Die Sozialstation St. Martin in Bad Säckingen feiert im November ein besonderes Jubiläum: Vor 50 Jahren wurde sie als erste Sozialstation im Landkreis Waldshut gegründet. Aus kleinen Anfängen entstand seither ein Pflege- und Betreuungsdienst, der heute eine Vielzahl von Aufgaben erfüllt.

Welchen weiten Weg die Sozialstation hierbei zurücklegte, illustriert eine Anekdote aus den Gründerjahren des Dienstes: Deren erste ehrenamtliche Leiter, der 2024 im Alter von 98 Jahren verstorbene Hermann Zwiebelhofer, und Diakon Bernhard Gerstle begannen 1974 im wahrsten Sinne des Wortes bei null, mussten sie doch zur Zahlung der ersten Löhne für ihre Mitarbeiter einen Kredit aufnahmen – und ihre Privathäuser bei der Bank als Sicherheitsleistung einbringen.

Fast 150 Mitarbeiter sind im Einsatz

Heute sind im Einzugsbereich der Sozialstation St. Martin in den Gemeinden Bad Säckingen, Wehr, Rickenbach, Herrischried und Görwihl 142 Mitarbeiter tätig: 79 in der klassischen Pflege und Betreuung durch den Dienst, 10 im Aufgabenfeld Caritas Young Care in der häuslichen Kinder- und Intensivpflege, 20 für das den Bereich Essen auf Rädern sowie 15 in der Tagespflege in Öflingen und 7 in Segeten. Hinzu kommen sieben Auszubildende und vier Mitarbeiter in der Verwaltung.

Die Sozialstation St. Martin bei der Heilig Kreuz-Kirche in Bad Säckingen feiert ihr 50-jähriges Jubiläum.
Die Sozialstation St. Martin bei der Heilig Kreuz-Kirche in Bad Säckingen feiert ihr 50-jähriges Jubiläum. | Bild: Alexander Jaser

Grundlage ihrer Arbeit bildet die einst bei den Pfarrämtern angesiedelte Gemeindepflege durch katholische Ordensschwestern oder protestantische Diakonissinnen, die sich in den 1960er und 1970er Jahren schrittweise aus der Gemeindepflege zurückzogen. Um die entstehende Lücke in der ambulanten Pflege zu schließen, gründete der Landkreis Waldshut als ersten Verein 1974 die heutige Sozialstation St. Martin Bad Säckingen, die 1991 in kirchliche Trägerschaft überging.

In kurzer Folge wurden mit fachlicher Beratung der Caritas weitere Dienste gegründet: die Sozialstation Klettgau-Rheintal, die Station Oberes Wutachtal in Bonndorf und die Sozialstation St. Blasien, darüber hinaus St. Verena in Waldshut-Tiengen und schließlich die Sozialstation Heilig-Geist in Laufenburg. Finanziert wurden diese bis 1994 vom Landkreis Waldshut, den Kommunen, der Kirche und den Krankenkassen.

Die rote Flotte – Markenzeichen der Sozialstation St. Martin in Bad Säckingen.
Die rote Flotte – Markenzeichen der Sozialstation St. Martin in Bad Säckingen. | Bild: Alexander Jaser

Stand in den ersten Jahrzehnten der Fürsorgegedanke im Mittelpunkt der Arbeit der Pflegedienste, erhob die Einführung der Pflegeversicherung 1994 und die Zulassung privater Pflegedienste den Effizienzgedanken zur maßgeblichen Maxime. Die Sozialstationen mussten sich der Konkurrenz auf dem freien Markt stellen.

Sozialstationen wollen hochwertige Pflege bieten

Zugleich, so Caritas-Geschäftsführer Rolf Steinegger, galt es, „die eigenen Leitideen zu retten: Daseinsvorsorge, Versorgungssicherheit und qualitativ hochwertige Pflege. Für uns keine leichte Aufgabe, denn wo es ländlich wird, kann Pflege schwierig und kostenintensiv werden, gilt es hier doch weite Wege zu bewältigen. Dennoch haben die Sozialstationen im Landkreis Waldshut bis heute überlebt, während manch privater Pflegedienst schließen musste und wir dessen Aufgaben schultern müssen“, erklärt er.

Rolf Steinegger ist bei der Caritas Hochrhein verantwortlich für die Sozialstationen im Landkreis Waldshut.
Rolf Steinegger ist bei der Caritas Hochrhein verantwortlich für die Sozialstationen im Landkreis Waldshut. | Bild: Alexander Jaser

Auch aus diesem Grund wurden die katholischen Sozialstationen im Landkreis sowie die Sozialstation Rheinfelden 2012 in einer gemeinnützigen GmbH in Waldshut-Tiengen zusammengeschlossen. Einzig die Sozialstation Klettgau-Rheingau ging diesen Weg nicht mit. Dabei legt Steinegger Wert darauf, dass alle Sozialstationen der gGmbH weiterhin „selbstständig arbeitende und wirtschaftende Pflegedienste sind.“

Der barmherzige Samariter als Vorbild

Besondere Motivation und Kraft ziehen die Sozialstationen laut Steinegger aus dem biblischen Gleichnis vom barmherzigen Samariter. „Wir sagen, der barmherzige Samariter war nicht für den Verletzten am Straßenrand zuständig, dennoch hat er sich aus einer inneren Haltung heraus gesagt, hier muss ich helfen.“ Auf die heutige Zeit übertragen heißt dies für Steinegger: „Auch wenn wir als ambulante Pflegedienste nicht mehr alles leisten können, machen wir jedem, der Hilfe benötigt, ein Angebot, welches ihm hilft.“

Finanziell unterstützt würden die kirchlichen Sozialstationen für diesen besonderen Pflegeanspruch bis heute durch die Kirchen und Kommunen: „Den Sozialstationen ist der Mensch wichtig. Weil sie auch weite Wege gehen, geben ihnen Kirche und Kommunen einen Obolus. Sie haben erkannt, dass der Markt eben doch nicht alles regelt.“ Insgesamt, so Steinegger weiter, würden 95 Prozent aller Kosten von der Pflege- und Krankenversicherung getragen.

Die Vielzahl der Aufgaben bei der Sozialstation St. Martin in Bad Säckingen muss von den Mitarbeitern exakt geplant werden. Hier (v.l.) ...
Die Vielzahl der Aufgaben bei der Sozialstation St. Martin in Bad Säckingen muss von den Mitarbeitern exakt geplant werden. Hier (v.l.) Bereichsleiterin Gerlinde Zittlau und Pflegerin Manuela Blümlein. | Bild: Alexander Jaser

Die kommenden Jahre bringen große Herausforderungen mit sich

Mit dem Blick auf die kommenden Jahre erklärt Steinegger: „Noch können wir alle Patienten versorgen, denn wir haben relativ wenig Personalprobleme und tolle Auszubildende. Was ein Patient benötigt, können wir auch leisten.“ Allerdings bereitet Steinegger der Blick in die Zukunft sorgen: „Wenn ich auf die demografische Entwicklung schaue, wird mir Himmelangst und ich frage mich, wie es die nächsten 25 Jahre weiter gehen soll. Die Menschen werden immer älter. Auch die Lebensphasen im Alter werden länger. Durch die wachsende Mobilität sind Kinder oder nahe Angehörige oft nicht mehr vor Ort – wir sind daher auch unterstützend für Familien und Angehörige da“, führt er aus.

Auch die Aufgaben selbst haben sich laut Steinegger erweitert: „In der ambulanten Pflege werden heute Leistungen erbracht, die es vor zehn Jahren noch nicht gab, etwa im Bereich der Wundversorgung oder der Schmerzpunkte.“

Trotz aller Einschränkungen, die auch die Sozialstationen heute machen müssten, erführen sie von den Patienten viel Wertschätzung: „Wir erleben diese Dankbarkeit oft schon in einem kleinen Satz, etwa wenn es nach dem Klingeln an der Haustüre heißt: ‚Es ist schön, dass Sie da sind, Schwester‘.“

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