Thomas Güntert

Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer besichtigte mit dem Schaffhauser Regierungsrat Martin Kessler und verschiedenen Delegationen die knapp einen Kilometer lange fest installierte Amphibienleiteinrichtung mit den 22 Straßenunterführungen im Jestetter Wangental. Bereits im Jahr 2009 baute der Kanton Schaffhausen westlich des ehemaligen deutschen Zollhäuschens zwei Amphibiendurchlässe. Im Rahmen des Kulturförderprogramms übernahm der Schweizer Bund 100 000 Franken, der Rest finanzierte der Kanton Schaffhausen. Petra Bachmann vom Schaffhauser Planungs- und Naturschutzamt sagte, dass aufgrund der geografischen Lage auf der Schweizer Seite zwei Durchlässe völlig ausreichten.

Bärbel Schäfer konnte sich noch an ihren ersten politischen Besuch in Schaffhausen im Jahr 2012 erinnern, wobei der damalige Regierungsrat Reto Dubach die Problematik des Wangentals erläuterte und zu verstehen gab, dass die Schweiz diesbezüglich die Hausaufgaben gemacht habe. Auf deutscher Seite hatten Ehrenamtliche vom Bund für Naturschutz Deutschland (BUND) damals noch Frosch-Fangzäune aufgestellt und jährlich mehr als 10 000 Amphibien über die Straße getragen. Insbesondere die streng geschützten und seltenen Kammmolche und Laubfrösche wollten auf die gegenüberliegende Straßenseite in ihre Laichgewässer im Wüsten See. Die vorbeifahrenden Autos und Lastwagen verdeutlichten, welchen Gefahren sich die Ehrenamtlichen damals aussetzten. Die zeitlich schwer einzugrenzenden Rückwanderungen der Tiere konnten von den deutschen Tierschützern allerdings nicht aufgefangen werden.

Wasserfrösche und Kröten wurden zu Tausenden überfahren und immer wieder waren verschiedene Molcharten, Salamander, Eidechsen und Schlangen dabei. Nachdem sich Bärbel Schäfer 2013 ein Bild darüber gemacht hatte, wurden in einem ersten Bauabschnitt auf deutscher Seite zwei Durchlässe gebaut und an das Schweizer System angeschlossen. 2015 wurden weitere 18 Amphibiendurchlässe fertiggestellt, da das Wangental die größte Amphibiendichte und Artenvielfalt in ganz Baden-Württemberg aufweist.

Keine Angst vor glitschigen Tieren hatte die Jestetter Bürgermeisterin Ira Sattler (links). Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer, ...
Keine Angst vor glitschigen Tieren hatte die Jestetter Bürgermeisterin Ira Sattler (links). Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer, Margarethe Peipp-Koch vom Verkehrsministerium und der Schaffhauser Regierungsrat Martin Kessler (weiter von links) konnten nur staunen. | Bild: Thomas Güntert

Die Gesamtkosten betragen rund eine Million Euro. Rund 60 Prozent davon werden aus dem Interreg-Programm Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein finanziert. Interreg ist ein Regionalprogramm der Europäischen Union zur Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, an dem sich auch Nicht-EU-Staaten beteiligen können. Die restlichen 40 Prozent übernimmt das baden-württembergische Ministerium für Verkehr. Auf die Gemeinde Jestetten kommen keine Kosten zu. „Wir sagen Danke“, so Bürgermeisterin Ira Sattler.

Die Amphibiendurchlässe dienen in erster Linie dem Fortbestand der bedrohten Amphibien, sichern aber auch die bedeutende Verkehrsachse durchs Wangental, die Fden deutschen Klettgau und das Schweizer „Chläggi“ mit dem Jestetter Zipfel verbindet und eine Anbindung nach Zürich gewährleistet. Mit der Fertigstellung des Amphibienleitsystems ist auch eine mehrwöchige Straßensperrung endgültig vom Tisch. „Die zügige Fertigstellung ist eine Auszeichnung für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit“, betonte Martin Kessler. Im Namen der Schaffhauser Regierung dankte er insbesondere Reinhard Riegel, der 17 Jahre lang ehrenamtlich die Froschzäune betreute.

Austausch bei der Besichtigung des Amphibienleitsystems im Wangental (von links): Ira Sattler, Bärbel Schäfer, Martin Kessler und Ilona ...
Austausch bei der Besichtigung des Amphibienleitsystems im Wangental (von links): Ira Sattler, Bärbel Schäfer, Martin Kessler und Ilona Holschbach. | Bild: Thomas Güntert

Zurzeit gibt es ein Monitoring, damit allenfalls noch Nachbesserungen angebracht werden können. „Von jeder Art sollen 75 Prozent der Tiere durch die Unterführung, bei den Kammmolchen sind es bereits 98 Prozent“, sagte Landschaftsplanerin Ilona Holschbach. Als nächstes grenzüberschreitendes Projekt steht ein naturverträglicher und sicherer Radweg durch das Wangental auf dem Programm. Kanton, Regierungspräsidium und Gemeinden sind bei der Projektierung. 2018 soll die Umsetzung in Angriff genommen werden.