Es war kein Hemdglunki-Umzug der Narren, dieses gut 60-köpfige Trüppchen, das unter den bunten Fasnachtswimpeln mit Live-Musik durch die nächtliche Innenstadtgasse Richtung Rheinbrücke zog. Vielmehr handelte es sich bei dem Zug um die grenzüberschreitende Abschiedslesung des ehemaligen Burgschreibers Markus Manfred Jung samt seinem „Gefolge“.
Wetterbedingt konnte dieser Gang über die friedliche Grenze stattfinden, mit einem kurzen Stopp mitten auf der Brücke, an der Landesgrenze Deutschland/Schweiz bei der Nepomuk-Statue. Dem bekannten Mundartlyriker, der von März bis Mai 2019 das erste Burgschreiber-Amt beider Laufenburg bekleidete, mussten zwei Laternenträger „heimleuchten“, damit er den Text über den Schutzpatron, der die Flussgewalt zähmen soll, überhaupt lesen konnte.
Der humorvolle Beitrag ging über die „arg lädierte“ Nepomukfigur am Schlossbergsteig auf Schweizer Seite, die im überdachten dunklen Treppenaufgang zur Kirche steht, vermutlich die Vorgängerskulptur der hellen auf der Brücke. Zu Füßen des Heiligen erblickte der Autor eine leere Dose Energy Drink.
„Schwarze“ Anekdoten aus Laufenburg
Das war eine der „Schwarzen Miniaturen“, mit schwarzem Humor geschilderte Beobachtungen und Geschehnisse, die Markus Manfred Jung in seiner Zeit als Burgschreiber bei Spaziergängen durch die beiden Laufenburg notiert hat.
Zuvor, in „Buch & Café am Andelsbach“, wo der Abend angenehm und entspannt bei Sekt und belegten Brötchen begann, las Jung eine weitere dieser schwarzen Geschichten, zu der ihn die Bronzeskulptur „Paar“ von Simone Urbanke am Rhein angeregt hat.
Diese stand einmal auf der „Pärchenwiese“, wurde aber in einem Akt von Vandalismus abgerissen und wahrscheinlich in den Rhein gestoßen. Eines schönen Morgens beobachtete Jung von seiner hoch über dem Fluss gelegenen Schreibklause aus ein Akt-Fotoshooting mit einer jungen Frau im langen schwarzen Lackmantel, die ihren Mantel öffnet, nackt da steht „wie Gott Eva erschaffen hat“, und dem Fotografen als „neue Statue“ auf dem verwaisten Sockel posierte.
Zu den schwarzen Miniaturen aus seiner Anfangszeit in Laufenburg zählten auch der Literatur gewordene erste Abendspaziergang in der „etwas verwahrlosten Codman-Anlage“ und Texte über seine Begegnungen mit Menschen in Laufenburg. Einige der originellen, hörens- und lesenswerten Geschichten, die der Autor beidseits des Rheins, zuerst in der Buchhandlung, später in der Kultschüür, aus seiner Burgschreiber-Chronik „Ankommen in Laufenburg“ zur Freude der Anwesenden vortrug.
Es war, wie Bürgermeister Ulrich Krieger fand, ein Genuss, ihm zuzuhören und Jungs Umgang mit der alemannischen Sprache, seine tolle Beobachtungsgabe zu erleben. Jung sei unheimlich fleißig gewesen im Ideenumsetzen, so Krieger, deshalb sei es überhaupt erst zu dieser Buchveröffentlichung gekommen. Eine Vorgabe sei es nicht gewesen, und Krieger hätte sich „nie vorstellen können“, dass gleich ein Buch entsteht.
„Absoluter Glücks- und Volltreffer“
Beide Städte haben die Intention der Initiatoren Petra Gabriel und Martin Willi gerne unterstützt, zumal das eine Lücke schließe, denn das Thema Literatur sei am Hochrhein unterrepräsentiert. Krieger bezeichnete Jung als einen engagierten Mundartlyriker und „absoluten Glücks- und Volltreffer“ und sein Buch als „sehr lesenswert“. Kurz vor Weihnachten kam es auf den Buchmarkt, auf Schweizer Seite gab es den 90-seitigen Band sogar als Weihnachtsgeschenk für die städtischen Angestellten, wie Stadtammann Herbert Weiss erzählte.
Dass sich der Autor aus dem Wiesental in Laufenburg sehr wohl gefühlt hat, kam an diesem Abend mehrfach zum Ausdruck. Schon Renata Vogt meinte in ihrer Begrüßung, Jung sei „eigentlich fast von der Stadt adoptiert worden“. Und wenn er einmal umziehen wollte, solle er doch nach Laufenburg kommen samt seiner Frau Bettina Bohn. Markus Manfred Jung selber urteilte über seinen Aufenthalt in Laufenburg, „besser könne man es eigentlich nicht treffen“. Es sei kein Wunder, warum er sich hier so wohl fühle, allein bei den Gasteltern sei es ihm schon so gut gegangen „wie im Paradies“.
Zu den Gastgebern gehörten die Musiker Sonja Wunderlin und Gabriel Kramer vom Duo „Wunderkram“, die mit eigenen Kompositionen auf Gitarre, Sackpfeife und Flöte erfreuten und ein bisschen mittelalterliches Spektakel beim nächtlichen Umzug mit ins Spiel brachten.

Einig waren sich alle mit Stadtammann Weiss, dass die Messlatte und Hürde für den nächsten Burgschreiber in zwei Jahren hoch liege.