Der letzte Glockenschlag ist gerade verhallt, als der fanfarenartige Beginn der „Kleinen Nachtmusik“ das Publikum vom ersten Ton an mitreißt. Von Mozart einst für ein Streicherensemble komponiert, erklingt der Klassiker mit Klavier und Marimbaphon fremd und vertraut zugleich. Vier Schlägel auf einmal lässt Yu Fujiwara über die Holzklangstäbe tanzen, während Elli Freundorfners Finger perlend über die Klaviertasten gleiten. Im schlichten, hellen Kirchenschiff der Überlinger Auferstehungskirche lenkt nichts von den beiden Künstlern ab, die im Zusammenspiel perfekt harmonieren. „Super!“, entfährt es einem Zuhörer, als der letzte Takt verklungen ist.
Musikalische Weltreise
Was Freundorfner in ihrer Begrüßung bescheiden als „kleines gemütliches Kammermusikkonzert“ ankündigt, erweist sich als musikalische Reise rund um die Welt und quer durch die Epochen: Die vielfältige Werkauswahl bietet etwas für jeden Geschmack. Bei den gefühlvoll-melancholischen „Gnossiennes“ von Satie, solo vorgetragen von Freundorfner, lauschen nicht wenige Zuhörer mit geschlossenen Augen, um sich ganz dem Klangerlebnis hinzugeben. Fujiwara zeigt mit zwei Stücken von Živković, dass er seinem Schlaginstrument sowohl sachte intonierte Liebeslieder als auch arabische Klänge entlocken kann.
Der Diplomschlagzeuger hatte ab dem Alter von vier Jahren Instrumentalunterricht. „In Deutschland ist das Marimbaphon sehr selten, in Japan aber verbreitet“, erklärt er. Nach seinem Studium zog es ihn nach Deutschland, wo ihn die Ausbildungsqualität, die beruflichen Möglichkeiten und die künstlerische Vielfalt reizten. „Den einen Professor wollte ich unbedingt“, erinnert sich der 41-Jährige an seinen Fokus, einen begehrten Studienplatz an der Musikhochschule in Trossingen zu erhalten. Im Studentenwohnheim begegnete er Freundorfner, mit der er seitdem auf eine 16-jährige Freundschaft zurückblicken kann.

Perfektes Zusammenspiel
So genügt beiden der kurze, wiederkehrende Blickkontakt, um ihr ungewöhnliches und dennoch vorzüglich harmonierendes Zusammenspiel exakt aufeinander abzustimmen. Gemeinsam entführen sie das Publikum mit zwei Werken von de Falla in die Hitze Spaniens, laden zum Mitwippen ein, mit Joplins beschwingtem „Palm Leaf Rag“ und meistern mit beeindruckender Verve den „Hummelflug“ von Rimski-Korsakow. Um die sphärisch-eindringlichen Klänge von Chick Coreas „Children‘s Songs“ zu intonieren, wechseln die beiden Musiker ans E-Piano und Vibraphon.
Das Zusammenspiel der beiden ergab sich jedoch erst in den letzten Jahren: „Sie wusste, was ich mache und dass ich schreibe“, sagt Fujiwara über seine gleichaltrige Duettpartnerin. Als erfahrener Orchestermusiker habe er bereits in verschiedenen Besetzungen gespielt und anlässlich eines Kulturkongresses seien sie das erste Mal gemeinsam auf der Bühne gestanden. Freundorfner ergänzt, dass sie sich bei Auftrittsanfragen zunächst gegenseitig mit ins Boot geholt hätten und nun auch mit ihrem stets adaptierten Programm gefragt seien.
Lehr- und Konzerttätigkeit beflügeln sich gegenseitig
Gemeinsam ist beiden, dass sie nicht nur Konzerte geben, sondern auch unterrichten. Während Fujiwara in Radolfzell tätig ist, arbeitet Freundorfner an der Salemer Musikschule. „Mich inspiriert es, wenn ich die Freude an der Musik weitergeben kann“, offenbart die 41-Jährige. Zu musizieren bedeute für sie, sich kreativ auszuleben, und das wolle sie auch ihren Schülern weitergeben: „Bei einem Konzert teilt man, was man beim Musizieren fühlt. Dadurch wächst man als Mensch, wenn man sich traut.“ Daher möchte sie weder das Auftreten noch das Unterrichten missen, da sich beides gegenseitig bereichere. Fujiwara sieht das ähnlich: „Es ist wichtig, beide Seiten gut zu entwickeln.“ So könne er den Schülern seine Erfahrungen weitergeben und zeigen, was es bedeute, auf der Bühne zu stehen.

Abwechslungsreichtum begeistert das Publikum
Humor und der Spaß am Tun verbindet die beiden ebenfalls: Mit Andersons „Sandpaper Ballet“ beweist das Duo, dass auch Alltagsgegenständen Musik entlockt werden kann. „Das ist ein Geräusch, das jeder von uns leider kennt, aber nicht in solch einem tollen Rhythmus“, kündigt Freundorfner augenzwinkernd Fujiwaras Einsatz mit Schleifpapier an. Auch zum Glockenspiel greift der Perkussionist: Tschaikowskis „Tanz der Zuckerfee“, den der 41-Jährige wie die meisten Konzertbeiträge selbst arrangiert hat, bildet den adventlichen Abschluss des Programms. Zwei Zugaben erklatscht sich das begeisterte Publikum und wird mit Andersons „Forgotten Dreams“ stimmungsvoll verabschiedet.

„Das war superschön und eine Kombi, die man selten hört“, ist Silke Schick überwältigt. Dass sie mit Gerd Bauer auf das Konzert aufmerksam wurde, sei einem Zufall zu verdanken: „Ich arbeite im Münster als Restauratorin“, erzählt die Metzingerin. Im Zuge eines Stadtbummels hätten sie sich mittags die Auferstehungskirche angesehen und dabei das Plakat bemerkt. Auch Bauer lobt den unvorhergesehenen Konzertgenuss: „Es war ganz toll – die zwei passen absolut super zusammen.“