Läuft man über den Mantelhafen in die Überlinger Altstadt, fällt auf: Viele Menschen sind mit dem Fahrrad unterwegs. Von Osten her kommend, fahren regelrechte Karawanen in die Münsterstraße ein. Noch dürfen sie 200 Meter auf dem Fahrrad sitzen bleiben. Erst beim Pflummernplatz müssen sie absteigen. Denn das Fahren durch die Fußgängerzone ist verboten, genauso wie an der Promenade. Doch wie viele Radfahrer halten sich auch an diese Regel? Der SÜDKURIER hat nachgezählt. Wobei die Beobachtung natürlich nur näherungsweise mit der möglichen Wirklichkeit an anderen Tagen zu tun haben kann.
Die meisten Radfahrer steigen am Verbotszeichen ab
Ein kurzer Gang durch die Fußgängerzone zeigt: Die meisten Radfahrer steigen hier von ihren Fahrrädern ab, aber erst als sie das große, rote Verbotsschild auf der Straße sehen. Ein älterer Mann bleibt vor dem Verbotszeichen stehen und biegt dann nach rechts in die Gradebergstraße ab. Viele weitere Radfahrer tun es ihm an diesem sonnigen Vormittag gleich. Ein weiterer Mann jedoch ignoriert das prägnant am Boden prangernde Zeichen und fährt, genüsslich nach links und rechts schauend, weiter. Passanten greifen nicht ein. Der Weg führt weiter in Richtung Hofstatt. Gleich zwei Menschen kommen von der Hafenstraße über die Hofstatt mit dem Fahrrad in die Münsterstraße eingebogen. Ein Verbotszeichen gibt es von dieser Seite nicht. Nur das typisch blaue Zeichen, das den Beginn einer Fußgängerzone markiert, gibt einen Hinweis darauf, dass dort nicht mit dem Fahrrad gefahren werden darf. Vielleicht ist es noch nicht Hinweis genug?
An der Promenade sieht es deutlich anders aus
Am Hafen stehen Radfahrer dicht gedrängt beisammen. Auf eine Nachfrage bei einer Frau heißt es: „Wir wollen alle auf die Fähre.“ Ihr Kopf weist in Richtung des gerade anlegenden Schiffs. Wie in einer Industriefabrik spuckt es Fahrradfahrer nach Fahrradfahrer aus, die ihr Rad in Richtung Mantelhafen schieben.
Die Autorin folgt der Masse, um zu sehen, ob sich auch alle an die Regeln halten. Denn auch an der Promenade ist das Fahrradfahren verboten. Am Hafen selbst ist viel los, Fahrradfahren also gar nicht möglich. Beim Eiscafé Veneto lichtet sich der Andrang, die ersten Menschen steigen auf ihr Rad und wollen weiterfahren. Der Hinweis, dass dort das Fahrradfahren aber noch verboten ist, wird mit unverständlichem Gemurmel quittiert. Von ihrem Fahrrad steigen die Angesprochenen nicht ab.
29 Prozent der Radfahrer missachten das Verbot
Ein Zählung soll Klarheit darüber schaffen, wie viele Radfahr-Sünder es an der Überlinger Promenade wirklich gibt. Das Ergebnis der 15-minütigen Zählung: Von 31 Radfahrern haben 21 ihr Rad geschoben, zehn taten es nicht. Rechnet man das in Prozent um, sind das rund 29 Prozent der Fahrradfahrer.
Beim Markt samstags soll es besonders schlimm sein
Ein Mann mit Rollator läuft die Promenade gemeinsam mit seiner Frau entlang. Eine Radfahrerin fährt an ihm vorbei in Richtung Hafen. Er weist sie auf das Fahrverbot hin, sie steigt ab. Wir folgen dem Mann, wollen wissen, warum er die Frau aufgehalten hat, als einziger. „Das mit den Radfahren in Überlingen ist zu einer Katastrophe geworden“, findet der Überlinger, der sich scheut, mit Namen in der Zeitung zu stehen, denn er wisse nicht, was dann passiert. Sein Anliegen will er trotzdem öffentlich los werden, mit dem er vermutlich vielen aus der Seele spricht. Die Frau auf dem Fahrrad habe er angesprochen, damit nicht auf der belebten Promenade versehentlich ein Kind angefahren wird. „Vor allem in der Münsterstraße ist es schlimm. Da schlängeln sich die Radfahrer regelrecht durch die Fußgänger hindurch“, führt er weiter aus. Besonders schlimm sei das samstags, wenn Markt ist, fügt seine Frau an. Also geht es zurück in die Münsterstraße.
Weitere Beobachtungen in der Münsterstraße
Auch dort soll eine 15-minütige Zählung Aufschluss geben. Beim Trinkwasserbrunnen auf der Hofstatt geht die Zählung los. 15 Minuten, genauso lang, wie eben an der Promenade. Menschen, die trotz des Radfahrverbots auf ihrem Rad sitzen gibt es hier in dieser viertel Stunde aber deutlich weniger. Denn von 44 Radfahrern, stiegen nur drei nicht ab. Ein älterer Mann fährt zwar noch einige Meter auf der Münsterstraße entlang, steigt aber dann auch von seinem Rad. Eine Wiederholung am westlichen Ausgang der Münsterstraße ergibt ein ähnliches Bild. Denn auch hier halten sich die Fahrrad-Sünder in Grenzen. Von 29 Radfahrern schoben 23, weitere fünf blieben auf ihren Rädern sitzen. Einer fuhr mit einem Fuß auf dem Pedal und einem in der Luft schwebend durch die Fußgängerzone. Wie das in die Wertung einfließen soll, ist fraglich.