Mohamed Jafar, in der Region unter anderem als Protagonist im Ühlinger Ärztestreit bekannt, will ein gegen ihn im Dezember vom Amtsgericht Waldshut-Tiengen gesprochenes Urteil nicht akzeptieren. Er hat dagegen Berufung eingelegt. Aber auch die Staatsanwaltschaft Waldshut-Tiengen als Anklägerin hat das Strafmaß nicht akzeptiert und ist in Berufung gegangen. Das berichtet Johannes Daun, Vizepräsident des Landgerichts Waldshut-Tiengen, auf Anfrage des SÜDKURIER.
Die Berufung ist ein Rechtsmittel gegen Urteile aus der ersten Instanz, dem Amtsgericht. Wer Berufung einlegt, ficht das Urteil des Amtsgerichts im Unterschied zur Revision komplett an. Was dazu führt, dass das Verfahren vor der nächsthöheren Instanz verhandelt wird, hier also vor dem Landgericht Waldshut-Tiengen.
Amtsgericht sieht Vorwurf der Körperverletzung bestätigt
Das Amtsgericht Waldshut-Tiengen hatte den Arzt am 3. Dezember 2024 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung verurteilt. Zudem legte es ihm auf, die Kosten des Verfahrens zu tragen und dem Opfer Schmerzensgeld in Höhe von 3000 Euro zu überweisen.
Was war passiert? Jafar war beschuldigt, am 30. März 2023 in der Ortsmitte von Ühlingen auf einen Unbeteiligten mit Faustschlägen und Fußtritten losgegangen zu sein und diesen verletzt zu haben. Das Geschehen hatte sich vor den Räumen der Arztpraxis von Ralf Berg in der Hauptstraße zugetragen.
Jafar und Berg kannten sich seit 2020. Zunächst war geplant, dass Jafar Bergs Praxis in Ühlingen übernehmen sollte. Dazu kam es jedoch nie, weil das Vertrauensverhältnis der beiden schon bald zerrüttet war. Der Konflikt wurde auch als der Ühlinger Ärztestreit bekannt. Dieser hat seinerseits bereits die Justiz beschäftigt.
Videoaufzeichnung zeigt Auseinandersetzung der Ärzte
Jetzt geht dieser juristisch in die nächste Runde. Ein in der Amtsgerichts-Verhandlung vorgeführtes Video, von Jafar selbst aufgenommen, zeigte, wie er und Berg vor dessen Praxisräumen diskutieren und wie Jafar Berg gegenüber in provozierender Art und Weise auftritt. Plötzlich kam eine dritte Person ins Bild – auf die Jafar dann schließlich losgegangen war.

Amtsrichter sah große Brutalität
Amtsrichter Raphael Kania sagte in seiner Urteilsbegründung vom 3. Dezember zu Jafar: „Für mich gab es keinen Zweifel daran, dass Sie mit großer Brutalität gegen das Opfer vorgegangen sind.“ Das habe keine Wahl gelassen, als ihn zu verurteilen. Jafar hätte auf Strafmilderung bauen können, hätte er in ein „in Reue vorgetragenes Geständnis“ abgelegt. Aber das unterblieb. Jafar hatte in den beiden Verhandlungstagen auf jegliche Aussagen verzichtet. So machte sich das Gericht aufgrund des Videos und Zeugenaussagen ein Bild. Zu den Zeugen hatte auch Berg gehört.
Gemäß Johannes Daun, Vizepräsident und Pressesprecher des Landgerichts Waldshut-Tiengen, wird mit Jafars Berufung das Geschehen vom 30. März 2023 in Ühlingen nochmals komplett neu aufgerollt, „als hätte es kein Verfahren vor dem Amtsgericht gegeben.“ Auch die Beweisaufnahme werde gänzlich wiederholt, so Daun. Gut möglich, dass auch Berg so wieder als Zeuge aussagen muss. Einen Termin für die Berufungsverhandlung gibt es aber noch keinen.
Auch die Staatsanwaltschaft geht in Berufung
Jafar wie die Staatsanwaltschaft wollten die Berufung: Jafar dürfte auf Freispruch oder ein geringeres Strafmaß aus sein, die Staatsanwaltschaft wohl auf ein höheres. Sie hatte beim Amtsgericht im Dezember beantragt, Jafar zu elf Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung zu verurteilen.
Jafar praktiziert als Facharzt für Allgemeinmedizin in der Kaiserstraße in Waldshut. Versuche einer Kontaktaufnahme mit Jafar blieben bislang erfolglos.

Neben der Berufung in der Strafsache wegen gefährlicher Körperverletzung hat Jafar eine zweite Berufung angestrengt. Hintergrund hier: Eine Klage der Gemeinde Ühlingen-Birkendorf gegen Jafar auf Räumung von dessen Praxisräumen im dortigen Alten Rathaus. Dieser Klage hatte das Landgericht Waldshut-Tiengen im August stattgegeben. Aber durch den Weiterzug Jafars ist auch das noch hängig. „Einen Zeitplan, wie es in diesem Verfahren weitergeht, haben wir bislang nicht erhalten“, sagt Bürgermeister Tobias Gantert.