Peter Schütz

Tiefenstein – Die Albtalstraße zwischen Tiefenstein und Hohenfels bleibt bis auf weiteres gesperrt. Dies haben Vertreter des Regierungspräsidiums Freiburg vor zwei Wochen in Schachen der Bevölkerung mitgeteilt. Ein Gutachten des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB) war zum Ergebnis gekommen, dass "ohne umfangreiche Sicherungsmaßnahmen an eine Wiedereröffnung der Straße nicht zu denken ist", hatte Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer erklärt.

Eine Frage blieb an dem Abend jedoch unbeantwortet: Gibt es einen Zusammenhang zwischen den Felsabgängen und dem der Albtalstraße gegenüberliegenden Steinbruch? Davon geht ein Bürger aus Niederwihl (Name ist der Redaktion bekannt) aus.

Seine Feststellung: Wird im Tiefensteiner Steinbruch gesprengt, sind die Erschütterungen in dem rund 500 Meter entfernt liegenden Dorf Niederwihl zu spüren – was in der Vergangenheit schon öfters zu Auseinandersetzungen mit dem Betreiber des Steinbruchs, der Tiefensteiner Granitwerke, geführt hat. "Bei uns zittern die Gläser, wenn gesprengt wird, dann muss man davon ausgehen, dass die Sprengungen die dem Steinbruch nur 250 Meter gegenüberliegende Albtalstraße auch erschüttern", findet der Bürger.

Die Experten sind anderer Meinung. "Ein Zusammenhang zwischen den durch den Steinbruchbetrieb verursachten Erschütterungen und der Steinschlag- und Felssturzgefährdung im gesperrten Abschnitt der L 154 sehen wir weiterhin nicht", erklärt Clemens Ruch, Leiter des Landesamtes für Geologie, auf Anfrage dieser Zeitung. Ruch sieht die Ursache für die Felssturzgefährdung in "natürlichen Verwitterungsprozessen". Und: "Es ist bekannt, dass Menschen bereits sehr schwache Erschütterungen wahrnehmen können. Bei Erschütterungsmessungen zeigt sich jedoch meist, dass selbst als unangenehm oder belästigend empfundene Erschütterungen noch unterhalb der Grenzwerte liegen, ab denen eine Schädigung, beispielsweise von Gebäuden, nicht mehr ausgeschlossen werden kann", erklärt er. Kommt hinzu, dass das Albtal sich in der Erdbebenzone 2 befindet, sodass bei der Dimensionierung möglicher Sicherungsmaßnahmen grundsätzlich eine Erdbebenlast berücksichtigt werden muss. Clemens Ruch: "Erdbebenerschütterungen sind größer als mögliche Sprengerschütterungen des nicht unmittelbar angrenzenden Steinbruchs."

Auch Peter Weber, Geschäftsführer der Weber-Bau GmbH Laufenburg (Betreiberin der Tiefensteiner Granitwerke) sieht die Sprengungen im Steinbruch nicht als Ursache für die Felsabgänge. "Ich glaube nicht, dass da ein Zusammenhang besteht", sagt er gegenüber dieser Zeitung. Sein Unternehmen habe sich von Sprenggutachtern beraten lassen, "dass es so wenig Erschütterungen wie möglich gibt". Dafür habe man die Sprengmethoden verbessert. "Bei Sprengungen in Tiefenstein werden keine 30 Prozent der gesetzlichen DIN-Werte über Erschütterung erreicht.

Somit können keine Schäden verursacht werden." Erdbeben würden deutlich höhere Schwingungen verursachen, meint er, ebenso ein auf einer Bahnlinie fahrender Güterzug. Peter Weber führt die Felssturzgefahr auf die "insgesamt zugenommene Erosion durch schlagartige Regenfälle oder Frost" zurück. Im Wehratal komme Erosion schließlich auch vor, "obwohl dort nicht gesprengt wird", so Weber. Pro Jahr führen die Tiefensteiner Granitwerke rund 30 Sprengungen durch.

"Diffuses und unübersichtliches Felssturzpotenzial"

  • Die Geologie: Die Albtalstraße L 154 (eine Landesstraße) ist zwischen Hohenfels und der Tiefensteiner Brücke an Pfingsten 2015 wegen akuter Felssturzgefahr für den Verkehr gesperrt worden. Bereits am 25. Juli 2013 war nahe der Tiefensteiner Brücke ein drei Kubik großer Felsbrocken abgestürzt. Untersuchungen der Geologen haben ergeben, dass 1500 Kubik Felsmaterial abrutschen könnten. Laut Clemens Ruch gibt es "hochgradig labile Bereiche, deshalb ist es zwingend erforderlich, sie mit technischen Maßnahmen zu sichern". Er spricht von einem "diffusen und unübersichtlichen Felssturzpotenzial".
  • Messgerät: Entlang der Albtalstraße werden die Bewegungen der Felsmassen mit sogenannten Prismenspiegeln gemessen, welche als Zielmarke für Laser-Vermessungen dienen. Das heißt, dass auf der Straße ein Laser-Messgerät aufgestellt und die Zielmarken nach Lage und Höhe eingemessen werden.
    "Wir haben zahlreiche solche Spiegel an der großen labilen Felsmasse angebracht, die seit 2008 vom Landkreis Waldshut regelmäßig auf Bewegungen gemessen werden", erklärt Clemens Ruch.
  • Steckeisen: An einigen Stellen entlang der Albtalstraße befinden sich Eisen in den Felsen. Dabei handelt es sich um Steckeisen unbekannten Alters. Auch wer sie angebracht hat, ist nicht bekannt. Clemens Ruch: "Sie sind jedoch zum Teil verformt, was belegt, dass sich die Felsmasse – wie auch nach den Messergebnissen feststellbar – teilbewegt hat."
  • Das Schutzgebiet: Das Albtal ist mehrfach europäisch geschützt. Auch ein Teil des Tiefensteiner Steinbruchs unterliegt Schutzbestimmungen. Dazu informiert das Landratsamt Waldshut: Der nördliche Bereich des Steinbruchs liegt innerhalb des FFH-Gebiets "Alb zum Hochrhein". "In diesem Bereich findet aber nach unserer Aktenlage schon seit Jahren kein Abbau mehr statt." Der aktuell betriebene Gesteinsabbau (genehmigt am 30. Dezember 2008) läuft auf einer Fläche ab, die außerhalb des FFH-Gebiets liegt, so das Landratsamt. Und die Behörde erklärt weiter: "Im Rahmen der Erstellung des sogenannten Managementplans zum FFH-Gebiet wurde auch dieser Steinbruch bewertet. Hierbei wurde festgehalten, dass im Steinbruch der Tiefensteiner Granitwerke der Lebensraumtyp Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation vorkommt. Er entsteht im Rahmen der Rohstoffgewinnung immer wieder neu und soll in geeigneten Bereichen erhalten werden." (psc)