Die Großfusion im Zurzibiet ist zustande gekommen: Acht Gemeinden schließen sich ab dem 1. Januar 2022 zusammen. Zurzach wird damit zur flächenmäßig größten Gemeinde im Aargau. Nicht dazu gehören wird Mellikon: Das 257-Seelen-Dorf am Rhein bleibt eigenständig.
Propstei Wislikofen: Die Gemeindevertreter aus dem Zurzibieter Rheintal stoßen mit Weißwein im Foyer an. Sie freuen sich leise, mit stiller Genugtuung. Auch an der anschließenden Pressekonferenz wirken die Männer noch sehr besonnen. Vielleicht liegt es an der Umgebung: Das ehemalige Kloster gilt als Ort der Stille, regelmäßig finden hier Achtsamkeits-Trainings statt.
Erst nach dem offiziellen Teil kommen die Emotionen hoch. Zuerst bei Heiri Rohner, Gemeindeammann von Wislikofen. Er strahlt und sagt: „Heute ist ein historischer Tag für das Zurzibiet, von dem man noch in vielen Jahren reden wird.“
In neun Gemeinden wurde am Sonntag über einen Zusammenschluss abgestimmt – acht sprachen sich für eine gemeinsame Zukunft aus. Am klarsten Rümikon mit knapp 83 Prozent, gefolgt von Rekingen (76,1 Prozent) sowie Bad Zurzach (75 Prozent).
Mit dem Zusammenschluss entsteht im Aargau mit 26 Quadratkilometern die flächenmäßig größte Gemeinde. Über 7500 Menschen werden der Gemeinde mit dem Namen Zurzach angehören. Heiri Rohner, Gemeindeammann Wislikofen, erklärte, die Projektleitung und die Arbeitsgruppe hätten sehr gute Arbeit geleistet. Die Strukturen, die vor 200 Jahren geschaffen wurden, seien nicht mehr zeitgemäß. „Der Weg, den wir heute eingeschlagen haben, ist ein guter Weg. Schade, dass Mellikon nicht dabei ist.“
Mellikon will eigenständig bleiben
Sechs Stimmen gaben in der kleinen Ortschaft am Rhein den Ausschlag zugunsten der Fusionsgegner. Mellikon sprach sich als einzige Gemeinde für die Eigenständigkeit aus. Die Bevölkerung folgte damit zwar der Empfehlung des Gemeinderates; Rolf Laube aber, der Ammann, war ein Fusionsbefürworter.
Während der Pressekonferenz noch gefasst – ausgerechnet ihm kam als Vorsitzender der Projektleitung die Ehre zu, das Zustandekommen des Zusammenschlusses zu verkünden – ließ er danach seiner Enttäuschung über das Ergebnis in seiner Wohngemeinde freien Lauf. Die Eigenständigkeit zu bewerkstelligen, werde für Mellikon eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe, sagte Gemeindeammann Rolf Laube.
Rietheim stimmt gegen Empfehlung
Rietheim stimmte zu – entgegen der Empfehlung: Zu den Verlierern des Tages zählte auch Beat Rudolf, Gemeindeammann von Rietheim. Er und der Gemeinderat hatten sich gegen eine Fusion ausgesprochen – die Stimmbürger entschieden sich aber dafür. Rudolf hatte sich bis zuletzt mit Vehemenz für ein Nein eingesetzt, obschon sich die außerordentliche Gemeindeversammlung im Frühling für eine Fusion ausgesprochen hatte. Seine konsequente Haltung sorgte im Dorf für Gesprächsstoff.
„Wer gegen den Strom schwimmt, ist in unserer Gesellschaft bald nicht mehr erwünscht“, kommentierte Beat Rudolf im Anschluss an die Pressekonferenz. „Es ist kein Hurra-Tag für mich, aber ich akzeptiere den demokratischen Entscheid.“
Zurück zu den Gewinnern vom Sonntag: Zu ihnen zählt auch Reto S. Fuchs, Gemeindeammann von Bad Zurzach. „Dass die Fusion zustande gekommen ist, lag auch daran, dass wir der Bevölkerung keine exorbitanten Versprechen gemacht haben“, erklärte er. „Uns ist aber bewusst, dass die große Arbeit jetzt erst auf uns zukommt.“
Umsetzungskommission nimmt Arbeit auf
Bereits übernächste Woche nimmt die Umsetzungskommission ihre Tätigkeit auf: Sie wird sich mit Fragen zur Budgetierung, des Personals sowie der Wahl der Verwaltungsstandorte befassen und die Gemeinderatswahlen vorbereiten.
In der ersten Jahreshälfte 2020 soll feststehen, welches Personal der neuen Gemeinde angehören wird. Die Wahl des neuen Gemeinderates ist für den kommenden Herbst vorgesehen, ehe Anfang 2021 der Gemeinde- und Vizeammann gewählt werden. Unterstützt wird die Kommission von Berater Peter Weber. Er übernimmt die Aufgaben von Jean-Claude Kleiner, dessen Mandat mit der Urnenabstimmung beendet ist.