Wer genauer hinschaut, wenn er von Erzingen Richtung Weisweil fährt, dem fällt auf, dass hier kaum Obstbäume stehen. Die Wiesen und Felder liegen im Herbst brach, wo sonst Getreide und Mais angebaut wird. Das wollte Roland Keller in seinem Heimatort ändern.

Aufgrund dessen begann er vor etwa drei Jahren, auf einer Wiese vor dem Dorf Obstbäume zu pflanzen. Er wollte an dieser Stelle eine alte Tradition wiederbeleben und eine Streuobstwiese anlegen. Hier stehen inzwischen 19 Quittenbäume, zwei gekaufte und fünf selbst gezogene Apfelbäume mit alten Sorten.

Obstbäume verschwinden nach und nach

„Wir hatten früher Streuobstwiesen im Ort, sogar einen Obstbauern“, erinnert sich der heute 56-Jährige. Die Landwirte benötigten die Flächen aber aus wirtschaftlichen Gründen für andere Nutzungen, so verschwanden sie nach und nach.

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Zwar gibt es noch Obstbäume in Weisweil, die werden aber kaum oder gar nicht gepflegt. Genau an diesem Punkt setzt der Betriebswirt an. Wenn er von diesen ungepflegten Bäumen erzählt, leidet der Naturliebhaber sichtbar. „Bei guter Pflege kann ein Apfelbaum nämlich etwa 150 Jahre alt werden.“

Da er ein Mann der Tat ist, der anpackt, begann er im vergangenen Jahr eine Ausbildung zum Obstbaumpfleger. Der einjährige Kurs bei Michael Grolm, Agraringenieur aus Erfurt, war zeit- und kostenintensiv, wie Roland Keller erzählt.

Allein für den Kurs musste er rund 2800 Euro bezahlen. „Hinzu kamen Kosten für die Ausrüstung in gleicher Höhe.“ Von einem „Guru der Baumpflege“ zu lernen, war ihm diese Investition aber wert. Den theoretischen Teil gab es in Online-Seminaren, für die praktische Ausbildung verzichtete Roland Keller auf seinen Jahresurlaub und fuhr vier Wochen nach Bayern.

Er lernte mit 21 weiteren Seminarteilnehmern, wie ein Baum gepflanzt und gepflegt wird, wie eine Streuobstwiese angelegt und wie der Boden unter dem Baum so aufgelockert wird, dass genügend Nährstoffe und Wasser aufgenommen werden kann, was für ein kräftiges Wurzelwerk wichtig sei.

Roland Kerller aus Weisweil hat auf rund 2000 Quadratmetern eine Streuobstwiese angelegt. Er bricht auch eine Lanze für die Baumpflege.
Roland Kerller aus Weisweil hat auf rund 2000 Quadratmetern eine Streuobstwiese angelegt. Er bricht auch eine Lanze für die Baumpflege. | Bild: Edinger, Gerald

Zu Hause nimmt er Pferdemist als Dünger. „Der hält den Boden feucht. Da unsere Tochter reitet, habe ich Zugang dazu“, erzählt er. Die Abschlussprüfung fand im Juli im bayerischen Königsberg statt.

Roland Keller lernte den sogenannten „Oeschbergschnitt“, der die Erziehung einer stabilen Hochstammkrone zum Ziel hat. Meinungsverschiedenheiten über den „richtigen“ Obstbaumschnitt haben allerdings Tradition. Roland Keller ist von der erlernten Methode allerdings überzeugt.

Heute sieht er Obstbäume ganz anders

Heute blicke er ganz anders auf die Obstbäume, die in der Landschaft stehen. „Ich schaue immer, wie sie geschnitten sind.“ Von Freunden, Verwandten und Bekannten werde er inzwischen gebeten, ihre Bäume zu pflegen. Momentan sind es etwa 70 bis 80 Obstbäume, die er pflegt. „Aber das soll ein Hobby bleiben“, betont er im Gespräch mit dieser Zeitung.

Ein kleiner Beitrag für die Artenvielfalt

Bei der Anlage der Streuobstwiese geht es ihm auch darum, Nahrung für Insekten zu schaffen, um einen kleinen Beitrag für die Artenvielfalt zu leisten. Bis er eines Tages jährlich 800 Kilogramm Quitten, sein Lieblingsobst, ernten kann, werde es noch einige Jahre dauern.

Neben der Arbeit im eigenen Waldstück, soll die Streuobstwiese nämlich eine Vorbereitung auf den „dritten Lebensabschnitt“ sein, erzählt Roland Keller: „Und vielleicht kann ich den einen oder anderen dazu motivieren, seine Streuobstwiese zu pflegen oder eine neue anzulegen.“

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Eventuell könne dann eine ähnliche Entwicklung wie bei den Imkern entstehen, die lange Zeit Nachwuchsprobleme hatten. Inzwischen gibt es nach Schätzungen des Deutschen Imkerbundes im Jahr 2024 etwa 143.000 Imker mit rund 964.000 Bienenvölkern.