Er sei „geschockt“, wie schnell sich ein Feuer in der historischen Altstadt von Überlingen ausbreiten kann. Und er sei froh zu sehen, wie die Feuerwehr die Lage in den Griff bekam. Herbert Dreiseitl wohnt in der Altstadt, einen Steinwurf von dem Haus entfernt, das am Mittwoch lichterloh brannte.
Gegen 21 Uhr wird Alarm geschlagen. Dreiseitl ist auf dem Heimweg, als er einen Lichtschein sieht und das Knistern hört. Erste Kräfte der Feuerwehr sind bereits vor Ort, Dreiseitl nutzt sein Handy und filmt. Zu sehen ist, wie ein Teil des Dachstuhls brennend auf die Hofstatt kracht.
Sorge um Bewohner
Ein anderes Video, das der Hausmeister des historischen Rathauses, Uwe Stett, aus einer etwas höher gelegenen Perspektive aufnimmt, macht die Dramatik deutlich. Man blickt voll auf den in Flammen stehenden Dachstuhl, eine Frau spricht: „Jesus, Maria und Josef, bitte, bitte lass da keinen Menschen mehr drin sein.“
Die Bitten werden erhört. Tatsächlich gelingt es, die betroffenen Wohnhäuser rechtzeitig zu evakuieren. Wie die Polizei berichtet, werden fünf Menschen obdachlos, zwei aus dem am meisten betroffenen Gebäude, drei Bewohner aus den beiden Nachbarhäusern, die ebenfalls stark beschädigt sind.
Keine Verletzten
Es gibt keine Verletzten. Auch niemand von der Feuerwehr kommt zu Schaden. Die ehrenamtlichen Feuerwehrleute, so die Beobachtung des Altstadtbewohners Dreiseitl, kämpfen sich mutig in das Brandobjekt vor, um das Feuer von innen zu löschen. Sie setzen sich der Gefahr aus, von einem herabfallenden Balken erschlagen zu werden. Zum Schutz der Altstadt gehen sie dieses Risiko ein.
Lob an Feuerwehr
„Gut zu wissen, dass wir eine funktionierende Feuerwehr haben“, sagt der Landschaftsarchitekt Dreiseitl. Der neue Überlinger Feuerwehrkommandant, Ludwig Ehing, habe mit diesem Einsatz seine Bewährungsprobe gut bestanden.

Schnelle Ausbreitung
Ein weiterer Bewohner der Altstadt, Gastwirt Michael Jeckel, beobachtet die Löscharbeiten von seinem Schlafzimmer aus, von dem er über die Dächer Überlingens blickt. Das Video, das seine Frau Monika Pfoh dreht, zeigt, wie schnell sich das Feuer ausbreitet. Zu sehen sind Feuerwehrmänner im Korb der Drehleiter. Während sie das Löschwasser auf das erste Gebäude richten, brennt plötzlich das Dach des Nachbarhauses. Sie richten den Löschstrahl auf die neuen Flammen und halten das Feuer in Schach.
Zweite Drehleiter
Mittlerweile ist auch die Drehleiter der Feuerwehr aus Uhldingen-Mühlhofen im Anmarsch. Die Überlandhilfe funktioniert. Mit vereinten Kräften und viel Löschwasser gelingt es, eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Jeckel: „Das hätte ein Desaster werden können.“ Überlingen habe Glück im Unglück gehabt, dass es windstill war und es keinen Funkenflug gab.

Wie die Polizei sagt, könne man zu einer möglichen Brandursache noch keine Angaben machen. Den Schaden schätzt die Polizei auf rund zwei Millionen Euro. Das Gebäude Hofstatt 14 sei „nahezu komplett zerstört“, auch die angrenzenden Häuser mit den Nummern 12 und 10 seien „schwer beschädigt worden“.

„Gegen 22.45 Uhr war der Brand weitgehend unter Kontrolle“, teilt die Polizei mit. Wobei die Feuerwehr, die mit insgesamt 108 Frauen und Männern ausrückte, bis zum nächsten Morgen Nachlöscharbeiten leistete.
Brandschutz überprüfen
Dreiseitl und Jeckel sind Altstadtbewohner aus Überzeugung. „Ich wohne gerne da“, sagt der Wirt vom Galgenhölzle. „Es ist gut, wenn Altstädte heutzutage noch bewohnt werden.“ Früher, als es noch keine Drehleitern gab, hätte sich in so einem Fall wohl ein Lauffeuer entwickelt, mit katastrophalen Folgen, wie Landschaftsarchitekt Dreiseitl schätzt.

Er kommt ins Grübeln: „Man denkt jetzt über den eigenen Brandschutz noch einmal neu nach. Wir haben Feuermelder und Feuerlöscher im Haus, wir sollten in unserer Hausgemeinschaft das Thema sicherheitshalber aber noch einmal besprechen.“