In wenigen Wochen findet das traditionelle Erzinger Winzerfest statt, das in diesem Jahr unter dem Motto „Alles, was uns Freude macht“ steht. Gänzlich konträr dazu stellt sich das Jahr in den Weinreben dar. Frost, Kälte und massenhaft Regen zogen im Frühjahr über die Erzinger Weinberge und hinterließen teils verheerende Spuren an den Weinstöcken.
Je nach Lage und Weinsorte sind die Konsequenzen sehr unterschiedlich, fest steht jedoch, dass mit teils enormen Ernteverlusten im Herbst zu rechnen ist.

Wesentliche Ursache war zum einen die Kaltluftfront, die im April über den Klettgau hereinbrach und je nach Lage und Rebsorte die Austriebe an den Stöcken erfrieren ließ. Der zweite Austrieb der Rebstöcke war den andauernden Niederschlägen ausgesetzt. Sie taten ein Weiteres und schufen ein Klima, in dem sich der Pilz „der falsche Mehltau“ (Peronospera) ausnehmend wohl fühlt. Ihn zu bekämpfen erfordert viel Arbeit in den Weinbergen
Besonders hart hat es die Bio-Winzer getroffen. Das ist nicht verwunderlich, da ihre Maßnahmen zur Bekämpfung des Peronospera-Pilzes sehr begrenzt sind. Um ihre Bio-Zertifizierung nicht zu verlieren, dürfen Bio-Winzer nur vorbeugende, zugelassene biologische und keinesfalls chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel einsetzen. Das hiesige Bio-Weingut Gromann rechnet mit Ernteausfällen von 80 bis zu 95 Prozent. Nicht besser sieht es bei Öko-Winzer Joachim Netzhammer aus, wenngleich er seinen Verlust mit „nur“ 75 Prozent angibt.
Auch Martin Stoll, Vorsitzender der Winzergenossenschaft Erzingen, spricht von enormen Ertragsausfällen, und rechnet mit einer kleinen Ernte, deren Qualität ungewiss sei.
In Hohentengen verhindert der Rhein den Frost
Bei den weiteren Winzerbetrieben halten sich die Ernteverluste in Grenzen, vornehmlich weil sie auch an anderen Standorten Weinberge bewirtschaften. So Hohentengens Engelhof, dessen Lage am Hohentengener Ölberg, dank dem Rhein als ausgleichender Wärmespeicher, Frostschäden verhindert hat. „Am Erzinger Kapellenberg gab es in dieser Frostnacht jedoch erhebliche Schäden, die in manchen Lagen und Sorten bei uns bis zu geschätzten 80 Prozent Ernteausfall führen“, berichtet Andrea Netzhammer vom Engelhof.
„Der Sommer war in diesem Jahr von hohen und wiederkehrenden Niederschlägen geprägt, was sich in Bezug auf Pilzkrankheiten als eine Herausforderung darstellte“, führt sie aus. Trotzdem blicke das Engelhof-Team dank des hohen qualitätsfördernden Arbeitseinsatzes auf eine gesunde Traubenqualität und einen quantitativ durchschnittlichen und guten Jahrgang.
Jahrgang 2024 wird deutlich kleiner
Beim Weingut Clauß rechnet man mit einem kleineren Jahrgang 2024, während der Blauburgunder auf dem Erzinger Kapellenberg stark verfroren sei, so sei in den Weinbergen in Lottstetten-Nack gar nichts passiert. Berthold Clauß kann die Lage relativ gelassen sehen, denn „den Mehltau haben wir auch gut in den Griff gekriegt. Wir können von der Natur halt nicht jedes Jahr 100 Prozent erwarten“.
Der größte Winzer auf dem Erzinger Kapellenberg, das Weingut Lorenz und Corina Keller, das 17 Hektar in Erzingen und zwölf Hektar in der Lage Schloss Rheinburg in Gailingen bewirtschaftet, schätzt seinen Ernteausfall in Erzingen auf rund 30 Prozent. „Mehr denn je müssen wir mit Wetterextremen rechnen, die völlig unberechenbar punktuell zuschlagen“ so schätzt Lorenz Keller die Lage ein.
Ein zweiter Standort wird immer wichtiger
Das habe sich neulich bei dem enormen Unwetter in Oberhallau gezeigt. Es werde immer wichtiger, einen zweiten Standort in anderer Lage zu haben. „Dadurch können wir den Verlust in Erzingen insgesamt verkraften, in Gailingen werden wir einen Vollertrag erwirtschaften.“