Den 6. Juni des vergangenen Jahres wird ein heute 57 Jahre alter Forstwirt aus dem Norden des Kreises Waldshut für den Rest seines Lebens nicht mehr vergessen. An jenem Tag verursachte er mit seinem Dienstfahrzeug einen Verkehrsunfall, an dessen Folgen ein 33 Jahre alter Motorradfahrer noch an der Unfallstelle starb.

Das Amtsgericht Waldshut hat den Unglücksfahrer jetzt zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 80 Euro verurteilt.

Staatsanwalt Tobias Scherm hatte für eine zur Bewährung ausgesetzte dreimonatige Gefängnisstrafe plädiert, dabei aber schon Züge von Mitleid mit dem Angeklagten gezeigt: „Was ihnen passiert ist, geht in 99 von 100 Fällen gut“, meinte er und Richterin Maria Goj griff den Ball auf.

„Was Ihnen passiert ist, wünscht man niemanden“, sagte sie zu dem Angeklagten. Dessen Anwalt, Urs Gronenberg, versuchte erst gar nicht, die Argumentationskette des Staatsanwalts zu widerlegen. Nur in der Höhe des Strafmaßes unterschieden sich die beiden Rechtsgelehrten.

Der 33 Jahre alte Motorradfahrer war am Nachmittag des 6. Juni auf der gut ausgebauten Kreisstraße zwischen Bonndorf und Schluchsee unterwegs, als der Angeklagte in einer langgezogenen Rechtskurve mit dem VW-Transporters seines Arbeitgebers aus einem Feldweg auf die Kreisstraße einbiegen wollte.

Vier Sekunden bis zum tödlichen Zusammenstoß

Das Motorrad, so gab er an, habe er erst später gesehen. Wie ein Sachverständiger vor Gericht sagte, blieben beiden Verkehrsteilnehmern exakt vier Sekunden vom Zeitpunkt des Sich-Sehens bis zum tödlichen Zusammenstoß.

Fatalerweise entschieden sich beide für das gleiche Ausweichmanöver. Beide wichen nach links aus, der Motorradfahrer auf die Gegenfahrbahn, der VW-Busfahrer auf den gegenüberliegenden Feldweg. So kam es am linken Straßenrand zum Zusammenstoß.

Motorradfahrer stirbt an der Unfallstelle

Die Pritsche des Kleinlasters, so sagte der Sachverständige, habe für den Motorradfahrer wie eine harte Wand gewirkt. Er hatte keine Chance und starb noch an der Unfallstelle an den Folgen seiner schweren Verletzungen. Der Sachverständige hatte ausgerechnet, dass ein Auto noch vor dem auf die Kreisstraße einbiegenden Transporter hätte halten können, das Motorrad aber nicht. Es war nach seinen Berechnungen nicht zu schnell unterwegs.

Sowohl der als Zeuge befragte ermittelnde Polizeibeamte als auch der Sachverständige sagten, dass der Angeklagte vom Steuer seines Transporters aus 106 Meter in die Kreisstraße habe einsehen können.

Staatsanwalt: Zwei Sorgfaltspflichten verletzt

Staatsanwalt Scherm, der von einer Verkettung tragischer Umstände sprach, warf ihm zwei Verletzungen der Sorgfaltspflicht vor. Zum einen hätte er seinen Beifahrer nicht nur bitten sollen, den Verkehr von rechts zu beobachten. Der Beifahrer hätte aussteigen und den Transporter von der gegenüberliegenden Straßenseite aus einweisen sollen.

Sorgfaltspflichtverletzung Nummer zwei sei verständlich gewesen, aber dennoch fatal. Als der Angeklagte das Motorrad sah, habe er die Kreisstraße so schnell wie möglich verlassen wollen, und sei auf den gegenüberliegenden Feldweg gefahren. So aber habe sein Transporter für wenige Augenblicke nahezu die gesamte Fahrbahn blockiert und der Motorradfahrer habe nicht mehr ausweichen können.

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Richtig wäre gewesen, zurückzustoßen oder zu stoppen. Dann hätte der Motorradfahrer noch nach links ausweichen können.

Angeklagter: „Es tut mir leid“

Anwalt Gronenberg ließ ein einwandfreies Leumundzeugnis des Arbeitgebers für den Angeklagten verlesen und berichtete von den Versuchen, reuevoll Kontakt mit der Familie des Opfers aufzunehmen. An der Glaubwürdigkeit des letzten Wortes des Angeklagten hatte im Sitzungssaal niemand einen Zweifel: „Es tut mir leid!“