Die Fronten um den geeigneten Standort für ein Hospiz im Raum Überlingen sind verhärtet. Direkt in Überlingen will die vor elf Jahren gegründete Ernie-Schmitt-Stiftung ein Hospiz bauen. Sie hält an diesem Standort eisern fest. Parallel dazu gibt es eine zweite Initiative: Der Förderverein Hospiz Linzgau plant in Owingen den Bau eines Hospizes, mit finanzieller Unterstützung durch den Rotary-Club. Als der Verein Anfang Dezember seine schon sehr konkret klingenden Pläne öffentlich vorstellte, fühlte sich die Ernie-Schmitt-Stiftung vor den Kopf gestoßen. Sie reagierte nun mit einer Presseerklärung, in der sie den Rotary-Club hart angeht.

Der Reihe nach: Bei einem Pressetermin im Dezember zeigte sich der Förderverein Hospiz Linzgau zuversichtlich, dass mit dem Bau schon bald begonnen werden könne. Eine Bauvoranfrage sei bereits positiv beschieden worden, hieß es bei dem Pressegespräch mit Vereinsvorsitzendem Pfarrer Bernd Walter. Ein Grundstück stehe ihnen zur Verfügung, Geld stelle der Rotary-Club zur Verfügung, mit potenziellen Betreibern gebe es gute Gespräche. Bürgermeister Henrik Wengert zeigte durch seine Teilnahme an dem Pressegespräch sein Interesse.
Zweite Planung ganz in der Nähe
Auch die Ernie-Schmitt-Stiftung steht nach eigenen Worten in den Startlöchern. Inzwischen hätten sie vom Spitalfonds der Stadt Überlingen ein Baugelände in Aussicht gestellt bekommen, unterhalb des Krankenhauses. Aus ihrer Sicht ist dies der bessere Standort, weil mit ÖPNV besser erreichbar, und weil es eine Anbindung an das Krankenhaus und das künftige Pflegezentrum der Stadt gebe. Oberbürgermeister Jan Zeitler unterstütze sie dabei.
Nachdem die Owinger Initiative im Dezember an die Öffentlichkeit gegangen war, reagierte die Ernie-Schmitt-Stiftung nun mit deutlicher Ablehnung gegen den dortigen Standort. „Wir sind der Auffassung, dass man totkranke Menschen nicht ins Hinterland verbringen sollte“, heißt es in einer Presseerklärung der Ernie-Schmitt-Stiftung.

Dass der Rotary-Club, beziehungsweise der neu gegründete Förderverein Hospiz, mit ihrer Planung schon so weit fortgeschritten sind, hatte die Stifterin offensichtlich überrascht. „Davon hat die Ernie Schmitt Hospizstiftung erst jetzt erfahren müssen“, heißt es in einem Pressetext, den Gundolf Weibel, Mitglied im Stiftungsvorstand, in Absprache mit Ernie Schmitt am 29. Dezember verfasst hat. Man fühle sich „umgangen“. Die Stiftung greift den Rotary-Club in ihrem Pressetext hart an mit den Worten, dass es ihm wohl mehr um Prestige als um die Betreuung von todkranken Menschen gehe und die Ernie-Schmitt-Stiftung als Störfaktor empfunden werde.
Rotary-Club offen für eine Kooperation
Der Rotary-Club hatte im Vorfeld anderes signalisiert: „Wir sind offen für eine Kooperation – auch jetzt noch“, bekräftige Helmut Spaeter vom Rotary-Club in einem Pressegespräch im Dezember gemeinsam mit Pfarrer Walter. Der Rotary-Club habe sich in der Vergangenheit vergeblich um eine gemeinsame Lösung mit der Stiftung bemüht. Konkurrenzdenken sei ihnen fern. Ihnen gehe es um die Sache und um eine möglichst rasche Realisierung an einem Standort, den die Fachleute für geeigneter hielten.
Auf telefonische Nachfrage bekräftigte Vorstandsmitglied Gundolf Weibel: „Die Fronten, was den Standort betrifft, sind verhärtet. Unser Wunsch ist es aber nach wie vor, dass man zusammengeht.“ Ihre Finanzierung am Standort Überlingen weise zwar noch „eine Lücke“ auf, „ein beträchtlicher Teil, etwa die Hälfte“, sei aber finanziert. Sie seien weiterhin auf Spenden angewiesen. Das Eigenkapital der Ernie-Schmitt-Stiftung liege momentan „bei etwas über zwei Millionen Euro, wachsend“. Die Stiftung erwarte noch eine Großspende in Millionenhöhe. Wie Weibel sagte, „versucht der Rotary-Club, diesen Spender für sich zu requirieren, er bleibt aber bei uns“.

Rechtsanwalt Hans-Peter Wetzel war Mitbegründer der Ernie-Schmitt-Stiftung, zuletzt hatte er das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden inne. Doch legte er sein Amt nieder, „weil ich über bestimmte Vorgänge nicht mehr informiert worden bin“. Er kreidet der Stifterin an, dass sie nicht bereit sei, über einen anderen und in seinen Augen realistischeren Standort zu verhandeln, zu dem Fachleute schon länger rieten. Er wisse auch von keiner Spende, die an die Bedingung geknüpft sei, dass das Hospiz unbedingt direkt in Überlingen entstehen muss.