Bewegte Kindheit und Jugend
Andreas Gerber ist gebürtiger Schwarzwälder, kam in Todtnau am Fuße des Feldbergs zur Welt. Doch die ersten 20 Lebensjahre war er an vielen Orten zuhause, denn seine Eltern hätten berufsbedingt häufig den Wohnort gewechselt. Das oberschwäbische Ravensburg, das niederbayerische Simbach am Inn, Scheidegg im Allgäu – und dann Addis Abbeba in Äthiopien. Mehr Kontrastprogramm geht eigentlich kaum: „Als ich mit 16 Jahren ins Internat nach Sasbach gekommen bin, war ich der Exot.“ Und das sei er die ganze weitere Schulzeit bis zum Abitur geblieben. Denn während andere in den Ferien ihre Familien in Karlsruhe oder Heidelberg besuchten, fuhr Andreas Gerber nach Griechenland, wo seine Eltern inzwischen lebten.
Diese gut 20 Jahre in der Fremde haben ihn sehr geprägt, sagt Gerber heute. Ein wichtiges Element habe es aber in all dieser Zeit gegeben: Der Dialekt. „Selbst Mitten in Afrika wurde am Esstisch der Familie Gerber immer Alemannisch gesprochen. Die Sprache war für mich immer mein Anker in die Heimat“, sagt er.
Kritisches Denken und Interesse am Journalismus schon früh entwickelt
Und im Kreise der Familie wurde auch der Grundstein für das gelegt, was Andreas Gerber später in den Beruf des Journalisten geführt hat. „Wir waren immer ein sehr politischer Haushalt. Es wurde viel über aktuelle Ereignisse und politische Entscheidungen diskutiert.“ Das Misstrauensvotum gegen den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt bis hin zur Guillaume-Affäre, die dessen Rücktritt zur Folge hatten. Das seien Ereignisse gewesen, die ihn schon in früher Jugend gefesselt und beschäftigt hätten, beschreibt er.
Konsequenterweise folgte schließlich der Weg ins Nachrichten-Geschäft, und zielstrebig in den Lokaljournalismus: „Man ist im Lokalen einfach näher dran an den Leuten. Man schreibt über die Akteure vor Ort und muss jederzeit davon ausgehen, dass man sich auch am nächsten Tag noch mit ihnen auseinandersetzen muss.“ Ein dickes Fell, Konfliktbereitschaft und Rückgrat, wenn die Kritik auch mal etwas ruppiger ausfalle – all das seien wichtige Eigenschaften eines Lokalreporters. Gleichzeitig mache es aber auch einfach großen Spaß, sich mit Akteuren in der Kommunalpolitik auseinanderzusetzen.
Seit fast 40 Jahren beim SÜDKURIER

Seine ersten beruflichen Schritte absolvierte Andreas Gerber beim „Markgräfler Tagblatt“, der Zeitung, die an seinem Geburtsort Todtnau erscheint. Hier heuerte er zunächst als freier Mitarbeiter an. Schon ein Jahr später absolvierte er ein Volontariat, also eine zweijährige Ausbildung zum Redakteur. Und im Anschluss daran verschlug es ihn ein gutes Stück weiter in den Süden – an den Hochrhein und in den Hotzenwald – und zum SÜDKURIER.
Zunächst startete Gerber 1984 bei der Redaktion in Waldshut, wo er seine ersten beiden Jahre beim SÜDKURIER verbrachte und in den folgenden beiden Jahren auch vertretungsweise in den damaligen Einmann-Redaktionen in Tiengen und Bonndorf eingesetzt wurde. Es folgte ein Jahr Mitarbeit in der Redaktion Bad Säckingen, ehe es ihn zum Studium in den Fächern Geschichte, Öffentliches Recht, Wissenschaftliche Politik an die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg zog. Den Abschluss machte er im Juli 1994.
Bad Säckingen und Umgebung haben sein Herz erobert
Dass er während des Studiums engen Kontakt zum SÜDKURIER am Hochrhein hielt, auch als Urlaubsvertretung in den Redaktionen Bad Säckingen, Rheinfelden, Stockach und Waldshut tätig war, erleichterte den anschließenden Wiedereinstieg, sagt Gerber. Dass sich just zur rechten Zeit in der Redaktion Bad Säckingen eine Gelegenheit für eine Anstellung ergeben habe, sei ihm sehr entgegengekommen.

Zunächst war er in den Jahren von 1994 bis 2004 für die Berichterstattung über den Hotzenwald verantwortlich – eine wildromantische Gegend, die auch sein privater Lebensmittelpunkt wurde. Mit seiner Familie zog er dorthin. Eine Entscheidung, die er nie bereut habe: „Endlich war ich in einer Region mit angenehmen Menschen angekommen, die zudem noch die gleiche Sprache sprachen, wie sie bei mir Zuhause seit meiner Kindheit am Esstisch gepflegt wurde.“
Stolz sei er, dass seine beiden Töchter hier aufgewachsen, sozialisiert und fest verwurzelt seien. Und für ihn persönlich habe sich gewissermaßen ein Kreis geschlossen, sei doch sein Ur-Großvater Gustav Deiser dereinst aus dem Herrischrieder Ortsteil Stehle nach Todtnau ausgewandert.

„Wollte nie etwas anderes machen“
Aber zurück zum Journalisten Andreas Gerber: Der avancierte im Jahr 2004 zum Redaktionsleiter von Bad Säckingen – eine Position, die er bis heute innehat und die für ihn nichts an ihrem Reiz verloren habe: „Für mich gab es nie einen Grund, etwas anderes machen zu wollen. Der SÜDKURIER war immer ein guter Arbeitgeber, und wir haben eine hervorragende Zeitung gemacht.“ Nicht zuletzt sei aber auch das Team ausschlaggebend gewesen: „Vor allem in den vergangenen zehn bis 15 Jahren durfte ich mit großartigen Kollegen zusammenarbeiten.
Und dann sei er natürlich bei den wichtigen Themen immer hautnah dabei gewesen, die die Region in den vergangenen Jahren bewegt und sie auch verändert haben. Besonders in Erinnerung bleibe ihm die Debatte um die Schließung des Bad Säckinger Krankenhauses in Salamitaktik: „Ich habe in meiner ganzen beruflichen Laufbahn nicht erlebt, dass die Öffentlichkeit derart systematisch von den Verantwortlichen angelogen wurde“, sagt er heute. Imponiert habe ihm in diesem Kontext aber auch, wie tatkräftig der Bad Säckinger Bürgermeister Alexander Guhl um den Erhalt des Hauses gekämpft habe – und am Ende zumindest den Gesundheitscampus als Alternative erstreiten konnte.
Große Bandbreite zwischen Tragik und Humor
Es habe eine Reihe von Themen gegeben, die menschlich nahe gegangen seien, etwa der Unfall am Spitalplatz mit zwei Toten im Jahr 2016: „So etwas trifft einen natürlich auch sehr persönlich. Aber trotzdem darf man nicht vergessen, dass die Menschen ein Interesse an einer professionellen Information über derartige Ereignisse haben.“
Dafür habe es auch immer wieder kuriose und sogar lustige Anlässe gegeben. Der denkwürdige Bau der Grenzbrücke in Laufenburg zum Beispiel, bei dem buchstäblich mit zweierlei Maß gemessen wurde. Oder auch das im Rhein versenkte Polizei-Fahrzeug.
Keine Sorge um Zukunft des Journalismus
Das journalistische Know-How im Zuge der Ausbildung von jungen Kollegen weiterzugeben, den kritischen Blick und insbesondere auch Haltung – das sei ihm immer ein wichtiges Anliegen gewesen. Denn klar sei für ihn: „Die Distributionswege für die Nachrichten verändern sich. Aber Nachrichten werden immer von Bedeutung sein.“ Wichtig sei es, dass diese von Profis mit nüchternem Blick und kühlem Kopf aufgegriffen werden – seriös, nah am Leser, ohne unnötige Skandalisierung.
Skier sind schon gewachst
Und wie sehen die letzten Wochen im Arbeitsleben eines Redaktionsleiters aus? „Keine Sorge, bis zum letzten Tag ist Druck auf dem Kessel. Da ist nichts mit „auströpfeln lassen“, sagt Gerber schmunzelnd.
Aber wenn dann ab Januar die passive Phase der Altersteilzeit ansteht, werde der Druck auf andere Art abgebaut: „Die Skier sind schon gewachst. Ich werde jetzt erst einmal alles nachholen, was in den vergangenen Jahrzehnten auf der Strecke geblieben ist.“ Auch gewisse Renovierungsarbeiten am Haus stehen an. Und dann gibt es ja auch noch die drei Enkel, die es dem stolzen Opa sehr angetan haben.
Klar ist: Sorge, dass ihm im Ruhestand langweilig werden könnte, hat Andreas Gerber nicht.