Sie hat Villen, Wein und Martin Walser. Stollen, See und Sandsteinfelsen. Türme, Tobel und Schwertletänzer. Aber das beschreibt noch nicht das Wesen dieser Stadt und ihrer Bürger. Was ist also typisch Überlingen? Und wie ist der typische Überlinger? In diesem Artikel werden darauf Antworten gegeben – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Mundart-Experte: „Die Überlinger sind allefänzig“

Mundart ist Identität und gehört für ihn einfach hierher, sagt Wolfgang Lechler. Der 62-Jährige beschäftigt sich seit rund 40 Jahren mit dem See-Alemannischen und hat ein Buch darüber verfasst. „Typisch Überlingen ist für mich das See-Alemannische“, sagt er.
Laut Lechlers Schätzungen verstehen und sprechen noch etwa rund 1800 Überlinger den lokalen Dialekt – Tendenz rückläufig. „Das liegt daran, dass die Überlinger heute mobiler sind als in früheren Zeiten“, sagt er. „Sie ziehen weg und andere kommen dafür her.“
Und wie ist der typische Überlinger? „Er ist manchmal ein wenig allefänzig, also widerborstig und eigensinnig“, sagt Lechler. „Man ist erst mal gegen etwas, später kann man immer noch dafür sein.“ Auch bei Zugezogenen seien die Überlinger skeptisch. „Ganz egal, ob aus Hamburg, Berlin oder Horb.“
Hänselevater: „Der Überlinger ist geradlinig und direkt“
Für Uwe Wolfensperger ist natürlich die Fasnet typisch für Überlingen. Das wundert nicht: Er ist fast sein Leben lang Hänsele und seit November 2022 Hänselevater. Zur Überlinger Fasnet gehören Traditionsveranstaltungen wie das Einschnellen, der Umzug am Schmotzigen Dunschtig oder auch der Hänselejuck, erklärt er.
Typisch für seine Heimatstadt sei auch, dass die Fasnet in den eigenen Stadtmauern bleibe. „Viele andere Zünfte beteiligen sich bei Narrentreffen an unterschiedlichen Orten“, sagt Wolfensperger, „wir aber nicht.“
Und wie ist der typische Überlinger? „Traditionsverbunden, in seiner Stadt verwurzelt und in mehreren Vereinen aktiv“, antwortet er. „Er ist sehr geradlinig und direkt.“
Stadtarchivar: „Den typischen Überlinger gibt es nicht“

Stadtarchivar Walter Liehner kennt seine Stadt auswendig und kann an jeder Straßenecke eine Geschichte erzählen. Typisch Überlingen sei für ihn die alte Stadtmauer, die bis heute gut erhalten ist. „Dazu kommt der Gallerturm, der im 16. Jahrhundert das Nonplusultra der Verteidigungstechnik war“, sagt er.
Doch das ist nicht alles: Typisch sind für ihn auch die erhaltenen Patrizierhäuser wie an der Grabenstraße, Feierlichkeiten wie die Schwedenprozession, die hohen Giebelbauten als ehemalige Kornspeicher oder sein Arbeitsort, die ehemalige Stadtkanzlei am Münsterplatz. „Das ist sogar mein Lieblingsgebäude in der Stadt.“
Und wie ist der typische Überlinger? „Den ‚typischen Überlinger‘ gibt es nicht“, antwortet Liehner. Traditionell habe es eine durchmischte Bevölkerung aus Landwirten, Kaufmännern oder Weinhändlern gegeben. Später kam das Bürgertum auf und die Stadt öffnete sich für den Fremdenverkehr. Doch eines kann er sagen: „Überlingen war immer offen für Auswärtige, sonst hätte die Stadt wohl nie überlebt.“
Und was denken Sie?
Was macht für Sie Überlingen aus? Was haben Sie für Erfahrungen oder Emotionen, die Sie mit der Stadt verbinden? Schreiben Sie es uns unter: ueberlingen.redaktion@suedkurier.de.