Die Holzbrücke verbindet zwei seit 450 Jahren Menschen beiderseits des Flusses. Nur zwischendurch gab es Unterbrüche, etwas während des Nationalsozialismus und während der Coronazeit. „Wie sehr die Holzbrücke heute für Offenheit, Freundschaft und Verbindung steht, konnte man spüren als sie aufgrund der Corona-Pandemie 2020 für zwei Monate geschlossen werden musste„, sagt Historikerin und Stadtarchivarin Eveline Klein, „viele empfanden das als sehr bedrückend und eigentlich als unvorstellbar.“

Nach dem Ersten Weltkrieg und der Inflation suchten sich die Schweiz und Deutschland wegen der Krisenerscheinungen wie Überproduktion oder Arbeitslosigkeit, wirtschaftlich zu schützen. Pässe, Grenzkarten und Arbeitsbewilligungen waren die Folge. Nach der Machtübernahme Hitlers spitzten sich diese Verhältnisse immer mehr zu. Nicht nur die wirtschaftliche, auch die ideologische Entwicklung der beiden Länder driftete auseinander. Es war unerwünscht, wenn ein Schweizer, einen Pfarrer mit „Grüß Gott“ und nicht mit „Heil Hitler“ ansprach oder seine Meinung kundtat. Überall fühlte man sich belauscht und bespitzelt. Dies ging nicht nur den Eidgenossen, sondern auch einer großen Mehrheit in Säckingen so.
Zur Nazizeit lesen Deutsche Grenzgänger in Stein demokratische Zeitungen
Trotz der politischen Zuspitzung und einem immer mehr schwindenden Vertrauen hielt der rege Grenzverkehr zumindest bis 1938 an. Hunderte Personen kamen aus Säckingen in Steiner Grenzgeschäfte wie „Säuberli“, „Konsum“, um kleine Mengen Lebensmittel wie Zucker, Mehl, Kaffee, Tee oder Schokolade einzukaufen. Für die Deutschen war der Silbermarkkurs günstig, da es für eine Reichsmark 1,20 bis 1,30 Schweizer Franken gab. Die Lebensmittel waren billiger und qualitativ besser. Bei den Nazis jedoch waren die diese Grenzgänger nicht beliebt, da sie in der Schweiz verbotenerweise demokratische Zeitungen lesen konnten.

Bis 1939 schrumpft der Grenzverkehr bis auf Null
Zur Volksabstimmung über die Einverleibung Österreichs ins Deutsche Reich kamen auch Tausende von Deutschen aus der Schweiz über die Holzbrücke. Von der Aargauer Polizei wurden deshalb extra Tagesscheine ausgestellt. Unter den Deutschen war die Stimmung bedrückt. Einerseits bestand die Angst, bei Fernbleiben in eine schwarze Liste eingetragen zu werden. Andererseits sorgte man sich um eine problemlose Rückkehr in die Schweiz. Wegen des sinkenden Silbermarkkurses und der sich zuspitzenden politischen Lage ging der Grenzverkehr bis 1939 immer mehr zurück.
SS-Mann hält Wache an der Holzbrücke
Ein SS-Mann in Uniform wurde den Zöllnern zugeteilt, um die Ziele und den Willen der Nazis überall durchzusetzen. Während vor dem Ersten Weltkrieg noch 1600 Grenzgänger die Brücke überquerten, waren es vor Kriegsausbrach 1939 nur noch einige wenige. Der aktive und passive Veredelungsverkehr von Seide- und Baumwollgeweben, schrumpfte auf ein Minimum.
Im Sommer, kurz vor Kriegsausbruch, hallte der Expansionsgedanke der deutschen Seite über die Grenze. Ein Schlagbaum als unüberwindlicher Halt, sollte eine Expansion verhindern. Dies kommt in einem Erlebnisbericht eines Schweizer Zollbeamten zum Ausdruck: „Im Sommer 1939 stand ich in Zivil am deutschen Schlagbaum. Da kam ein Norddeutscher, welcher durch die Kraft-durch-Freude-Ferienorganisation in Säckingen weilte. Dieser fragte den Zöllner und mich: Kann man da nicht rüber in die Schweiz? Nein, da braucht man einen Pass, sagte der deutsche Zöllner. Der deutsche Tourist entgegnete: Warum ist da eine Grenze, die Schweizer werden immer frecher, da drüben, die sollte man grad auch noch holen.“ Während des Krieges durften nur wenige Leute die Grenze passieren, vor allem solche Personen, die in der Rüstungsindustrie arbeiteten. Schweizern, die in Säckingen tätig waren, war es untersagt, ihr Vesperbrot in Schweizer Zeitungspapier einzuwickeln. Dafür gab es einige Tage Arrest.
Schweiz sichert ihre Grenzen mit großen Verteidigungsmaßnahmen
Mit Kriegsbeginn am 1. September 1939 sicherte auch die Schweiz die Grenze am Rhein. Umfangreiche Verteidigungsmaßnahmen wurden an der Säckinger Brücke unternommen. Das Grundelement bildete der Grenzschutz, der aus Grenzwache und Militär bestand. Zur Erhöhung der Verteidigungskraft wurden der Brückenkopf im Winter 1938/39 mit zwei Minenkammern versehen. Diese waren durch einen unterirdischen Gang vom Keller des Zollgebäudes aus zugänglich. Die ständige Anwesenheit von Mineuren garantierten, dass die Brücke jederzeit hätte gesprengt werden können. Des Weiteren wurde der Brückeneingang mit einer Tankbarriere versehen, die nachts ganz geschlossen und tagsüber teilweise geöffnet war.
Maschinengewehrstellung an der Holzbrücke
Eine betonierte Maschinengewehrstellung, befand sich hinter dem Zollgebäude in gerader Linie zur Brücke. Am gesamten Grenzabschnitt dem Rhein entlang entstand ein kompaktes Bunkersystem direkt an der Wassergrenze des Rheinbords liegend. Diese sind noch heute sichtbar.
Damit von deutscher Seite die Vorgänge um das Zollhaus nicht einsehbar waren, errichtete eine Aargauer Radfahrkompanie einen Kugelfang von zirka vier Metern Höhe aus Holzbrettern mit Sandfüllung. Der Brückenbereich wurde Stacheldraht umgeben. Die Schweizer Seite war gerüstet und bereit bis zum Äußersten auszuharren.
Schweiz rechnete mit Angriff von Innen
Gleichwohl war man sich nicht sicher, ob das reicht. Bei einem eventuellen Angriff auf ihr Land rechneten die Schweizer auch mit einem Überfall von innen, und zwar von der sogenannten fünften Kolonne, einer Geheimorganisation, die aus nazifreundlichen Ausländern und Schweizern bestand.