Eine junge Mutter aus Bad Säckingen ist frustriert. Denn eigentlich hatte ihr die Stadt einen Kindergartenplatz ab September im Kindergarten St. Martin in Obersäckingen für ihren dreieinhalb-jährigen Sohn zugesagt. Doch nun muss sie weiter auf den Platz warten. Denn in dem Kindergarten fehlt es an Personal. Heute Abend geht es im Gemeinderat um das Thema Kindergärten.

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Erst kam die Zusage

Als ihr Sohn sechs Monate alt war, wollte die heute 34-Jährige einen Kindergartenplatz in Bad Säckingen beantragen. Doch zu diesem Zeitpunkt lebte die Familie noch im schweizerischen Wallbach. Erst, wenn sie in Säckingen gemeldet seien, könnten sie das Kind anmelden, hieß es damals. Dabei sei es zu dem Zeitpunkt schon klar gewesen, dass sie eine Wohnung in Bad Säckingen gekauft hatten, um dort hinzuziehen. Der Kaufvertrag lag vor, habe für die Stadt jedoch nicht als Nachweis gegolten, erzählt die Mutter. 2019 ist die Familie dann nach Bad Säckingen gezogen und hat dann erneut einen Platz beantragt. Im Frühling 2020 kam die Zusage. Der Sohn bekam einen Platz im katholischen Kindergarten Obersäckingen St. Martin zugeteilt, auch wenn die Familie in der Nähe des Bergsees wohnt. Alle anderen Kindergärten seien voll, habe es geheißen. Die Entfernung sehe die Mutter nicht als Problem, die Freude um den Platz war umso größer. Denn beide Elternteile sind berufstätig – in der Schweiz. Im Juli habe die Familie dann den Kindergarten besichtigt und die Anmeldung vollendet. Ab September sollte der Dreineinhalbjährige dann den Kindergarten besuchen, wie die Mutter erzählt. Doch dann kam alles anders.

Im Kindergarten St. Martin in Obersäckingen fehlt es an Personal. Deswegen können auch zugesagte Plätze nicht angetreten werden.
Im Kindergarten St. Martin in Obersäckingen fehlt es an Personal. Deswegen können auch zugesagte Plätze nicht angetreten werden. | Bild: Susanne Eschbach

Jetzt muss die Familie warten

Denn im August habe der Kindergarten mitgeteilt, dass sich der Start für den Jungen auf unbestimmte Zeit verzögere. Der Grund: Dem Kindgarten fehlt es an Personal. „Mein Sohn kann erst kommen, wenn sie wieder jemanden eingestellt haben“, erzählt die Bad Säckingerin im Gespräch mit dem SÜDKURIRER. Dabei habe die 34-Jährige extra ihre Arbeitszeiten für September angepasst. Ihr Vorgesetzter sei in der vergangenen Zeit ohnehin schon immer sehr kulant gewesen. „Und jetzt musste ich alles über Board werfen“, erzählt sie. Die Arbeitszeiten konnten nun doch nicht geändert werden. „Ich kann froh sein, dass er so viel Nachsicht hat“, sagt sie. Doch, ob ihr Chef das auf Dauer so mitmacht, frage sie sich schon. „Das ist höchst unglücklich gelaufen“, ärgert sie sich, ohne dass sie dem Kindergarten einen Vorwurf machen möchte. Vor allem ärgere sie sich darüber, dass der Kindergarten nicht schon vorher die Familie darüber informiert habe, dass der Platz nicht angetreten werden kann. Womöglich seien auch viele andere Kinder vom Personalmangel betroffen und müssten nun auf ihren Platz warten. Die junge Mutter kennt die schwierige Betreuungssituation in Bad Säckingen, weiß von den vielen fehlenden Plätzen in den Einrichtungen. Sie kennt andere Mütter, denen überhaupt kein Platz zugesagt wurde. „Und wir haben einen Platz, den wir nicht antreten können“, sagt sie. Doch zumindest sei ihre Schwiegermutter im Ruhestand und könne sich stundenweise um das Kind kümmern. „Sonst hätten wir ein wirklich großes Problem“, sagt die junge Mutter. Auch wäre es für den Jungen nun Zeit für mehr soziale Kontakte, den Austausch mit anderen Kindern.

Kriterien für die Aufnahme und der Rechtsanspruch

Das sagt der Kindergarten dazu

Im Kindergarten St. Martin gibt es drei Gruppen. Normalerweise werden diese von jeweils zwei Erziehern betreut. „In einer Gruppe fehlt jetzt eine Vollzeitkraft“, sagt Kindergartenleiterin Tina Matt auf Nachfrage. Aktuell seien in der Einrichtung 1,5 Stellen unbesetzt. Die Stellen seien sehr kurzfristig frei geworden, erklärt sie. Und so hätten im neuen Kindergartenjahr mehrere Kinder ihren zugesagten Platz dann doch nicht antreten können. Es sei gesetzlich und persönlich einfach nicht möglich, noch mehr Kinder zu betreuen, erklärt Matt und bezieht sich auf den Betreuungsschlüssel. „Es gibt viel zu wenig Erzieher für die vielen freien Stellen“, so Matt. „In jedem Kindergarten ist es aktuell schwierig, die Stellen zu besetzen“, sagt sie. Auf die Stellenausschreibungen des Kindergartens Obersäckingens seien anfangs gar keine Bewerbungen eingegangen, nun kämen nach und nach einige. Wie die Stellen besetzt werden, sei noch unklar. „Es gibt auch viele neue Kindergärten und diese sind natürlich als Arbeitsplatz attraktiver“, so Matt.

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Das sagt die Stadt dazu

Rund 50 Kinder stehen laut Bürgermeister Alexander Guhl derzeit auf der Warteliste. Darunter seien aber etliche Kinder, denen ein Platz angeboten wurde. Die Eltern hätten diesen aber nicht angenommen, weil es nicht der Wunschkindergarten war. Auf der Liste ständen auch Kinder, die schon länger drei Jahre alt sind. Dies bestätigt auch Claudia Götz. Sie ist bei der Stadt zuständig für die Vergabe der Kindergarten-Plätze.

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Dass die Situation mit den fehlenden Plätzen aktuell so brisant sei, liege vor allem daran, dass die Geburtenzahlen gestiegen seien, der Einschulungsstichtag nach vorne verlegt wurde und in den vergangenen Jahren viele Familien nach Bad Säckingen gezogen seien, erklärt Götz. Mit dem Kindergarten auf dem Gesundheitscampus, der im April 2021 eröffnet werden soll, entspannt sich laut Götz die Situation. „Wenn der neue Kindergarten mit 60 Plätzen in Betrieb ist, dann haben wir alle Kinder von der Warteliste weg“, sagt sie. Abhängig sei dies aber auch davon, ob dann wiederum genügend Personal zur Verfügung stehe. Was auch klar ist: Mit einem neuen Kindergarten verschärft sich auch die Personalsituation in den Betreuungseinrichtungen. Der neue Kindergarten sei erst dann gebaut worden, als der Bedarf bereits da war. „Es wäre natürlich schöner, wenn er jetzt schon verfügbar wäre“, so Götz.