Eva Baumgartner

Bei anhaltenden Minusgraden in dieser Größenordnung kristallisiert das in den Beeren enthaltene Wasser, und aus den gefrorenen Trauben kann das süße Konzentrat gepresst und zu Eiswein ausgebaut werden.

Beim Weingut Lorenz und Corina Keller war die Eiswein-Lese für den vergangenen Samstag angesetzt. Der Plan war, um sechs Uhr morgens die gefrorenen Trauben zu ernten. „Die zehn Helfer waren in Alarmbereitschaft, die Stirnlampen, Handschuhe, Rebscheren bereitgelegt, die Presse und das Lesegeschirr gerichtet. Aber in der ersten Runde dieses Lotteriespiels hat uns die Natur einen Strich durch die Rechnung gemacht“, erzählt Lorenz Keller. Der letzte Blick auf das Thermometer in der Rebparzelle am Freitag gegen 23 Uhr zeigte nur minus vier Grad an, deshalb wurde die Lese abgeblasen.

Zitterpartie Eiswein: Noch warten die mit Netzen eingepackten Rebstöcke auf anhaltende Fröste, erst dann ist eine Lese des Eisweines ...
Zitterpartie Eiswein: Noch warten die mit Netzen eingepackten Rebstöcke auf anhaltende Fröste, erst dann ist eine Lese des Eisweines möglich. Kommt die anhaltende Kälte nicht, dann ist alles für den Winzer verloren. Bilder: Nicola Netzhammer

Eiswein ist ein Wagnis

Auch Winzer Berthold Claus aus Lottstetten hatte Eiswein geplant: „Weil die weiteren Wetteraussichten aber nicht vielversprechend sind, haben wir am Samstagmorgen die Trauben bei Rechberg trotzdem gelesen und werden eine Spätburgunder-Auslese ausbauen. Edelsüße Qualitätsweine sind gefragt“, so Berthold Clauß.

„Wir sind in diesem Jahr das Wagnis Eiswein eingegangen, weil wir im hervorragenden Weinbaujahr 2018 alle Qualitätsstufen in die Keller gebracht haben“, berichtet Lorenz Keller. Die Entscheidung, auf 15 Ar Rebfläche mit 800 Rebstöcken die gesunden Spätburgunder-Trauben hängen zu lassen, sei ein Vabanquespiel, das man sich nicht jedes Jahr erlauben könne, so der Kellermeister. Er hat in 15 Jahren erst dreimal Eiswein lesen können.

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Eine Frage des Prestige

Im Hinblick auf eine Eiswein-Lese war die Traubenzone der Rebstöcke mit Netzen eingepackt worden, um sie vor den Vögeln zu schützen. Und Mitte Mitte November ist ein provisorisches Foliendach über die Rebfläche gezogen worden. Im schlimmsten Fall war dies alles umsonst. Aber noch ist nichts verloren. „Wenn jetzt natürlich nur noch ein paar halbherzige Fröste kommen dann ist das Spiel verloren“, weiß Lorenz Keller aus Erfahrung.

Dennoch hat der Erzinger die Ruhe weg und als nächstes Eiswein-Lese-Fenster die Tage bis zum 10. Januar im Visier. In finanzieller Hinsicht spielt der Eiswein für das Weingut LCK keine große Rolle – „es ist eher eine Frage des Prestiges“, so Lorenz Keller. Aus den 15 Ar Fläche kann er maximal 200 Liter Eiswein keltern, zur üblichen Lesezeit wären es 1200 Liter.

Aber Lorenz Keller ist es die Sache wert: denn die ganz besondere Spezialität „Eiswein“ können nicht viele Winzer bieten.