Maurice Müller ist irritiert: „Was nützt eine Dienstleistung, für die wir bei vier Kindern nicht wenig zahlen, wenn sie nicht nutzbar ist?“ Seine Kritik gilt der Fahrplanänderung beim Schulbusverkehr. So viel vorweg: Müller ist nicht der einzige. Es hagelte Kritik, und so findet bereits in dieser Woche ein Treffen zwischen Überlingens Geschäftsführender Schulleiterin Carmen Kindler und dem Verkehrsverbund RAB im Rathaus statt. Nachbesserungen sollen ausgelotet werden.

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Plötzlich steuerte der Schulbus ihre Haltestelle nicht mehr an

Müllers Familie wohnt in Brachenreute, einem Weiler von Überlingen. Zwei seiner Kinder, sechs und acht Jahre alt, besuchen die Grundschule in Hödingen. Sie waren es gewohnt, dass sie morgens mit dem Bus zur Schule fahren konnten. Seit Fahrplanumstellung Mitte Dezember ist das nicht mehr möglich. Ihre Bushaltestelle in Brachenreute wird auf dieser Linie nicht mehr angesteuert. Ein weiteres Kind muss auf dem Weg zum Gymnasium jetzt plötzlich einen Umstieg mit langen Wartezeiten auf sich nehmen. Und auf dem Rückweg stehen die Grundschulkinder ein weiteres Mal vor einem Rätsel, weil der reguläre Bus in ein Ruftaxi umgewidmet wurde.

Behörde: „Größter Fahrplanwechsel seit 30 Jahren“

Das sind nur drei von zig Ärgernissen im neuen Fahrplan. Wie umfangreich der Fahrplanwechsel ist, der für die Schulbusse am 13. Dezember wirksam wurde, zeigt die Aussage des Landratsamtes Bodensee. Es handelt sich demnach „um den größten Fahrplanwechsel seit 30 Jahren“. Die Elektrifizierung der Südbahn habe ihn nötig gemacht. Weil es auf der Bodenseegürtelbahn zwischen Friedrichshafen und Radolfzell zu Änderungen kam, musste man das Busnetz „zwingend“ anpassen, wie der Sprecher der Kreisbehörde mitteilte.

Laut Landratsamt wurden die Schulen rechtzeitig mit eingebunden

Unter der Regie des Bodenseekreises als Aufgabenträger im Busbereich wurde der Plan zwischen Verkehrsunternehmen und Schulleitungen im Vorfeld abgestimmt. Die Schulen seien „rechtzeitig“ von der Verkehrsgesellschaft RAB über die geplanten Änderungen informiert worden, argumentierte Behördensprecher Robert Schwarz. Eine erste E-Mail datiere vom 27. Juli, eine zweite vom 20. August. Darin sei auf einen Fahrplanentwurf hingewiesen worden, der den gesamten Verkehrsverbund Bodensee-Oberschwaben, also das Bodo-Gebiet, umfasst. Die Rektorate seien dazu „aufgerufen“ worden, den Entwurf zu kommentieren. Ergänzend hierzu seien die Fahrgäste und die Öffentlichkeit zum Schuljahresbeginn am 14. September über die Medien „eingeladen“ worden, die Änderungen zu kommentieren. Diese „Mitwirkungsmöglichkeit“ habe, so der Sprecher des Landratsamtes, „großes Interesse“ gefunden.

Laut Schulleiterin fehlte es an der Aufforderung zur aktiven Mitwirkung

Zum Fahrplanwechsel war die Überraschung und der Ärger dennoch groß. Sowohl bei den Eltern als auch bei den Schulen. Wie die Geschäftsführende Schulleiterin aus Überlingen, Carmen Kindler, betont, seien die Rektorate und Schulträger eben gerade nicht aktiv eingebunden worden. Bei ihr sei lediglich eine „Einladung“ zur Mitgestaltung angekommen, diese sei ohne Aufforderungscharakter formuliert gewesen. Sie erwarte bei so einem umfangreichen Prozess, dass die Beteiligten verpflichtend mit an den Planungstisch gerufen werden. Falls den Schulleitungen nun seitens der Verkehrsunternehmen ein Versäumnis nachgesagt werde, weise sie diesen Vorwurf zurück.

Carmen Kindler, Geschäftsführende Schulleiterin von Überlingen: „Die RAB hat mir zugesichert, dass eine Überarbeitung der Linien ...
Carmen Kindler, Geschäftsführende Schulleiterin von Überlingen: „Die RAB hat mir zugesichert, dass eine Überarbeitung der Linien bereits begonnen habe und man alle Lücken füllen werde, soweit nicht bereits geschehen.“ | Bild: Hilser, Stefan

Kindler übte nicht nur Kritik. Sie übernahm als Geschäftsführende Schulleiterin nun im übertragenen Sinne das Steuer und trifft sich, gemeinsam mit dem Schulträger, mit Vertretern des Verkehrsverbunds RAB, die laut Bodo für nachträgliche Anpassungen zuständig ist.

Treffen zwischen RAB und Geschäftsführender Schulleiterin

Zu diesem Treffen nimmt Kindler die langen Listen an Kritikpunkten mit, die zuvor an den Schulen in Überlingen nach Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler formuliert wurden. Sie enthalten dutzende Kritikpunkte, in denen von übervollen Bussen die Rede ist, von gar nicht mehr fahrenden Bussen, oder von Abfahrtszeiten, die mit den Schulzeiten nicht korrespondieren.

Nachdem die Verkehrsgesellschaften ihrer Bitte auf Nachbesserungen mit der Zusage für ein Treffen innerhalb weniger Tage nachkamen, ist Kindler hoffnungsfroh, wie sie sagt, „dass die Endstation“ noch nicht erreicht ist. Die Verkehrsgesellschaften hätten ihr klar signalisiert, dass es noch Verbesserungsmöglichkeiten gebe. „Die RAB hat mir zugesichert, dass eine Überarbeitung der Linien bereits begonnen habe und man alle Lücken fülle werde, soweit nicht bereits geschehen.“

Grundsätzliche Kritik von Familienvater Müller

Maurice Müller aus Brachenreute ist ein verständnisvoller Charakter. Dass Fahrpläne angepasst werden müssen, sei ihm bewusst. Er erwarte aber eine höhere Verlässlichkeit, wenn es kleine Kinder betrifft. Denn dass ihre Haltestelle nicht mehr angefahren wird, ist nur ein Kritikpunkt. Der andere: Unabhängig von der Frage nach der Bushaltestelle fährt der Schulbus laut Müller nicht mehr direkt bis zur Schule, sondern wendet am Ortseingang von Hödingen, den Rest müssen die Kinder zu Fuß gehen. Für einen Erstklässler ist das eine Herausforderung, im Zweifel eine Gefahr und – so Müller – eine zusätzliche Verunsicherung. Der 41-jährige Heilpädagoge spricht im Namen vieler Familien, wenn er sagt: „Die Kinder haben in dieser Pandemie einen Orden verdient, so gut machen sie alles mit. Aber warum nimmt man ihnen jetzt auch noch dieses Stück Sicherheit?“