Der April stellt Rekordtemperaturen auf. Mehr als 30 Grad wurden schon Anfang des Monats in Teilen Baden-Württembergs gemessen. Am Bodensee waren es immerhin um die 25 Grad. Dafür ist laut Deutschen Wetterdienst auch der Klimawandel verantwortlich. Durch ihn sei es hierzulande allgemein wärmer geworden. Passanten in Überlingen reagieren zwiegespalten – einige freuen sich über den verfrühten Sommer, anderen bereitet der Klimawandel große Sorgen.
Günter Bok will „das Beste draus machen“
Der 81-jährige Günter Bok aus Frickingen hat keine Probleme, das Wetter zu genießen. Er mache sich nicht zu viele Gedanken über den Klimawandel, da er selbst daran sowieso nichts ändern könne, sagt er. Bok geht mit seiner allgemeinen Lebenseinstellung an die Sache: „Man soll das Beste daraus machen.“
Entschieden anderer Meinung ist Klaus Wörner aus Überlingen. Er ist Mitglied bei Überlingen Zero – eine Gruppe, die dazu beitragen will, Überlingen schnellstmöglich klimaneutral zu machen. Wörner kann das Wetter angesichts des Klimawandels nicht sorglos genießen oder sich darüber freuen. „Ich habe immer im Hinterkopf, wie sich die Situation entwickelt und in einem, zwei oder zehn Jahren aussieht“, so der 63-jährige Architekt. Er engagiert sich vor allem für die jungen Leute, so sagt er. Ihm gehe es um ihre Zukunft.
Margot Welsch-Campbell (64) und Bärbl Neuendorf (64) sind Urlauberinnen aus Berlin. Welsch-Campbell spüre, dass es zu schnell zu warm geworden ist, sagt sie. Auch ihre Begleiterin bemerkt einen klaren Unterschied zu früher. Als sie ein Kind war, sei es merklich kühler gewesen, im Sommer maximal 28 Grad, so Neuendorf.
Veronika Schwan-Michel, ehemalige Therapeutin aus Überlingen, kann sich zwar über das Wetter freuen. Trotzdem mache sie sich auch Sorgen wegen der Klimaerwärmung, sagt sie. Maßnahmen wie die der Aktivisten der Letzten Generation findet sie wiederum zu extrem. Diese sind insbesondere durch Verkehrsblockaden oder Anschläge auf Kunst und Gebäude bekannt geworden. Im Oktober 2023 sprühten sie beispielsweise den Eingang der Universitätsbibliothek Freiburg mit orangener Farbe an.
Schwan-Michel fühle sich am Klimawandel mitschuldig, da sie in ihrem Leben viel geflogen sei. Weiter erzählt die 78-Jährige von Hildegard von Bingen, die 1098 eine Vision für unsere Zeit gehabt haben soll. „Sie sah, dass die Elemente schreien und nun zurückschlagen. Nur die Reue kann noch helfen“, sagt Schwan-Michel.
Allergiker haben es schwerer
In vollen Zügen kann Helena Niedermeyer das Wetter genießen. Sie mache sich wenig Gedanken über den Klimawandel, sagt die 30-Jährige. Allerdings ist Niedermeyer Allergikerin und berichtet von ihrem Heuschnupfen, der seit dem vergangenen Jahr sehr viel schlimmer geworden sei. Das hat laut Experten der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst nicht nur damit zu tun, dass momentan viele Pflanzen gleichzeitig blühen. Eine weitere Folge des Klimawandels sei, dass Pollen mehr Allergene freisetzten.
„Ich kann das Wetter total genießen“, sagt auch Kirsten Grauhan aus München. Sie genießt die schöne Landschaft des Bodensees und sieht eine Energiequelle darin. Andererseits ist ihr der Klimawandel bewusst: „Es ist immer ein wenig Wehmut dabei, die die Euphorie über das Wetter dämpft“, sagt die Betriebswirtin. Sie ist außerdem Anhängerin der Gemeinwohl-Ökonomie – eine Gruppe, die sich unter anderem für eine ökologisch nachhaltige Wirtschaft einsetzt.