Der Industriestandort Hochrhein befindet sich in einem rasanten Wandel. Sei es im Kleinen das in Bad Säckingen geplante Gewerbe- und Industriegebiet Gettnau oder im Großen der neue Industriestandort Sisslerfeld und der Laufenburger Batteriespeicher auf der gegenüberliegenden Rheinseite in der Schweiz – eine Entwicklung, die mit der Sicherstellung einer ausreichenden und zugleich umweltschonenden Energieversorgung untrennbar verbunden ist.

Grüner Wasserstoff als Energieträger der Zukunft
In Verbindung mit einer von den Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerken (RWE) geplanten Elektrolyseanlage am Rheinkraftwerk Albbruck-Dogern spielt hier der Energieversorger Badenova aus Freiburg im Breisgau eine zentrale Rolle. Dessen Tochterunternehmen Badenova Netze plant mit dem Projekt „H2@Hochrhein“ die Errichtung einer 58 Kilometer langen Wasserstoffleitung von Grenzach-Wyhlen bis nach Waldshut-Tiengen mit einer Investitionssumme von über 80 Millionen Euro.
Die RWE plant mit ihrer Anlage hierfür die Produktion von mehreren Tausend Tonnen grünem Wasserstoff pro Jahr. Nach Auskunft von Maria Hagen, Leiterin des Projektmanagements Gas und Geschäftsentwicklung Wasserstoff bei Badenova Netze, soll der rund neun Kilometer lange erste Bauabschnitt zwischen Albbruck und Dogern bereits 2026 in Betrieb gehen. Im März und April hatte das Unternehmen die ersten rund 350 Meter Neubauleitung bei Albbruck erfolgreich gebaut und ins Erdreich verlegt. Mit der schrittweisen Inbetriebnahme der folgenden Abschnitte soll die gesamte Leitung voraussichtlich im Jahre 2030 für den Transport von Wasserstoff zur Verfügung stehen, führt sie weiter aus.

Mit dem Start der Bauarbeiten sei Badenova Netze einer der ersten Netzbetreiber in Deutschland, insbesondere mit Blick nach Süddeutschland, der aktiv mit dem Bau des Wasserstoff-Kernnetzes loslege. „Wir übernehmen dadurch Verantwortung für die Region und unterstützen so bei ihrer Dekarbonisierung und der Sicherung als Wirtschaftsstandort.“
Der Klimawandel zwingt zu neuen Lösungen
Vor dem Hintergrund der Klimaneutralitätsziele sei deren Bau ein unverzichtbarer Schritt für die Versorgung energieintensiver Industriebetriebe am Hochrhein: „Zur Erreichung der Klimaneutralitätsziele benötigen wir alle verfügbaren Lösungsansätze weg von fossilen Energieträgern. Wir sind überzeugt davon, dass Wasserstoff eine wesentliche Rolle im zukünftigen Energiemix spielen wird, wenngleich sich der tatsächliche Anteil Stand heute noch nicht sicher quantifizieren lässt“, erklärt sie gegenüber dem SÜDKURIER.

Grundsätzlich sei Wasserstoff als Energiequelle für sämtliche energieintensiven Industriebetriebe attraktiv, zu denken sei am Hochrhein, insbesondere an die Unternehmen der Chemie-, Pharma- und Papierindustrie sowie die Aluminiumbranche. „Perspektivisch schließen wir auch die Versorgung von Logistik und zentraler Wärmeversorgung an geeigneten Standorten nicht aus,“ ergänzt Hagen. Gegenwärtig seien bereits neun industrielle Kunden durch sogenannte „Interessenbekundungen“ gewonnen worden, mit weiteren Kunden würden bereits Gespräche über eine Zusammenarbeit geführt.
Das Sisslerfeld ist für die Wasserstoffleitung von großer Bedeutung
Zwar liege die Hochrheinleitung gänzlich auf deutscher Seite, doch seien beim Sisslerfeld und bei Grenzach-Wyhlen auch Rheinquerungen angedacht – eine Machbarkeitsvorstudie hätte hier zu einem positiven Ergebnis geführt. „Wir befinden uns hier jedoch in einem frühen Planungsstadium. Die Studie zeigt auf, dass an bestimmten Stellen Rheinquerungen grundsätzlich möglich sind. So wäre auch eine Wasserstoffversorgung im Sisslerfeld auf Schweizer Seite über das H2@Hochrhein-Projekt in Zusammenarbeit mit schweizerischen Netzbetreibern denkbar“, erklärt Hagen.
Grundsätzlich stelle das Thema Wasserstoff auch für die gesamte badenova Unternehmensgruppe ein neues Geschäftsfeld dar und spiele bei der Erreichung ihres Zielbilds für die regionale Energie- und Wärmewende eine große Rolle. Das Projekt H2@Hochrhein verfolge Badenova Netzedabei schon seit Jahren mit der Industrieinitiative „H2-Cluster SüdWest“. Es sei auch das größte Wasserstoffprojekt des Unternehmens und eine der umfassendsten Investitionen in dessen Geschichte. Dabei trage Badenova Netze die Verantwortung dafür, „dass der Wasserstoff transportiert werden kann, wir bieten das Wasserstoffnetz also als eine Dienstleistung an“, fügt Hagen hinzu und ergänzt: „Die Kette von Erzeugung, Transport und Wasserstoffabnehmern ist aber eine Gemeinschaftsaufgabe. Zudem betonen wir, dass wir nur durch eine gemeinsame Vision aus der Region heraus und insbesondere durch die Unterstützung vom Landkreis Waldshut sowie den Gemeinden Albbruck und Dogern heute mit unserer Planung vor der erfolgreichen Umsetzung dieses Meilensteins für den Hochrhein stehen.“
Eine Erweiterung der Leitung ist nicht ausgeschlossen
Dies zeige sich auch darin, dass ein etwaiger Ausbau der projektierten Leitung von der Badenova nicht ausgeschlossen werde. „Wir führen bereits Gespräche für eine potenzielle Erweiterung. Wenn das Netz am Hochrhein erweitert wird, dann wird es die Badenova Netze machen“, erklärt Hagen und ergänzt: „Aufgrund unserer Konzession als Netzbetreiber ist es unsere Verantwortung, am Hochrhein eine Wasserstoffversorgung sicherzustellen.“
„Der Zeitrahmen zur geplanten Inbetriebnahme der Wasserstoffleitung bis 2030 ist sicher eine Herausforderung für uns und alle Beteiligten. Wir werden hier mit einem großen Team aus Eigenpersonal und Fremddienstleistern, etwa für den Tief- und Rohrbau, arbeiten“, erläutert sie.
Aus der Rolle Erdgasnetzbetreiber heraus verfüge das Unternehmen jedoch über jahrzehntelange Erfahrung bei der Planung, dem Bau und dem Betrieb von Gasleitungsnetzen – die besonderen technischen Herausforderungen etwa der Topografie oder auch der Bodenbeschaffenheit am Hochrhein könnten daher gut gemeistert werden.