unter dem Motto „Einfach ja zu dir – mit Gottes Segen“ offen für Paare aller Art, die sich ganz ohne großes Tamtam segnen oder sogar kirchlich trauen lassen möchten.

Premiere ermuntert zur Wiederholung
„Wir bieten diesen Tag hier zum ersten Mal an und möchten das Angebot ab jetzt jedes Jahr einmal machen,“ erklärt Bernhard Schupp, Schuldekan im evangelischen Kirchenbezirk Überlingen-Stockach. Alles ist perfekt durchorganisiert. Ein Team von acht Pfarrerinnen und Pfarrern rund um Dekanin Regine Klusmann ist am Start und begrüßt die nach und nach eintreffenden Paare. Zuerst dürfen sie sich die Location für ihre Segnung oder Trauung aussuchen.

Zur Auswahl steht der Sakralraum der Auferstehungskirche, ein Raum im Erdgeschoss des evangelischen Pfarrhauses oder der mit gemütlichen Sesseln und Sofas ausgestattete Salon Luise mit Seeblick im ersten Stock. Auch ein passendes, live gespieltes Musikstück für die Zeremonie darf selbst gewählt werden. Dann geht es zum Vorgespräch und nach einer kurzen Pause zur Segnung oder Trauung. Ungefähr eine Stunde dauert es, bis den Paaren dann danach zur Feier des Tages im Gemeindesaal ein Gläschen Sekt, Kaffee und Kuchen offeriert wird. Auch eine Fotobox für ein Erinnerungsbild steht selbstverständlich bereit.

Standesamt auf einer Kreuzfahrt
Stefanie und Marek Hauck sind mit ihrer kleinen Tochter Romy aus Pfullendorf gekommen. „Wir haben 2022 auf einer Kreuzfahrt im roten Meer standesamtlich geheiratet und fanden es einen schönen Gedanken, uns jetzt auch noch den kirchlichen Segen zu holen,“ erzählt Stefanie Hauck. Von dem Angebot der evangelischen Kirche hätten sie aus der Zeitung erfahren und sich dann gleich angemeldet. „Diese kurzfristige Möglichkeit ist einfach super, man braucht keine große Planung und fühlt sich hier sehr gut aufgehoben,“ findet die junge Frau.
Gerade hatte die Familie ihr Vorgespräch mit Pfarrerin Kristina Wagner aus Markdorf, die jetzt schnell noch ihren schwarzen Talar angelegt hat und die kleine Hochzeitsgesellschaft mit drei Freunden und der Mutter des Bräutigams in den Salon Luise führt. Dort zeichnet Wagner in persönlichen Worten den gemeinsamen Lebensweg des Paares nach. Und dann wird es sehr feierlich, als Stefanie und Marek Hauck sich versprechen, einander zu lieben, zu ehren und die Treue zu halten.

Braut ist zu Tränen gerührt
Kristina Wagner legt beiden zum Segen die Hände auf den Kopf und es erklingt „A Thousand Years“ von Christina Perri, live gespielt von Stefanie Jürgens (E-Piano) und Magdalena Stoll (Gesang). „Das war jetzt doch emotionaler, als ich erwartet habe, da kullerten ein paar Tränchen,“ gesteht die Braut nach der rund 20 -minütigen Zeremonie und bekräftigt: „Es war eine gute Entscheidung, das heute so zu machen.“
Im großen Saal unten bei der Fotobox wartet derweil schon das nächste Paar, Julia und Henning Kruck, die aus Horb gekommen sind. „Wir sind standesamtlich verheiratet und kommen jetzt ins verflixte siebte Jahr. Da kann ein kirchlicher Segen doch nicht schaden,“ erzählt Julia lachend.
Ein etwas älteres Ehepaar, das anonym bleiben möchte, genießt gerade nach der Zeremonie noch Kaffee und Kuchen. Beide sind in zweiter Ehe seit 2007 standesamtlich verheiratet. „Wir wollten uns eigentlich nur segnen lassen, weil mein Mann im letzten Jahr sehr krank war. Dann haben wir aber jetzt gerade ganz spontan doch noch kirchlich geheiratet,“ berichtet die Braut. Sie sei katholisch, in ihrer Kirche sei die Trauung von Geschiedenen nicht möglich.
Nach 16 Jahren mit göttlichem Beistand
Ohne Voranmeldung ganz spontan gekommen sind Janina Münch und Marc Agostini mit Baby Alerio. Am Eingang des Pfarrhauses werden sie von Pfarrerin Sigrid Süss-Egervari aus Meersburg begrüßt. „Wir sind seit 2009 zusammen und noch nicht standesamtlich verheiratet,“ sagt Janina Münch. Bis zur Geburt von Alerio hätten sie sechs Jahre lang beruflich bedingt eine Fernbeziehung geführt.
Dann hätte sich eben unverhofft Nachwuchs angekündigt und sie lebten jetzt wieder vereint in Hödingen. „Wir sind seit 16 Jahren zusammen und möchten Gott um Kraft und Stärke bitten, und dass er weiter gut nach uns schaut,“ begründet die Biochemikerin ihren Wunsch nach einem kirchlichen Segen.
Am Ende des Tages sind es elf Paare, die das offene Angebot der „Segnung to go“ genutzt haben. „Es läuft ganz toll,“ resümiert Regine Klusmann am Nachmittag. „Manchmal haben Paare auch schwere Zeiten hinter sich, da tut so ein Neustart mit Gottes Segen gut,“ sagt die Dekanin. Natürlich könne man auch sonst jederzeit kommen und um einen Segen bitten. Aber, so Klusmann: „An einem Tag wie heute geht das dann eben ohne großes Brimborium.“