So trocken war es im Juli am Hochrhein noch nie. Zumindest seit Beginn der Messung 1966. Das hat Folgen. Nicht nur Landwirte, Menschen und Tiere ächzen angesichts Hitze und Trockenheit. Auch das Wasser im Rhein wird immer weniger. Der Pegel bewegt sich auf einem rekordverdächtigen Tief, seit die Messstation in Hauenstein 1992 errichtet wurde. Das bekommen die Kraftwerke am Hochrhein zu spüren und auch für Fische wird dies immer mehr zum Problem.
Für die Rheinkraftwerke spielt der Pegel aber erst in zweiter Hinsicht eine Rolle, wie Jochen Ulrich vom Energiedienst erklärt. Er organisiert für den Energiedienst die Bewirtschaftung der Kraftwerke in Rheinfelden, Schwörstadt und Laufenburg und weiß, worauf es ankommt. „In erster Hinsicht spielt die Wassermenge eine Rolle“, sagt Ulrich. Die abfließende Wassermenge und Pegel hängen aber zusammen.
Erinnerungen an den Jahrhundertsommer 2003
Vor den Kraftwerken wird der Pegel in der Regel konstant gehalten. Das gäben die Behörden so vor, erklärt Ulrich. Erst nachdem das Wasser durch das Kraftwerk hindurch geflossen ist, kommt der Pegel direkt ins Spiel. Denn ist der Pegel nach dem Kraftwerk niedrig, fällt das Wasser tiefer. Dadurch lässt sich zusätzliche Energie gewinnen. Trotzdem: Sonst flössen ungefähr 1100 Kubikmeter Wasser pro Sekunde durch die Turbinen. Im Vergleich zu einem üblichen Augusttag laufe aktuell nur etwa die Hälfte an Wasser durch.

In Laufenburg sind laut Ulrich nur fünf von den verbauten zehn Turbinen in Betrieb. In Rheinfelden und Schwörstadt sind es jeweils drei von vier. „Im Vergleich zu den letzten Jahren ist der Pegel außergewöhnlich niedrig“, sagt Ulrich und zieht vergleiche zum Jahrhundertsommer 2003.
Für den Energiedienst hat dies auch finanzielle Folgen: „Die mehrheitlich tiefere Produktion am Hochrhein und im Wallis in Verbindung mit hohen Spotmarktpreisen zum Ausgleich der bereits vermarkteten Produktionsmenge führt insgesamt zu Belastungen von rund 15 Millionen Euro im ersten Halbjahr“, heißt es im Halbjahresbericht 2022 der Konzerns.
30 Prozent weniger in Bad Säckingen
In Bad Säckingen lieferte das Rheinkraftwerk im zweiten Quartal 30 Prozent weniger Strom als im Durschnitt der vergangenen zehn Jahre, wie Jochen Schweigardt, Betriebsleiter des Säckinger Kraftwerks, erklärt. „Die Anlage läuft derzeit mit ungefähr 50 Prozent der Normalleistung“, sagt er. Von den vier Turbinen seien aktuell zwei in Betrieb. Schweigardt hat sich die Zahlen angeschaut. Es habe schon einmal solche Jahre gegeben. Aber: „In den letzten zehn bis 15 Jahren gab es das nicht, dass die Abflussmenge über so lange Zeit so gering war.“
Schwankungen gleichen sich aus
Auch wenn dieser Sommer ein Extrem darstellt, müsse man die Entwicklung vor allem auf lange Sicht betrachten. „Wir sind es gewohnt, dass es Schwankungen gibt. Wir kennen die Mittelwerte des Rheins. Vergangenes Jahr hatten wir außergewöhnlich viel Wasser. Das gleicht sich aus“, so Ulrich vom Energiedienst.
Die Situation wie in Rheinfelden, Schwörstadt und Laufenburg lässt sich auch flussaufwärts in Dogern beobachten. Dort fließt aktuell nur 36 Prozent der Menge an Wasser, die das Kraftwerk verwerten kann, wie Peter Steinbeck, Sprecher der Schluchseewerke, erklärt. Durch die Fallhöhe wegen des niedrigen Pegels kommt das Kraftwerk auf eine Leistung von 44 Prozent.
Immerhin einen Vorteil hat die Wasserkraft: Durch die Prognosen für Durchflussmenge und Pegel des Rheins können die Kraftwerke ihre Stromproduktion im Voraus planen, wie Steinbeck auf Anfrage des SÜDKURIER erklärt.
Auch Fische leiden
Der niedrige Pegel und die hohen Temperaturen wirken sich auch auf die Tierwelt aus. „Für die Fische wird es zu warm“, wie Imelda Paulov, Vorsitzende des Fischervereins Bad Säckingen, im Rahmen eines Klimaspaziergangs durch die Stadt erklärt. Forellen beispielsweise fühlen sich bei Wassertemperaturen von acht bis 16 Grad wohl. Derzeit liege die Temperatur des Rheins aber bei ungefähr 25 Grad. Hinzu kommt, dass zufließende Bäche wie der Gießenbach in den Bad Säckingen trockenliegen. Sie dienen bei hohen Temperaturen aber eigentlich als Rückzugsort für Fische, da sie meist kühler sind.
Und wie hoch ist der Pegel jetzt?
Die Antwort – immer aktuell- gibt es hier: