Jahrzehntelang war die Papierfabrik Albbruck (PFA) ein gesundes Unternehmen. Im August 2011 übernahm der finnische Konzern UPM die Anlage in Albbruck. Vier Wochen später kündigte der Konzern die Schließung an. Im Januar 2012 kam das endgültige Aus – die Fabrik wurde geschlossen, um Überkapazitäten am Markt abzubauen. Im Mai 2012 ging das Fabrikareal in den Besitz der bayerischen Karl-Gruppe über, die den Rückbau der Anlagen einleitete.

Mit der Schließung der PFA verloren die 557 Mitarbeiter ihren Job. Alle waren fassungslos, niemand hatte damit gerechnet. Auch als am 16. September 2011 fast 4000 Menschen gegen die Schließung demonstrierten, zeigte das keine Wirkung. „Für den finnischen Konzern war es nur ein kleiner Federstrich, uns traf es mitten in Herz“, so äußerte sich damals der Albbrucker Bürgermeister Stefan Kaiser. „Albbruck und die Papierfabrik, das gehörte über Generationen zusammen, der Ort ist um die Fabrik gewachsen“, so der Rathaus-Chef.
Produktionszahlen klettern in die Höhe
In den 70er Jahren, standen die Signale auf Grün. Die Produktionszahlen kletterten von Jahr zu Jahr in die Höhe und die Anlagen wurden ständig dem neuesten Stand der Technik angepasst. Der Betrieb lief rund um die Uhr in vier Schichten, das Geschäft mit dem Papier boomte. Die Zahl der Mitarbeiter erreichte Ende der 70er Jahre mit 848 Personen ihren Höchststand. 1970 feierte die PFA ihr 100-jähriges Bestehen.
Die folgenden Jahre standen im Zeichen der Expansion. 1970 wurden die neue Papiermaschine 7 installiert und vier neue MIAG Presseschleifer aufgestellt. 1976 wurden die neue chemisch-mechanische Kläranlage in Betrieb genommen und ein neuer Sortierquerschneider, der „Bielomatik 1“, aufgestellt. 1977/78 erfolgte der Umbau des Werkstattgebäudes und der Neubau des Labor- und Feuerwehrgerätehauses.

Am 1. Januar 1978 ging die Papierfabrik Mochenwangen bei Ravensburg in den Besitz der Papierfabrik Albbruck über. Aber auch die PF Mochenwangen wurde inzwischen dicht gemacht, hier kam das Aus im Dezember 2015. 1979 wurde mit dem Einbau von zwei neuen Voith-Stetig-Schleifern die Schleiferei ein zweites Mal erweitert. Auch ein gutes Miteinander zeichnete die Fabrik aus: Bei den Mitarbeitern sprach man von „eusi Papieri“, unsere Papierfabrik. Die Kraftwerksanlage mit ihrem markanten, 72 Meter hohen Turm, die auch heute noch das Fabrikareal dominiert, wurde 1929 erbaut. Er steht noch, weil die Karl-Gruppe noch immer hofft, einen Käufer für die Anlage zu finden.
Die Geschichte
Das Jahr 1870 gilt als Gründungsjahr der Papierfabrik Albbruck. 1872 wurde die Holzschleiferei in Betrieb genommen, um mit dem Holzschliff andere Fabriken zu beliefern. Bereits 1873 kletterte die Produktion auf jährlich 1100 Tonnen. 1880 lief die Papierproduktion an, mit Holz, das aus dem Südschwarzwald angeliefert wurde. Ein Markstein war es, als 1910 die „Freiburger Zeitung„ als erste Zeitung im Rotations-Tiefdruckverfahren aus Tief-Druckpapier der PFA hergestellt wurde.
Zuvor stand auf dem gleichen Gelände ein Eisenhüttenwerk, das 1684 in Betrieb ging. Die Wasserkraft der Alb und der Holzreichtum des Hotzenwaldes waren entscheidend für die Wahl des Standortes. Das Eisenerz wurde aus dem Klettgau und aus der Schweiz angeliefert. 1806 kam die Hütte in badischen Besitz und wurde zum führenden badischen Eisenwerk ausgebaut.

Ein interessantes Detail aus dieser Zeit: Da die Eisenwerkssiedlung Albbruck keine Gemeindestatus hatte, blieben den Arbeitern das Bürgerrecht, die Heiratserlaubnis und Unterstützung in Notfällen versagt. Wer sich nicht an die Regeln hielt, musste damit rechnen, vom Großherzogtum mit einem Schiffsbillet nach Amerika abgeschoben zu werden. Die ledigen Mütter stellte man vor die Wahl: Arbeitshaus oder Auswanderung. Vielleicht war das der Grund, warum später in der Papierfabrik die Gründung einer Betriebskrankenkasse (1874) und einer Unfallversicherung (1878) einen so hohen Stellenwert hatte.
Nachteilig wirkte sich der Bau der Eisenbahnstrecke Basel-Waldshut (1854 bis 1856) auf die Eisenhütte aus. Jetzt konnte Eisen billiger und in besserer Qualität aus Norddeutschland bezogen werden, wo das Eisenerz per Steinkohle verhüttet wurde. Damit war das Werk in Albbruck nicht mehr konkurrenzfähig.

„Schließung für unmöglich gehalten“
Karl-Heinz Walde (76) aus Oberalpfen arbeitete 37 Jahre, von 1970 bis 2007, in der Papierfabrik Albbruck. Er blickt auf diese Zeit zurück und erklärt, warum er gerne dort gearbeitet hat.
Herr Walde, wie sind Sie zu 1970 Ihrem Job in der Papierfabrik Albbruck gekommen?
Im Dezember 1970 wurde die neue PM 7 in Betrieb genommen. Da wurden Arbeitskräfte gesucht. Weil ich mit meinem alten Arbeitsplatz nicht zufrieden war, habe ich in Albbruck vorbeigeschaut und sofort einen Arbeitsvertrag bekommen.
Was hat Sie an der Arbeit in der Papierfabrik gereizt?
In der Papierfabrik wurden gute Löhne gezahlt und es wurde in Schichtbetrieb gearbeitet. Das bot mir die Möglichkeit, genügend Zeit für unsere Landwirtschaft und die Mühle abzuzweigen. Auch für viele andere Nebenerwerbslandwirte war das ein Grund, in der PFA zu arbeiten.
Brauchten Sie keine spezielle Ausbildung?
Nein, als Maschinengehilfe war das nicht notwendig. Ich war immer am gleichen Arbeitsplatz, an der Verladestation. Da reichten ein paar Tage, um mich einzuarbeiten.
Wie war die Stimmung im Betrieb?
Für mich waren die Stimmung und die Arbeit okay, für die meisten anderen auch, aber es gibt natürlich immer auch Leute, die nie zufrieden sind.
Konnten Sie nachvollziehen, warum 2011 das Aus für die Papierfabrik Albbruck kam?
Eigentlich nicht, denn es wurden ja keine roten Zahlen geschrieben. Auch meine Kollegen, die bis zuletzt da waren, haben noch acht Tage vorher eine Schließung für unmöglich gehalten. „Das kann nicht sein, das funktioniert nicht“, war die allgemeine Überzeugung. Außerdem war ja der Bau einer neuen Papiermaschine, die PM 8 in Planung. Alle waren fassungslos.