Das hohe Granitkreuz, das an die zwei Dorfbrände in Niederwihl in den Jahren 1873 und 1874 erinnert, wirkt wieder wie neu. Mehrere Fachleute haben die drei gusseisernen Tafeln mit den Namen der brandgeschädigten Personen, den metallenen Christuskörper erneuert sowie die schadhaften Stellen an Kreuz und Sockel ausgebessert.
Regionale Handwerker restaurierten mit
Das Ergebnis der Restauration stellten die Initiatoren der Aktion, Andrea Schrieder und Thomas Hofstetter, vor. Mit dabei waren die ausführenden Kunstschmiede Marc und Tino Wilhelm aus Görwihl, Malermeister Martin Abend aus Engelschwand sowie Matthias Schrieder und Markus Reuter, die anpackten, wo Unterstützung nötig war.
Das Kreuz hatte Peduzzi Steinmetz aus Rickenbach wieder auf Vordermann gebracht, die Bepflanzung des Beetes hatte die Gemeinde Görwihl in Auftrag gegeben. Das 2,80 Meter hohe Kreuz ist nicht Eigentum der Gemeinde, und obwohl es sich auf deren Grundstück befindet, auch nicht der katholischen Kirche. Weshalb hinter der Restauration ein rein bürgerschaftliches Engagement steckt.
Da steckt viel Handarbeit dahinter
Ideengeber war Thomas Hofstetter, der bei Gemeinderätin Andrea Schrieder anfragte, „etwas für das Kreuz zu machen“. Denn die Namen auf den Platten waren kaum noch zu lesen, auch hatten sich Risse an Sockel und Kreuz gebildet. Die Firma Peduzzi strahlte den Stein vor Ort ab und fräste nach. Etwas komplizierter waren die Arbeiten an den Gussplatten. Diese wurden zuerst sandgestrahlt. Sie waren dann zwar sauber, aber 65 Prozent der Wörter seien dann immer noch nicht lesbar gewesen, berichtete Marc Wilhelm. Weshalb er sie herausfräste und schliff. „Da steckt viel Handarbeit dahinter“, erklärte Martin Abend, der die Platten witterungsfest machte.

Auch der Christuskörper wurde aufgearbeitet. Allerdings verzichteten die Initiatoren auf eine Vergoldung, „weil es sie vorher nicht gab“, so Andrea Schrieder. Und: „Wir haben gedacht, den Corpus im ähnlich schlichten Stil wie vorher zu lassen.“ Die Kosten für die Aktion seien noch offen, berichtete sie, würden sich aber „im mittleren vierstelligen Bereich bewegen“. Da es den Dorfverein Niederwihl zu dem Zeitpunkt, als die Sanierung des Gedenkkreuzes beschlossene Sache war, noch nicht gab, wurden die ersten Spendengelder über die Gemeinde Görwihl abgewickelt. Dabei wird es vorerst bleiben.
Gebäude früher mit Stroh gedeckt
Das Gedenkkreuz befindet sich unterhalb der katholischen Kirche im Gewann Ortsetter. In der Görwihler Gemeindechronik verweist Paul Eisenbeis (1927 bis 2020) auf die zwei verheerenden Dorfbrände, die das alte Niederwihl fast vollständig zerstörten. Am 15. Juni 1873, an einem heißen Sommertag, wurde das Unterdorf ein Raub der Flammen, so Eisenbeis. Das Feuer brach in einem der Häuser aus und breitete sich schnell auf die Häuser in der Nachbarschaft aus. Wie damals weitgehend üblich, waren die Gebäude mit Ausnahme von Kirche, Pfarrhaus und Schule strohgedeckt. „Im höllischen Inferno lagen bis zum Abend 17 Wohnungen in Schutt und Asche“, berichtete Paul Eisenbeis. Bei dem Brand kamen zwei Mädchen im Alter von drei und vier Jahren ums Leben.

Immer noch gedenken sie alljährlich der Heiligen Agatha
Der zweite Brand, bei dem ein Großteil des Oberdorfes abbrannte, ereignete sich an Karfreitag, 3. April 1874. 16 Wohnungen wurden zerstört, 96 Personen obdachlos. Eine 74-jährige Frau kam ums Leben. Laut Eisenbeis vernichteten die beiden Brände insgesamt 19 zum Teil stattliche Doppelhäuser in dem damals 425 Einwohner zählenden Dorf. Die Unglücke führten dazu, dass elf Familien mit 62 Personen fortzogen.
Fünf Jahre später brannte erneut ein Haus in Niederwihl. Was zu dem Gelöbnis führte, alljährlich am Tag der Heiligen Agatha, der Patronin gegen Feuersgefahr, jeweils am 5. Februar einen besonderen Gottesdienst abzuhalten.